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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0851

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Erscheint Montags ausge-
nommen täglich. In Heidel-
berg vierteljährig 45 kr.
Durch die Post bezogen im
ganzen Großh. Baden t fl.
lt) kr. Bei Inseraten kostet
die dreispalt. Petitzeile 2kr.

210.

Die Republik.

Bestellung wird gemacht in
Heidelberg in der Buch-
druckerei von Renner u.
Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Postämtern. Briefe
werden frankirt erbeten.

Freitag, 8. Dezember.

18Ä8.

Vereinigte Staaten von Deutschland.
* Heidelberg, 7. Dez. Eben ist unser wackerer Volks-
abgeordneter Peter hier durch gekommen, um in der 2. ba-
dischen Kammer seinen Platz als Vertreter unserer Stadt ein-
zunehmen.
Was wird wohl Herr Vissing für ein Gesicht hierzu
machen, er, der trotz allen Blamagen, die ihm Heidelberg
schon angethan, sich immer noch anmaßt, Vertreter der hiesi-
gen Bevölkerung sein zu wollen? —
* Heidelberg, 30. Nov. Nimmt man die bairischen
Blätter zur Hand , d. h. die Blätter, die man bei uns im
gewöhnlichen Leben die „Schmutz- und Regierungsblätter" nennt,
so wird man auf jeder Seite beinahe lesen können: „daß in
Baiern das Volk vernünftig sei, nichts von dem Geschrei der
Demokraten wissen wolle, den ruhigen, gesetzlichen, besonne-
nen und redlichen w. Fortschritt, nichts von Umsturz, nichts
vvu Revolution und Republik wissen wolle/ daß man mit
dem angestammten König zufrieden sei und ihn von Her-
zen liebe." „Weß Brod ich eß, deß Lied ich sing", daher
die Lügen jener gekauften servilen Blätter. Aber Lügen kön-
nen vor der Geschichte nicht bestehen, und so werden auch
diese lügenhaften verlaumderischen Darstellungen des Volksgeistes
immer mehr zu richten gemacht. Die meisten Wahlmänner-
wahlcn, die wir bis jetzt erfahren konnten, sind zu Gunsten
des Volks, zu Gunsten der demokratischen Parthei ausgefallen.
So wird aus Bamberg berichtet, daß dort 27 Demokraten
und nur 15 konstitutionelle Wahlmänner erwählt wurden.
* Heidelberg, 7. Dez. „Wenn ich mir ein Haus
baue", sprach der durchgefailcne Vicepräsident Soiron hier
in der am Charfreitag abgehaltenen Volksversammlung in der
Aula, „so werde ich vor Allem dafür sorgen, daß ich so viel
als möglich die Gäste los werde, die keinen Hauszins zahlen.
Seien Sie versichert, das Parlament wird die Zahl der Für-
sten so verringern, daß Ihr alle mit zufrieden sein werdet."
So sprach er, und alle Philister nickten Beifall und alle Zöpfe
wackelten vor Freude, ohne die geringste Ahnung, daß dies
auch eine von den vielen täuschenden Versprechungen sein könn-
ten, die man im März und April dem Volke so bereitwillig
machte, als es die Gewalt noch in Händen hatte; man ver-
sprach, — währenddem aber nahm man dem gläubigen Mi-
chel schon wiever den Boden unter den Füßen weg. Und wie
steht cs jetzt? Gewiß schlimmer als je! Selbst diejenigen, die
Jahr aus Jahr ein in den Kammern das größte Geschrei über
Eides- und Treubruch der Fürsten erhoben, haben das Volk
nun vcrrathen und verkauft. Die Parthei des Herrn von
Soiron ging, als am 5. Dezember im Parlament der An-
trag gestellt wurde, „die kleineren Fürstchen zu mediatisiren",
zur Tagesordnung über, fand diesen Antrag also der Beach-
tung nicht einmal werth! Siehe deutsches Volk, so verachtet
man deine Forderungen und Wünsche!!
* Heidelberg, 7. Dez. Gestern haben wir von einem

