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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0229

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Die Republik erscheint
täglich. Preis in Heidel-
berg vierteljährig 45 kr.
Durch die Post bezogen im
ganzen Großh. Baden l fl.
10 kr. Bei Inseraten kostet
die dreispalt. Pctitzeile2kr.

«l- SS.

Die Republik.

Montag, 29. Mai.

Bestellung wird gemacht in
Heidelberg in der Buch-
druckerei von Renner u.
Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Postämtern. Briefe
werden frankirt erbeten.

18L8.

7. Sitzung der National-Versunrmluug.
Nachdem in der heutigen Sitzung die Commission für die
Mainzer Vorfälle ihren Bericht erstattet, und ihren Antrag,
der dahin geht:
„daß die Garnison jener Stadt theilweise gewechselt, ein
„Bataillon hessischer Truppen herangczogcn, und die Bür-
„gerwehr wieder neu organisirt werden soll"
begründet, und verschiedene Redner Amendements daran geknüpft
hatten, ergriff der Abg. Zitz das Wort, um seinen gestern
gestellten Antrag zu erneuern, daß die Versammlung wegen
Dringlichkeit der Sache sofort zur Berathung übergehen möge.
Nachdem Dies beschlossen, und die Diskussion über den Ra-
veaur'schcn Antrag vorläufig ausgesetzt worden, gibt Zitz
(wie er sagt auf die Zeugnisse von mehr als 300 seiner Mit-
bürger gestützt) wiederholt eine Darstellung der Mainzer Vor-
fälle, die in mehrfacher Beziehung von jener der Commission
abweicht. Er bestreitet die Gültigkeit des Festungs-Reglements
von 1834, das nach seiner Ansicht durch die neuesten Umge-
staltungen in Deutschland außer Kraft gesetzt worden sei. Er
sieht in den für die Verfügungen des Festungs-Gouvernements
angeführten Gründen nur Ausflüchte, um eine „barbarische"
Maßregel (die Drohung des Beschießend) zu rechtfertigen.
Noch sei die Erbitterung so groß, daß jeden Augenblick von
Neuem Bürgcrblut fließen könne. Da im Commiffionsbericht
eine Acußerung angeführt war, welche von Mainzer Bürgern
gegen die Preußen gefallen sein sollte: „Wartet nur; die
rochen Hosen werden Euch schon verjagen!" so weist Zitz jede
Beschuldigung einer undeutschen Gesinnung von seiner Vater-
stadt zurück. Mainz, wie das ganze linke Rheinufcr, sei durch
und durch deutsch; Niemand wünsche die Franzosen zurück.
Schließlich fordert er die Versammlung auf, nicht länger Bür-
gerblut fließen zu lassen, und auf Entfernung der ganzen preu-
ßischen Garnison zu dringen. Auch das Festüngereglemcnt von
1834 müsse aufgehoben werden , nachdem der" Bund sich von
den alten Beschlüssen losgcsagt habe. Nach Zitz nimmt von
Schmerling das^ Wort. Er findet, daß der Festungsgou-
verncur im Interesse der Menschlichkeit gehandelt, die Entwaff-
nung der Bürgerwehr nothwendig gewesen und mit Schonung
vollzogen worden. Unter den eingclicferten Waffen seien Sen-
sen, Dolche rc. gewesen, die gewiß nicht zur Bewaffnung einer
Bürgerwehr gehörten. Wenn man die österreichische Besatzung
von Mainz im Gegensätze zur preußischen rühme, so geschehe
es, um diese beiden Theile eines deutschen Heeres zu entzweien,
das gegen den Feind nach Außen, wie gegen Anarchie im
Innern zu kämpfen bestimmt sei. Die österreichischen Solda-
ten seien übrigens im hohen Grade entrüstet über das Ver-

fahren gegen ihre preußischen Waffenbrüder. Blum: Man
habe gesagt, die preußischen Soldaten seien gereizt worden durch
Zeitungsartikel gegen ihren König. Hätten die Mainzer etwa
kein Herz haben sollen? Gegen Schmähungen hätten die Ge-
setze angerufen, nicht aber Selbsthülfe geübt werden sollen.
Was der Redner vor ihm von einer versuchten Entzweiung
der Oesterreichcr und Preußen gesagt, sei eine bedauerliche
Verdächrigung. Das Bruderbund müsse übrigens doch nicht
so innig sein, da den Soldaten beider Truppentheile nicht ein-
mal gestattet sey, dieselben Wirchshäuser zu besuchen. Daß
die Androhung der Beschießung eine milde Maßregel, werde
nicht Jedermann einleuchten. Wenn man eine gerechte For-
derung habe, müsse man erwarten, daß dieselbe erfüllt werde,
nicht aber mit Erecution anfangen. Fürst Lichnowskp weist
mit lebhafter Entrüstung Verdächtigungen zurück, die gegen die
preußische Armee geschleudert worden wären in einem Augen-
blicke, wo die Wunden no h nicht vernarbt, die den Preußen
in Schleswig geschlagen worden, wo durch die Kraft preuß.
Bajonette Abgeordnete von Schleswig-Holstein in diesem Saale
säßen. Auf die Mainzer Vorfälle übergehend, bezeichnete er
die Tödtung preußischer Soldaten durch Stiche von hinten als
Meuchelmord. (Sehr lebhafte Unterbrechung und Aufregung.
Der Präsident: Die Anklage trifft Den, der des Meu-
chelmordes schuldig; hier sitzt Keiner). Die rothen Hofen er-
innerten ihn an die rothen Mützen (Ruf zur Ordnung!), de-
nen im Jahr 1792 die Festung Mainz durch die Jakobiner-
klubbs überliefert worden. Er frage, ob er wegen dieser Aeu-
ßcrung verdiene, zur Ordnung gerufen zu werden. (Präsident
Nein! Fahren Sie fort) „Wenn wir — fragt der Redner -
die moralische Kraft unsrer Truppen niederdrücken, wo wird
dann in den Tagen der Gefahr unsere Armee sein? „ Meh-
rere Mitglieder aus Schleswig-Holstein zollen der Tapferkeit
und Mannszucht der preußischen Truppen Anerkennung. Ein
Mitglied aus Nheinbaiern äußert den Wunsch, daß die Fe-
stungsreglements auch in den Bestimmungen, die zu Gunsten
der Bürger lauten, vollzogen werden möchten. So z. B-
bestehe für Landau die Verfügung, daß zur Nachtzeit wenig-
stens ein Thor geöffnet werden solle; sie werde aber nicht
vollzogen. Welcker, Wydenbrugk und Beckerath erklären sich
für Tagesordnung, theils weil die Versammlung in der Main
zcr Sache nicht gehörig unterrichtet, theils weil es nicht ihr
Beruf sei, in das Amt der Regicrungen einzugreifen und de-
ren Ansehen zu schwächen. Na »werk meint, wenn die Ver-
sammlung die Tagesordnung beschlösse, wäre sie um kein Haar-
besser als der Bundestag, der sich auch stets für inkompetent
erklärte, wo es Schutz der Volksrechte galt.
Die heilige Sache der Volksbewaffnung dürfe durch nichts
 
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