Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Republik — 1848

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0701

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Erscheint Montags ausge-
nommen täglich. Zn Heidel-
berg vierteljährig 45 kr.
Durch die Post bezogen im
ganzen Großh. Baden l fl.
10 kr. Bei Inseraten kostet
die dreispalt. Petitzeile 2kr.


Bestellung wird gemacht in
Heidelberg in der Buch-
druckerei von Renner u.
Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bsi
allen Postämtern. Briefe
werden frankirt erbeten.

M" I 7S. Donnerstag, 2«. Oktober. 18L8.

Die Bürgerwehr.
Heidelberg. Der Ablagerungeplatz der Mathp'schen
und Belklscheii volksbelehrenden Machwerke, die Karlsruher
Zeitung nämlich, sagt: "Bei aller Borliebe für das Institut
der Bürgerwehr hatten wir nach so vielen traurigen Erfah-
rungen fast den Glauben an dasselbe verloren. Mit ehren-
voller Ausnahme der Karlsruher Bürgcrwehr, die jedesmal,
wenn es galt, ihrer Pflicht und ihrer Ehre genügte,
hatten wir bisher wenig freudige Resultate der lang ersehnten
und endlich erlangten Volksbewaffnung." Wollte doch die sonst
so kluge und "gut belehrte" Karlsruherin der Sache ein we-
nig auf den Grund gehen, so würde sie gewiß nicht solches
Zeug, in den Tag hineinschreiben. Warum verlangte denn
das Volk, daß man cs bewaffne? Vielleicht um zur Erhal-
tung des alten, verlotterten Etaatsspstems Gcnsdarmeriedienste
zu tbun? um zum eignen Nachtheile die Freiheits! estrebungen
Einzelner mit bewaffneter Hand niederzudrückcn? und um an
Schlössern und Palästen Schildwache stehe» zu können?
Oder war es der laute Nus des Volkes nach Waffen,
aus dem Bewußtsein entsprungen, daß die Freiheit nicht eher
befestigt werde, als bis das Volk sie selbst beschützen könne,
und daß so lange die Freunde des Alten die Gewalt besäßen,
es kein Heil für das gedrückte und gequälte Volk gäbe? Die
bewaffneten Bürger ^sollten ein Volksheer bilden, den durch
Kunst und List zu blinden Werkzeugen herangezogenen Heeren
der Großen gegenüber, ein Volksheer, das bereit ist, für die
Freiheit des Vaterlandes einzustehcn, ein Volkshccr, das den
gerechten Forderungen und Wünschen des Volks Nachdruck
verleihet und den Mördern der Freiheit die Spitze bietet!
"Nach so vielen traurigen Erfahrungen hatten wir fast
den Glauben an das Institut der Bürgerwehr verloren", sagt
die Karlsruherin. Nach so vielen traurigen Erfahrungen!
Und glaubtet ihr denn wirklich, das Volk wolle sich bewaffnen
um gegen sich selbst zu wüthen? und nennet das muthvolle
Auftreten der Wiener Bürgcrwehr, und das so vieler andrer
Städte, eine traurige Erfahrung, die ihr macht? das macht
ihr uns nicht glauben! —
Als man euch die lange vorenthaltenen Freiheiten und
Rechte mit der Hand am Schwerte abverlangte, da hieß es:
da habt ihr sie, wir hätten das so wie so gethan, und jetzt,
wo ibr glaubt euer Haupt wieder erheben zu dürfen, und wo
das Volk Gebrauch von den errungenen Rechten machen will,
jetzt ruft ihr: "Ja, so war's nicht gemeint, nicht zu eurem,
sondern zu unserm Vortheil sollt ihr euer Recht benützen."
— Welch' ein Hohn, die Karlsruher Bürgcrwehr als ein "Mu-
ster hinstellen zu wollen! Nehmt einmal die davon weg, die
nur dabei sind, um bei Aufzügen re. mit dem Helm und dem
Waffenrock zu rcnommiren, und die Waffen tragen, weil sic
glauben, denen einen Gefallen damit zu thun, die ihnen die
ehrcnwcrthen Titel: Hofschneider, Hofschmied, Hofschloffer, Hof-
stallknecht rc. angehängt.

Wir beneiden dich Karlsruherin nicht um deine Pflichtge-
treue und ehrenvolle Bürgerwehr, aber wir freuen uns sagen
zu können, daß beinahe durchgängig im Vaterlande das Volk
nicht gegen sich, sondern für sich die Waffen trägt, daß die
Bürgcrwehr, mit wenigen traurigen Ausnahmen, ihrem Zweck
entspricht, der da ist, ein starker Pfeiler der errungenen und
eine gute Waffe der zu erringenden Freiheiten zu sein.

Die Centralgewalt.
-l- Frankfurt. In einer der letzten Sitzungen der
verfassunggebenden Versammlung theilt das Ministerium als
Wichtigstes die Anerkennung der Centralgewalt Seitens der
Einzelregierungen mit. Formell sei diese Anerkennung erfolgt
durch die in den meisten Einzelstaaten geschehene Vorlage des
Gesetzes vom 18. Juni an die Ständeversammlungen und die
von diesen meist durch Bcifallsrausch erklärte Unterwerfung
unter dieselbe. Thatsächlich sei die Centralgewalt anerkannt
und ihren Anordnungen Folge geleistet worden bei der Stel-
lung der Truppen fast aus allen deutschen Staaten zur Her-
stellung der Ordnung im Innern, sowie zur Führung des
Neichskrieges gegen Dänemark. So lautet die Erklärung des
Ncichsministeriums. Geht man der Sache aber auf den Grund,
so ist die Ccntralgewalt nicht gar erstaunlich gewaltig. —
Oesterreich hat seine Machtvollkommenheit bis jetzt nicht in. die
Paulskirche cinpfcrchcn wollen. Hannover, das, im eigenen
Lande alle Gewalt gründlich zu verwenden sucht, will ihr auch
kein Stück Gewalt abtretcn. Baiern und Würtemberg haben
ihre gewaltigen Truppen unscrn ausgesogenen badischen
Landeskindcrn gesandt, um die Ordnung herzustcllen — aber
wir sind der Ansicht, daß sie keine überflüssige Gewalt haben
und jeden Tropfen von Gewalt für ihre eigene Unordnung
brauchen In München herrscht das Bier und in Würtemberg
das Elend, zwei Gewalten, die alle Regierungsgewalt in An-
spruch nehmen. Preußen sucht seine Gewalt zu vergrößern,
will folglich keinen Fezen davon hergeben, braucht den Uber-
schuß derselben auch für sich selbst, um den Schlesischen Hun-
ger, die Berliner Rothen und seine Wühler zu vertreiben. —
Wie kann man vernünftiger Weise doch den Gewalthabern zu-
muthen, etwas von dieser schönsten Perle der Krone abzuge-
ben — was man selbst so nöthig hat — oder am Ende nicht
besitzt. Die Ccntralgewalt ist daher ein Centrum ohne Radien,
d. h. zu deutsch — ein Mittelpunkt ohne Mittel,
oder ein Körper, dem zwar die Rechte und Linke nicht fehlt,
und doch weder Hand noch Fuß hat.

Tagesbericht aus Deutschland.
v Neuenheim, 25. Okt. Aus der Franks Zeitung
lesen wir über die divwmatischrn Verhältnisse Deutschlands
 
Annotationen