servilen preußischen Offizierchen erzählt, heute haben wir von
Ehrenmännern im preußischen Offizierkorps zu berichten Die
Danziger Zeitung schreibt nämlich: Heute reiste ein Divisions-
auditeur von hier ab, der mit der Untersuchung gegen mehrere
in Pillau verhafteten Offiziere, die sich bei demokratischen Ad-
ressen betheiligt haben sollen, beauftragt ist. Wir können den
wackern Offizieren in ihrem Kerker nur zurufen: wanket nicht,
ihr, die ihr die Jünger der Wahrheit seid, eure Sache siegt
doch!! —
? Sinsheim, 5. Dez. Im ganzen Lande Badens wird
kaum eine Wahl vorgenommen, die nicht im demokratischen
Sinne ausfielc. (In den Abgeordnetenwahlen, die mit den
alten verrosteten Wahlmänner vorgenommen wurde, erkennen
wir nicht die Stimme des Volkes.) Auch hier in unserem
Städtchen hat die demokratische Partei bei den Gemeinderaths-
wahlen gesiegt. Die Müllermeister Laubinger, ein treuer
Anhänger des Volks und der Bürger Speiser, dessen poli-
tischer Prozeß und Gefangenschaft ihm schon ein gutes Zeugniß
gibt, sind an die Stelle alter Bassermanianer gewählt. Wartet's
nur ab, die Wahlen, in denen dem Volk die Kundgebung seiner
Ansicht noch unbenommen ist, werden euch noch viel zu schaf-
fen machen, euch, die ihr die Stimme des Volkes verachtet.
Aus der bairischen Pfalz wird geschrieben, daß
die Wahlmännerwahlcn beinahe durchgängig im Sinne des
Volkes, demokratisch, ausgefallen sind.
/X Kraizkfurt, 5. Dez. Wieder neue Steuern. Das
Rcichsministerium hat am 27. Nov. eine Steuer zur Verpfle-
gung ver Reichstruppen ausgeschrieben. Wiederum nur eine
Kleinigkeit von 1,500,000 fl. Als hinaus mit dem Geld!
der letzte Batzen muß noch fort I! —
Berlin, 3. Dez. (Demokrat. Correspondenz). Seitdem
der Clubb Brünneck in Brandenburg tagt, sind keine Versuche
unbenutzt geblieben, die in Berlin anwesenden Abg. dorthin
zu ziehen. Persönliche uno allgemeine Einwirkungen, Ein-
schüchterungen aller Art sind Schlag auf Schlag einander ge-
folgt. In Berlin verfuhr Wrangel seit 8 Tagen mit immer
steigender Brutalität gegen die zurückgebliebenen Abgeordneten.
Nachdem er dreimal die Linke bei Mplius mit Soldaten und
die andern Fraktionen mehrmals mit Eonstadlern und Polizei-
mannschaften hat auseinander treiben lassen, ließ er endlich
daS Bureau der Nationalversammlung in der Privatwohmmg
des Sekretärs und Abgeordneten Hildenhagen militärisch be-
setzen, die dort anwesenden Abgeordneten, etwa 18 an der
Zahl, über eine Stunde sesthalten und fämmtlichc Papiere mit
Beschlag belegen. Mehrere Compagnieen Soldaten begleiteten
die Droschke, welche diesen Fang nach dem Hauptquartier
brachte. Aber damit noch nicht befriedigt, ließ Wrangel den
Saal bei Mylius, wo viele Abgeordneten zu Mittag zu essen
pflegen, versiegeln, weil ein dahingesandtes Kommando Sol-
daten 11 Menschen und unter diesen 3 Abgeordnete, in dem
Saale vorfauv. Bemerkenswerth iß, daß bei allen Ereku-
 
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