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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0269

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Die Republik erscheint
täglich. Preis in Heidel-
berg vierteljährig 45 kr.
Durch die Post bezogen im
ganzen Großh. Baden 1 fl.
lO kr. Bei Inseraten kostet
die drcispalt. Pctitzeile Ar.

ML «K. Freitag,

Von den Feinde» der Volksherrschaft.

Der große Gährungsprozeß der Völker ist endlich zum
Durchbruch gekommen, und die Masse derselben hat angefan-
gen, gleich einein Schüler, der an den Systemen seiner Lehr-
meister zu zweifeln beginnt, sich ihre eigenen Gedanken über
den heillosen Zustand der Dinge zu machen, ohne jedoch über
die Maßregeln zu Verbesserung desselben im Klaren zu sein.
Sie fühlt das Unnatürliche ihrer Lage, sie glaubt ein besseres
Loos zu verdienen und ist an einzelnen Orten auch auf das
Gchcimniß gerathen, daß nur bei ihr die Macht, folglich das
Recht sei:
„denn Recht ist, was den Mächtigen gefällt."
Die bisher die Herren gespielt, sehen wohl ein, daß die
Entdeckung dieses Geheimnisses früher oder später den Umsturz
der bestehenden Ordnung zur Folge haben müsse — lassen
daher kein Mittel unversucht, um solche revolutionäre Ideen
ZN ersticken und haben, weil sich physische Gewalt gegen die
Ideen nicht anwenden läßt, zu geistigen Medikamenten ihre
Zuflucht genommen, uns noch zu retten, was zu retten ist.
Man denke an die vielen, mächtigen Kräfte, die gemeinsam
an dem Wagen des Rückschritts ziehen, und mit welcher Ue-
bereinstimmung, in welchem genauen Takt dabei zu Werk ge-
gangen wird.
" Die Leute, welche bisher am Ruder, oder auf den Lehr-
stühlen der Hochschulen saßen, wählen den homöopathischen
Weg, gehen auf die Ideen der Zeit ein, stelle» sich an, als
schwämmen sie mit dem Strome- und suchen so den Lauf des-
selben zu bestimmen. Sie rufen mit dem Volke: -/Wir wol-
len ein einiges Deutschland, frei und stark nach Innen, Ach-
tung gebietend nach Außen! Wenn sie aber dann hinterlisti-
ger Weise hinzusetzen: „Daher fort mit den Republikanern,
die nur Zwietracht und Gesetzlosigkeit wollen, und den Krieg
mit den eigenen Brüdern heraufbeschwören!" so verschweigen
sie wohlweislich, daß sie mit diesen andern Brüdern nur sich
selber meinen. „Alles bedarf Zeit zur Entwicklung und Reife,
sagen sie weiter, ,gehen wir darum langsam und bedächtig,
werden wir erst einig und stark, dann werden wir auch frei."
Aber sie vergessen oder verstecken damit die Wahrheit, daß
alles Große nur im Sturm errungen wird, daß die Freiheit
allein die Kraft der Völker erzeugt, daß nur ein freier Mann
einer heldenmüthigen Aufopferung fähig ist.
Der größte Theil der mehr berührten Professoren und an-
derer gelehrten und berühmten Männer meint ferner, es sei
für Deutschland eine oberste Gewalt unumgänglich nöthig; an
Oestreich könne sie nicht kommen, weil der Kaiser an Kopf
und Leib kranke, aber Friedrich Wilhelm IV. tauge zum Trä-

Dcflellung wird gemacht in
Heidelberg in der Buch-
druckerei von Renner u.
Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Postämtern. Briefe
werden frankirt erbeten.

N. Juul. 18L8.

ger derselben, weil er selber von sich behauptet hat, „ich bin
ein mächtiger Herr," Nur ein Fürst mit großer Hausmacht,
fahren sie fort, sei im Stande, die widerstrebenden Interessen
zu vereinigen, und das Vaterland vor den Franzosen und vor
dem Czarcn zu schützen; sie denken aber nicht daran, oder wol-
len nicht zugestchen, daß dieser mächtige Herr ein zweiter
Czar werden könnte.
So predigen die Herren der Weisheit vor dem Volke,
sie lassen dabei in wohlstudirten Reden das einige Deutschland
leben, tragen die schwarz-roth-goldne Hutschleife mit hoher
Würde, sprechen von einer Konstitution, natürlich von monarx
chischcr, die sie dann konstitutionelle Monarchie heißen und be-
zeichnen Jeden mit dem Namen eines Verräthers oder Rebel-
len, der anders zu denken wagt. Warum auch nicht? Haben
ja die Professoren alten und neuen Styls im Reich der Wis-
senschaft bis zum T.Z. nachgewiesen, daß daö Heil und Glück
der Völker nur in dem konstitutionell-monarchischen Staats
Platz greifen könne.
Wir aber, die wir alle Tage wieder auf unseren Schlacht-
ruf zurückkommen, immer wieder auf'S Nene wiederholen, daß
der Alleinherrscherei um jeden Preis ein Ende gemacht wer-
den müsse, wir glauben nicht, daß an den Klippen, die wir
oben aufgezählt, an den Bestrebungen der Fürsten, Professoren
und Anderer der Staat der Freiheit scheitern werde, wir le-
ben vielmehr der Hoffnung und Uederzeugung, daß das
Volk, zu dem wir uns mit Stolz zählen, so viel rechnen ge-
lernt habe, um einzusehen, wie es zweckmäßiger sei, gar keine
Faullenzer zu unterhalten, als 30 oder 40, daß unsere Brü-
der auf die staatsmännischen Theorien der verkappten Metter-
niche mit den Worten der Frauenfelder Schöffen antworten
werden, die in alter Zeit einem Nechtsgelehrten, als dieser den
beschränkten Unterthanenverstand mit Berufung auf die Juri-
sten Bartolus und Baldus zu verwirren suchten, die Antwort
gaben:
Hört Ihr, Doktor, wir Aydgenossen fragen nichts nach
Bardele und Baldele, wir haben gar sonderbahre Gebräuche
und Rechte: Naus mit Euch, Doktor, naus mit Euch! Wir
setzen noch hinzu: Naus auch mit Anderen!

Ueber Hagen s Entwurf zu einer deutschen
Reichsverfasfuug.

Wir halten uns für verpflichtet, auf die Verdächtigungen,
welche der Heidelberger (*) Correspondent in Nr. 130 der

Die Republik.
 
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