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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0093

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Der Festtage wegen konnte gestern unser Blatt nicht erscheinen.

KL 21.

1848

Montag, 24. April.

Vom Luxus. "
Ich .glaube nicht, daß es mir schwer werden wird zu be-
weisen , daß der moderne Luxus in Deutschland eine der vor-
züglichsten Ursachen..sei, warum dis Knechtschaft, drückend und
süß zu gleicher Zeitz von Manchen unsere Volkes nur wenig
gefühlt wird, und Liese deshalb auch nur wenig daran den-
ken, ihn wirklich abzuschütteln. Ich beabsichtige nicht, die von
so vielen und treWchen Schriftstellern abgchandelte und er-
schöpfte Frage, ob der Lurus zu verbannen sei oder nicht, ab-
zuhandeln. Jeder ausschweifende Privatlurus setzt eine unge-
heure Ungleichheit des Besitzes unter den Bürgern voraus,
deren reicherer Theil nothwendig stolz, der ärmere dagegen
bedürftig und erniedrigt, beide aber gleich verdorben sind. Da
diese Ungleichheit nun einmal besteht, so wäre es höchst un-
nütz, ja gefährlich, den Lurus verbannen zu wollen und es
bleibt demnach kein anderes Mittel übrig, als ihn auf weni-
ger schädlichen Wegen einem unschädlicheren Zwecke zuzufüh-
ren. JnLeß will ich gleichwohl versuchen, zu zeigen, wie in
vielen Staaten der Lurus, eine nothwendige und natürliche
Folge des Erbadels, auch eine der vorzüglichsten Stützen der-
selben wird, und wie da, wo ausschweifender Lurus herrscht,
auch nie eine dauerhafte Freiheit entstehen kann, oder eine
schon bestehende Freiheit, durch das Uebcrhandnehmen des Lurus
unausweichlich ihrem Untergang entgcgcngeführt wird.
Die erste und tätlichste Wirkung des Lurus ist, daß die
öffentliche Achtung, die nur dem Tugendhaftesten zugewendet
werden sollte, bei solchen Verhältnissen nur dem Reichsten zu
Theil wird. Daher darf man auch bei Völkern, bei denen
die Reichthümer den Weg zu allen Ehren und Würden bah-
nen, keinen andern Grund der Sklaverei suchen. Darf man
übrigens dcßhalb, weil die Gleichheit deö Besitzes in Deutsch-
land nur eine chimäre Idee ist, und die Glücksgüter so un-
gleich vertheilt sind, den Schluß ziehen, daß in Deutschland
keine Freiheit bestehen könne? Kann diese Ungleichheit nicht
auch aus dem Handel und aus dem Einkommen der öffent-
lichen Acmter entspringen? Ich halte dafür, daß da, wo die
Ungleichheit des Besitzes allzu schroff ist, wahre politische Frei-
heit nur schwer Bestand und Fortdauer haben kann; aber es
gibt doch zwei Wege, dieselbe unter diesen Verhältnissen auf-
recht zu erhalten, wenn auch der fortschreitende Lurus noch so
zerstörend dagegen ankämpft. Der erste dieser Wege wird
sein, daß man durch gute Gesetze dahin zu wirken sucht, daß
die übertriebene Ungleichheit des Besitzes sich mehr aus der
Industrie, dem Handel, den Künsten herleite, als aus der trä-

gen Anhäufung einer Masse Besitzthümer in den Händen we-
niger Personen, die selbe nur aus Kosten ihrer Mitbürger er-
langt haben können. Dadurch würden die Reichthümer eini-
ger Weniger nicht die übermäßige Armuth der Mehrzahl zur
Folge haben und ein gewisser Mittelstand entstehen, durch
welche daun das Volk in einige übermäßig Reiche, viel Wohl-
habende und wenig Arme getheilt würde. Eine solche Thei-
lung kann jedoch nur in einer Republik entstehen
oder Bestand haben, während man in der Monarchie
alle Tage das Gegentheil sieht. Ein zweiter Weg, dem Lurus
Schranken zu setzen und verderblichem Einflüsse auf das bür-
gerliche Leben zu begegnen, wird der, daß man den Privat-
lurus nicht gestattete und nur Len öffentlichen Lurus anfeuerte
und beförderte. Diese zwei Wege sind auch von den weni-
gen europäischen Republiken eingeschlagen worben, aber ver-
gebens, da auch sie von dem ertödtenden Hauche der sie um-
gebenden Monarchieen angesteckt find. Diese dagegen werden
keinen dieser zwei Wege betreten, da der Lurus einer der
wichtigsten Satelliten ihrer Negierung ist.
Ein elendes und verweichlichtes Volk, das sich durch die
Fabrikation goldener und seidener Stoffe erhält, mit denen sich
die stolzen Neichen bedecken, ein solches Volk muß notbwen-
dig die am meisten achten, die durch ihren größeren Lurus
ihm auch mehr zu verdienen geben. So verhielt es sich auch
umgekehrt mit dem römischen Volke, das aus Len mit den
Waffen eroberten und unter dasselbe ve-theilten Ländereien
seinen Lebensunterhalt zu ziehen Pflegte und den Consul oder
Tribun am meisten achtete, durch dessen Kriege es am meisten
Felder erhielt.
Da durch den Privatlurus alle Begriffe des Wahren
und Rechten verkehrt werden, kann dann wohl ein Volk, das
diejenigen, welche es durch ihren Lurus verspotten und es in
der Wirklichkeit berauben, während sie es zu ernähren scheinen,
achtet und schätzt, kann ein solches Volk wohl den Wunsch,
so wie das Recht und die Mittel haben, wieder seine Frei-
heit zu erlangen?
Und jene Großen (d. h. die man so zu nennen Pflegt),
die ihr Vermögen und häufig auch das Andrer mehr aus eit-
lem Pomp als aus Genuß um die Wette verschwenden, jene
Großen oder vielmehr Reichen, denen so viele thörichte Ucber-
flüssigkciten zur Nothwendigkeit geworden, und die an der
Tafel, in den Gesellschaften, bei Festen, und im Bette ihr
weibisches, lästiges und unnützes Leben unter allen Qualen
der Uebersättiguug hinschleppcn, können diese Reichen wohl
 
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