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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0729

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Wolff und bei Kaufmann
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Nro. I7tt nicht allgemein verstanden wurde/ und erlauben uns daher/ zur
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werden frankirt erbeten.
L8».
Freitag, 3 November.
18L8.
Mn nnseee Leser!

Weissagungen Napoleons.
Ehe fünfzig Jahre vergehen wird Europa
entweder republikanisch oder kosakisch sein
„Dann, wenn mein Sohn noch lebt, wird er unter dem
Zujauchzen des Volks zum Throne berufen werden. Lebt er
nicht mehr, so wird Frankreich abermals Republik, denn keine
Hand wird es wagen, sich eines Szepters zu bemächtigen, das
ihr zu schwer sein würde.
Das Haus Orleans, obgleich beliebt, ist zu schwach. Es
hat zu viel von den andern Bourbonen und wird deren
Schicksal theilen, wenn es nicht etwa, welche Veränderungen
sich auch zutragen mögen, hinfort dem Bürgerftande anzuge-
hören vorzicht.
Noch einmal wird Frankreich Republik sein, und die übri-
gen Länder werden seinem Beispiele folgen. Deutsche, Preus-
sen, Polen, Italiener, Dänen, Schweden und Russen werden
sich mit ihm in einem Kreuzzuge zu Gunsten der Freiheit ver-
einigen. Sie werden sich gegen ihre Fürsten bewaffnen, und
diese ihrerseits werden sich beeilen, ihnen Konzessionen zu ma-
chen, um wenigstens einen Theil ihrer alten Autorität zu ret-
ten ; sie werden sich, im Besitz einer beschränkten Gewalt, selbst
konstitutionelle Könige nennen. Auf diese Weise wird das Feu-
dalspstem seinen Todesstoß empfangen; gleich dem Nebel auf
den Gewässern des Ozeans wird es beim ersten Strahl der
Sonne der Freiheit zerstoben sein.
Aber hierbei wird es nicht bleiben; das Nad der Revo-
lution wird, so weit gekommen, nicht aufzuhaltcn sein; sein
Ungestüm wird sich verfünffachen und seine Schnelligkeit in glei-
chem Verhältnisse zunehmen. Wenn ein Volk einen Theil seiner
Rechte wieder erlangt, so enthusiasmirt es sich durch den Sieg
und wird, nachdem es einmal die Wollust der Freiheit geschmeckt
hat, unternehmender, um mehr zu bekommen. Die Staaken
Europa's werden vielleicht einige Jahre in einem beständigen
Zustande der Bewegung sich befinden und dem Boden in dem
einem Erdbeben vorhergehenden Momente gleichen; endlich
aber macht sich die Lava frei und mit der Explosion ist Al-
les zu Ende.

Der Bankerott Englands wird die Lava sein, welche die
Welt erschüttern, die Könige und die Aristokratien verschlingen
aber durch ihren Ausbruch die Interessen der Demokratie be-
festigen soll. Glauben Sie mir, Las-Cases, eben so wie die
Neben, welche man in die Asche des Vesuv und des Aetna
pflanzt, die köstlichsten Weine erzeugen, — eben so wird der
Baum der Freiheit unerschütterlich werden, wenn er in jener
revolutionären Lava Wurzel geschlagen hat, welche alle Mo-
narchien überschwemmen wird. Möge er Jahrhunderte hin-
durch grünen und blühen!
Diese Ansichten kommen Ihnen in meinem Munde viel-
leicht seltsam vor; nichtsdestoweniger sind cs die meinigen.
Ich war zum Republikaner geboren, aber daö Schicksal und
die Opposition Europa's haben mich Kaiser werden lassen.
Jetzt erwarte ich die Zukunft.,/
So hat Napoleon mit seinem Riesengeiste nicht nur sein
Zeitalter durchschaut und beherrscht, einen tiefen Seherblick hat
er in die Zukunft geworfen, und die Geschicke der Völker und
Mächtigen vorausgesagt. Ist nicht schon Vieles seiner Weis-
sagung buchstäblich in Erfüllung gegangen? — Möge der un-
erschütterliche Freiheitsbaum, von dem er sagt, daß er in der
revolutionären Lava Wurzel schlagen werde, bald emporwach-
sen zu einem Niesenbaum, der mit seinem mächtigen Stamme
bis zum Himmel reicht und dessen weitverzweigte Aeste die
Sterne als goldene Früchte tragen — und unter seinem gi-
gantischen Schalten die sich befreiten Völker das große Aufer-
stehungs- und Verbrüderungsmahl feiern — das Mahl wo
das Band der Freiheit, Gleichheit und Bruderliebe die gsnze
gesittete Menschheit umschlingt.

Vereinigte Starrten von Deutschland.
* Heidelberg, 2. Nov. Es ist doch merkwürdig, wie
ein Mann, den vor noch ganz kurzer Zeit ein ganzes Volk
mit der größten Achtung nannte, plötzlich in der öffentlichen
Meinung hcrabsinkeu kann. Man erinnere sich nur, wie der
 
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