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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0533

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Hl- 131.

Donnerstag, 7. September.

1848.

Ueber Volksstaat und Volkswehr.
1. Vom Volksstaat.
Der Volksstaat (Republik) fordert die Unterwerfung des
Willens Einzelner unter den Willen der Gesammtheit.
Die Republik ist die vo> »ttnftichfte Siaatsform, weil
sie die (Hleicdboit aller Menschen anerkennt und den Werth
und die Achtung eines Jeden nicht nach seiner Geburt, sondern
nach seinen Tugenden und Talenten schätzt.
Sie ist die gerechteste Staatsform, weil sie die Frei-
heit jedes Einzelnen sichert, keine Vorrechte des Adels, der
Geistlichkeit und der Soldaten anerkennt und eine Verletzung
der Freiheit gleichmäßig bestraft.
Sie ist diejenige Staatsform, welche die Nothwendigkeit
einer Negierung jedem Einzelnen am erträglichsten macht,
da sic aus den, Willen Aller hcrvorgegangen ist und als
Grundsatz ihrer Handlungen die Brüderlichkeit aufstellt.
Sie ist die sicherste Siaatsform, da sie sich auf die Erhal-
tung und Vertheidigung beschränkt und der Zerstörung und Er-
oberung entgegen ist.
Sie ist die nützlichste und dauerhafteste Staatsform,
weil sic jedem Einzelnen die größtmöglichste Freiheit gibt zur
Entwickelung seiner geistigen Kräfte, wodurch die Volkskraft
nicht erlahmt, sondern in steter Lebendigkeit und Frische er-
halten wird — wenn nicht das Gesetz der Brüderlichkeit an-
dern Völkern gegenüber verletzt wird und das durch Erobe-
rungs- und Untcrdrückungskricge ermüdete Volk dem Militär-
despotismus verfällt.
Sie ist die der Menschenwürde angemessenste Staats-
form, da sie dem Geiste und nicht Personen huldigt.
Sie ist die wohlfcHfltc Skaatöform, denn sie vertheilt
die zu tragenden Lasten gleichmäßig. Sie erzieht und erhält
keine Mirsten mit Kindern, Kindeskindern und Verwand-
ten, mit Maitrcssen und Hofdienern; keine stehenden Heere und
keine Anzahl von Bürcaukraten, deren einzige Nahrungsquelle
das Herrschen oder die Tyrannei ist. Die Republik crthcilt
blos Einzelnen, die sich durch ihre Tugend und ihr Talent
würdig zeigen, die Vollmacht, den Willen Aller in Vollzug zu
setzen. Sie legt die bewaffnete Macht in die Hände des gan-
zen Volkes und wählt die Beamten aus der Zahl ihrer
Bürger.
Sie bedarf dcßhalb keiner lebenslänglichen Eivillisten für
selbstsüchtige Fürsten und Herren; — keine Apanagen für
unnütze Fürstenglicder, keinen lebenslänglichen Sold für volks-
feindliche Soldaten und keine lebenslänglichen Besoldungen und
Pensionen für vcrräthcrische Beamte.
Die Republik ist die Trägerin und Verbreiterin der all-
gemeinen menschlichen Bildung und Aufklärung., Alles Große,
Edle und Erhabene, die unsterblichen Werke der Kunst und
Wissenschaft der Griechen und Römer, so wie der später» Völ-
ker, sind erstanden unter dem Schutze und der Kraft republika-
nischer Staatsformen. Ihre Beispiele von Muth und Vater-
landsliebe, von Gerechtigkeit und Hoheit der Gesinnung — sie

sind die Begleiter der Republik und erfüllen noch jetzt unsere
Herzen mit Bewunderung und Staunen.
Die Republik ist daher diejenige Staateform, welche so-
wohl in der Gegenwart als in der Zukunft die sicherste Ga-
rantie bietet für das Heil und die Wohlfahrt einer Nation.
Ein Volk, das sich durch Gewalt und Willkür oder durch
große und kleine Tyrannen regieren läßt, lebt ctweder in der
schwachen Kindheit, oder im schwachen Alter. Nur ein Volk,
welches sich selbst regieren kann, verdient den Namen eines
starken Volkes. Aber selbst Negieren oder stark sein kann
es nur in der Selbstherrschaft, im Volksstaat, in der Nepu-
lik. In ihr allein besteht sein Leben, seine Kraft und seine
Dauer.
2. Vom Wehrmann.
Der Wehrmann ist ein Glied des Volkes, und genießt
als solches alle Rechte und Freiheiten, welche jeder Bürger im
Staate für sich in Anspruch nehmen kann. Der Wehrmann
ist daher kein willenloses und blindes Werkzeug in den Hän-
den derjenigen, die man ihm nach Willkühr vorgesetzt hat,
sondern er ist ein Untergeordneter seiner selbst gewählten
Anführer, mit denen er gleiche Rechte und Pflichten theilt.
Er gehorcht ihnen freiwillig, denn der Wehrmann ist kein
Diener und kein Sklave. Er ist nicht dazu bestimmt, das
Bestehen einer einzigen Person zu sichern, sondern er trägt
seine Waffen im Namen des ganzen Volks, zum Schutz
und Schirm Aller.
Die Eigenschaften eines Wchrmanncs gründen sich auf
die Eigenschaften seines Volkes, zu dem er gehört. Genießt
Vas Volk der Freiheit und zeichnet es sich aus durch alle jene
Tugenden, die den Werth und die Achtung eines Mannes be-
stimmen, so werden sic auch dem Einzelnen, dem Wehrmany
eigen sein.
Der Wehrmann gehorcht nicht blind, sondern er folgt
seiner innersten UeberzeuHUttg, welche ihm gebietet, zum
Heil und zur Wohlfahrt seines Volkes zu handeln, dem er an-
gehört und von dessen Glück auch das seinige abhängt. Zwar
gibt cs Menschen, welche glauben, daß in ihrer Bevorzugung
und in der Erniedrigung aller klebrigen das Glück bestehe,
allein dieser Glaube wird verschwinden, sobald sie zur Ueber-
zeugung gekommen sind, daß sie nur als Werkzeuge der
Tyrannen dienen, und daß mit dem vermeintlichen Glücke der
Tyrannen auch ihr eigenes Glück aushört;
Der W-Hrmann hat die Pflicht, die Rechte und Freihei-
ten seines Volkes kennen zu lernen, denn nur im Bewußtsein
des Rechtes, nur im Bewußtsein und Genuß der
Freiheit wird er auch ihren Werth zu schätzen
wissen, und die Gefahr, diese Freiheit zu verlieren, wird ihn
mit Muth erfüllen und zur Tapferkeit anspornen.
Der Genuß der Freiheit erweckt auch die Liebe zum
Vaterlande. Sie lehrt uns die Knechtschaft und die Ty-
rannei hassen und führt uns kühn unfern Feinden und dem
Tode entgegen.
 
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