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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0365

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nommen täglich. In Heidel-
berg vierteljährig 45 kr.
Durch die Post bezogen im
ganzen Großh. Baden l fl.
l(> kr. Bei Inseraten kostet
die dreispalt. Pctitzeile2kr.

»i- 8».


Bestellung wird gemacht in
Heidelberg in der Bxch-
druckerci von Renner u.
Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Postämtern. Briese
werden frankirt erbeten.

Mittwoch, S. Juli.

1848.

Von Kriegsknechten zn Roß und zu Fuß.
2. Kapitel.
(Gut zu lesen für Unteroffiziere.)
Es gibt in der Gesellschaft eine eigenthümliche Klasse von
Menschen, die man Unteroffiziere nennt. Beim Eintritt in
die Reihen des Heeres zeichnen sich diese Leute durch Dienst-
beflissenheit, durch AuffassungS- und Nachahmungsgabe, durch
pünktlichen Gehorsam gegen alle Befehle und durch Knechtstnn
aus. Bei solchen Eigenschaften ist's kein Wunder, daß sie vor-
rücken in einem Stande, welcher von seinen Angehörigen vor-
züglich negative Fähigkeiten verlangt und außer der Unter-
würfigkeit unter die Anordnungen des Obern, außer etwas
mechanischem Geschick wenig Talente erfordert. Auf diese
Weise kommt der Unteroffizier, wie er sein soll schnell zu
Stande. — Vom ersten Tage seiner Erhebung, die aber ei-
gentlich eine Erniedrigung ist, wird der neue Würdenträger
noch eifriger in den Pflichten seines Berufs, noch demüthigcr
gegen seine Vorgesetzten.
Nach und nach gewöhnt er sich so sehr an den geschäf-
tigen Müßiggang deS Soldatenlebens, daß es ihm unmöglich
wird, sich davon zu trennen. Seine Verhältnisse sind auch
von der Art, daß sie ihm jede Aussicht benehmen, ein bürger-
liches Geschäft zu gründen; denn nur ein armer Soldat
wird Unteroffizier; er muß also bleiben, wo und was er ist.
Zudem hat er allmählig verlernt, sich anhaltend und ernstlich
mit Etwas zu beschäftigen, was geistige oder körperliche An-
strengung nöthig macht; er ist der bürgerlichen Gesellschaft
entfremdet, und so vereinigen sich alle Umstände, um ihn für
immer an die Fahne zu fesseln. Ist seine Dienstzeit abgclau-
fen, so setzt er sie freiwillig und als Ersatzmann eines Andern
fort, er verkauft sich für Geld und es gibt Unteroffiziere, die
3 bis 4 Mal mit ihrem Leichnam Handel treiben, bis sie
endlich noch gut genug befunden werden, um als Amtsdicner,
Gefängnißwärtcr oder Polizeidiener u. dgl. ihr Dasein zu be-
schließen.
Menschen, die ihr Leben damit hinbringen, Andere zu
Maschinen gleich ihnen selber zu drcssiren, sind natürlich er-
gebene Werkzeuge der Gewalt, völlig geeignet und stets be-
reit die Plane derjenigen zu vollführen, von denen ihre ganze
Gegenwart und Zukunft abhängt. Und wirklich sind die Un-
teroffiziere bei den Bestrebungen der NückschrittSpartci, die in
der Besetzung Badens so deutlich hervortrcten, äußerst geschäf-
tig. Mögen andere, höher Stehende den Plan zum Feldzug
gegen die Freiheit entworfen haben — ausgeführt wird er
hauptsächlich durch die Unteroffiziere. Gegen sie muß sich da-
her auch die Entrüstung, die Wuth wenden, welche gegenwär-
tig durch alle deutschen Lande geht, sie besonders treffe die
Rache des Volks, das Brandmal der Schande. Sie tragen
vornämlich die Schuld, wenn die Söldner mit herzloser Grau-
samkeit gegen ihre Nebenmenschen wüthen, in Stadt und Dorf
die Bürger mißhandeln. Ihnen besonders ist es zuzuschreiben

daß die Wehre, welche dem Soldaten in die Hände gegeben
wird, um auswärtige Feinde von den Gränzen wcgzutreiben,
gegen ganz Unbewaffnete, sogar gegen Frauen und Kinder
gebraucht wird. Sie und unter ihnen die älteren zumeist,
sind die Hetzhunde, welche die Leidenschaften der Soldaten durch
Geld und Getränke aufregen, um sie gegen Vater und Mut-
ter, gegen Bruder und Schwester zu führen. Ergraut im
Dienste der Knechtschaft, kennen sie kein anderes Recht als
die Gewalt, die strenge Handhabung dieser Gesetze und Rechte
nennen sic die Ehre des Soldaten; sic, die ersten Träger der
sogenannten Mannszucht, bedienen sich ihres Einflusses auf
die zunächst von ihnen abhängigen und mit ihnen verkehren-
den Soldaten dazu, dieselben von der Sache der Republik ab-
wendig zu machen, sie, welche das System der Bedrückung
und Tirannei erzeugt hat, sind die Anstifter und Vollführer
der Gräuelthaten, welche jeder Tag in Mannheim und Mainz
gebiert und welche noch vor Kurzem die Stadt Ulm in Trauer
und Schrecken versetzt haben.
Gegen sie müssen darum auch die Schritte gerichtet wer-
de», welche jeder Freund des Vaterlandes für nöthig halten
muß, wenn uns die Errungenschaften der Revolution wirklich
zu Gute kommen, wenn der furchtbaren Säbclherrschaft wirk-
lich ein Ende gemacht werden soll. Zu solchen Schritten ge-
hört vor Allem das Tragen von Waffen, überall und immer,
wie es der Väter Sitte gewesen. Der freie Mann unterschied
sich von dem Sklaven in alter Zeit besonders dadurch, daß er
die Wehre an seiner Seite trug. Und als freie, und der
Freiheit würdige Männer wollen wir uns erwahren. Mit
dem Schwerte in der Faust hält man seinen Gegner am Be-
sten im Zaum, mit dem Schwerte also erscheine fortan der
Bürger!
Petitionen, worin gebeten wird, den Soldaten außer
Dienst nie mit dein Säbel ausgehen zu lassen, führen zu
nichts. ES ist überhaupt nicht die Zeit zum Betteln, sondern
zum Handeln. Ein kräftiges Mittel zur Beseitigung des Ein-
flusses der Unteroffiziere auf die Soldaten dürfte es auch
sein, wenn sich die allgemeine Verachtung gegen diejenigen un-
ter ihnen kehrte, welche die Soldaten selbst als Verräther an
der Volkcsrciheit bezeichneten, wenn Schmach und Schande
die von lächerlicher Eitelkeit aufgeblasenen Bedicntenseelen träfe
wenn es für den Mann, wie für die Jungfrau als Schande
gelte, mit einem solchen, an der Ehre Invaliden, umzugehen,
wenn insbesondere jeder Republikaner sich hütete, mit einem
solchen Entarteten in näherem oder entfernterem Verkehr zu
bleiben.
DaS kräftigste uns sicherste Mittel aber, um diesen Men-
schen ihr Handwerk zu legen, bestände wohl darin, wenn die
Soldaten unter sich einig würden, nie einem Befehl zu gehor-
samen, der gegen ihre Mitbürger gerichtet ist oder die kaum
errungene Freiheit gefährden könnte; wenn die Starken unter
ihnen die Unentschiedenen und Schwachen aufzurichten und
in ihnen die edlere, bessere Natur, den Sinn für Freiheit und
 
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