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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0173

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Die Republik erscheint
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berg vierteljährig 45 kr.
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io kr. Bei Inseraten kostet
die drcispalt. Pctitzcilc Ar.

Die Republik.

Bestellung wird gemacht in
Heidelberg in der Buch-
druckerei von Renner u.
Wolfs und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Postämtern. Briefs
werden frankirt erbeten.

LI.

Sonnntag, 1L. Mai.

18L8.

Aus Polen.

Die „Vaterlandsblätter" bringen aus Posen, 1. Mai
folgenden interessanten Bericht vom dortigen Kriegsschauplatz:
Posen, 1. Mai. (Privatbries.) Gestern sah ich einen
Tupfern, der der Schlacht, nein, Schlächterei bei Liaz entron-
nen war. Die Feder sträubt sich, die verübten Gräuel zu er-
zählen. Einige hundert Polen sind im Gemetzel, sind in Flam-
men umgekommen. Das ist der Krieg, furchtbar, ohne Dis-
ziplin, ohne Anführer, entmenschend. Eine wüthende Solda-
reska, von rasenden Beamten gestachelt, von den Juden gehetzt,
mordend, sengend, plündernd, wie zu verschollenen barbarischen
Zeiten. In Liaz schoß man in Zimmer, die mit Sterbenden
und Verwundeten angefüllt waren — brauchte Gewalt gegen
Feldscherer, welche verwundeten Polen den Verband anlegen
wollten. Den Feldprediger Koszutski, mit Kolben niederge-
schlagen, stellt man an die Wand und feuerte die Gewehre auf
ihn ab. Als die Polen, etwa 500, gefangen waren, entfern-
ten sich die Offiziere, den Soldaten freilassend, ob sie die „pol-
nischen Hunde todtschlagen wollten!" Den Bauern ward von
patriotischen Soldaten und Unteroffizieren, vorgespicgelt: ,,sic
würden sreigelassen, vom König begnadigt, mit Land beschenkt,
wenn sie die Gutsherren abschlachten wollten." Die Stadt
ist ein Aschenhaufen, die Soldaten zündeten nach der Einnahme
die Häuser an, ließen viele Verwundete hülflos in den Flam-
men umkommen! Der Oberst Dabrowoki fiel von Kugeln
durchbohrt bei Verteidigung einer Barrikade — die Wehrlo-
sen, welche ihn forttrugen, schoß man mit ihm nieder. In 2
Tagen ist kein Pole seines Lebens sicher — cs gibt keine Ob-
rigkeit, keine Disziplin, blinde Leidenschaft weist die Opfer,
Gewissen und Menschenrecht mit Füßen tretend! Die Preu-
ßen haben Vertilgung geschworen — kein Prinzip, keine Re-
gierung herrscht — es raset die Barbarei von den Polen fle-
hen in Angst und Verzweiflung unter zehn Stimmen acht um
die Hülfe der Russen!
Wir lassen hier noch den Bericht eines Augenzeugen über
die Vorgänge in Zbiaz folgen:
Gemäß der durch General von Willisscn geschlossenen
Convention ward den Polen unter anderen Xiaz als Waffen-
platz für einen Kern von einer Schwadron Cavallerie und
5 — 600 Mann Infanterie angewiesen. In der Umgegend,
namentlich in Szrem, wurden preußische Truppcnmassen unter
Anführung des Obersten von Brandt znsammengczogen; auf
Anfrage von Seiten des polnischen Lagers über den Zweck
dieser Zusammenziehung erließ derselbe die Antwort, den Po-

len sei als Terrain zu militärischen Operation das Dreieck
zwischen Liaz, Miloelaw und Jarocin überlassen, innerhalb
desselben seien sie vor jedem Angriff geschützt. Als die An-
sammlung preußischer Truppen in der Nähe demungeachtct
Fortgang hatte, wnrbe von Seiten der Polen nochmals durch
den Adjutanten Zawadzki über den Zweck derselben um Aus-
kunft gebeten, und empfing den Bescheid, daß die preußischen
Truppen in keinem Fall angreifen, wenn die deutsche Bevöl-
kerung nicht gegründete Ursachen zum Klagen hätte. Die
deutsche Bevölkerung hatte aber Xiaz größtentheils verlassen,
die Zurückgebliebenen standen mit der Garnison in gutem Ver-
nehmen. Es ist in Blättern die falsche Nachricht verbreitet
worden, als ob die Polen Geißeln genommen hätten, woran
jedoch kein Wort wahr ist. Nur zwei Individuen, Klntkowski
und Wicsener, wurden den 26. April eingebracht, als der Ver-
leitung zum Meuchelmorde auf galizische Art dringend,verdäch-
tig. Das Szremer polnische Comite machte durch Naczynski
nach Xiaz die Meldung, von Seiten des Militärs hätte man
sich darüber beschwert und verlange ihre sofortige Freilassung.
Indessen ergab das Verhör nur die Ueberzeugung, gedachte
Individuen hätten lediglich das Lager ausgekundschaftet, wes-
halb sie sofort den 27. April entlassen wurden, da man bkos
im Kriege auf der Thal ertappte Spione hängt. Klutkowski
begab sich angeblich nach Szrem zu einem auf den 29. April
ausgeschriebenen Termine. — Indessen zogen die preußischen
Truppen, deren Stärke in Szrem schon 6000 Mann betrug
bedeutende Verstärkungen an sich. — Die erschreckten Bewoh-
ner der nächsten Ortschaften zogen in die bedrohte Stadt,
welche auf diese Weife ungefähr 1000—1500 Bewaffnete fas-
sen mochte. Den 29. April umzingelten die preußischen Trup-
pen gegen Mittag die Stadt; von der Seite von Zaniempsl
rückten die Jäger bis auf 300 Schritt heran, ohne daß ein
Parlamentär geschickt, irgend welche Aufforderung oder Signale
gegeben worden und lößten sich in eine Tirailleurlinie auf.
Ein Schuß siel, von welcher Seite, ist schwer zu entscheiden;
das preußische Fußvolk rückte zum Angriff vor, die schwarzen
Husaren und Uhlanen der Landwehr, etwa 6—8 Schwadronen
führten eine Charge aus. Die polnische Schwadron, zum
Theil ohne Sattel und mangelhaft bewaffnet, stieß mit ihnen
zusammen; beide Theilc sprengten sich gegenseitig auseinan-
der. Die preußische Kavallerie sammelte sich jedoch alsbald
zum zweiten Angriff und vernichtete gänzlich die polnischen
Lanziers, von denen nur Wenige in ein nahes Wäldchen ent-
kamen. Die Schützen und Füsiliere des 7. Regiments rückten
in die außerhalb der Stadt gelegenen Gärten, welche von Po-
len desetzt waren, wurden jedoch von etwa 50 polnischen Schü-
tzen im Schach gehalten. Etwa nach einer halben Stunde
 
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