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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0717

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Erscheint Montags ausge-
nommen täglich. Zn Heidel-
berg vierteljährig 45 kr.
Durch die Post bezogen im
ganzen Grovh. Baben I fl.
It> kr. Bei Inseraten kostet
die dreispalt. Petitzcile Ar.



HiL 177.

Dienstag, 31. Oktober.

Bestellung wird gemacht in
Heidelberg in der Buch-
druckerei von Renner u.
Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Postämtern. Briese
werden frankirt erbeten.

1848.

Aufruf des Centralausschusses des demokratischen Vereins
in Wien.
Vierzehn Tage sind vergangen in fruchtlosen Verhand-
lungen, in Versuchen der Versöhnung, die zu keinem Ziele
führten. Wir haben nichts verlangt, als unser Recht, nichts
als Gewährleistung für die Freiheit, die wir mit unserem
edelsten Herzblute errungen haben, llnsere Feinde haben un-
seren gerechten Forderungen nur zweideutige jesuitische, aus-
weichende Antworten gegeben und während wir vertrauend
uns an dao Herz des betrogenen Kaisers wandten, haben sie
im Stillen an unscrm Verderben gearbeitet. Bewohner von
Wien! Tie Maske ist gefallen; wir wissen nun, woran wir
sind. Nicht nur das Verderben unserer Stadt ist beschlossen,
sondern die Zurückfübnmg des alte» Zustandes durch das Mit-
tel des MilitärdcspotismuS. Nachdem man die Stadt um-
zingelt, wagt es der Fürst Windisch - Grätz gegen Recht und
Gesetz, Belagerungszustand und Standrecht auszusprechen.
Mit frecher Lüge schildert man die Zustände unserer Stadt als
anarchisch, während Ruhe und Ordnung nie vollkommener
hcbrschicn, als eben jetzt. Die Verräthcr, die den Kaiser zur
Flucht verführten, und ihn fortwährend belagern, verbergen
ihm die Wahrheit und erschleichen seine Zustimmung zu ihren
verruchten Plänen. Die Stadt, wo die gesetzliche Landesver-
tretung friedlich tagt, wo alle Behörden in ungestörter Thätig-
keit sind, erklärt ein roher Soldat in Kriegs- und Belagerungs-
zustand, ohne dazu auf irgend eine konstitutionell-gesetzliche
Weise berechtigt und beauftragt zu sein. So tritt man Recht
und Gesetz, so tritt man Freiheit und die oft verbürgten Er-
rungenschaften, so tritt man das feierliche Kaiserwort frech
unter die Füße, um einen Vorwand zu haben für vcrräthe-
rische Pläne! Bewohner von Wien! Der Reichstag hat dieses
verbrecherische Treiben bereits für ungesetzlich erklärt; er hätte
es für hochvcrräthcrisch erklären sollen! Stimmen wir ihm
einmüthig bei! Aber enthüllt sei auch die verruchte Lüge vor
der ganzen Welt, auf daß, wenn der Vernichtungskampf be-
ginnt, den man gewaltsam hcrvorruft, die Völker Europas
wissen, wo das Recht und wo das Unrecht ist. In diesem
Augenblicke gibt es keine Parteien, keinen Meinungszweifel
mehr; wir kämpfen nicht mehr für politische Ansichten; wir
kämpfen, wie jenes schlichte Hirtenvolk in der Schweiz, gegen
den Uebcrmuth der kaiserlichen Vögte, für unsere Freiheit, für
unsere Ehre, für unseren Herd, für unser Weib und unsere
Kinder. Wer ist der Feigling, der an diesem heiligen Kampfe
nicht Thcil nimmt?!
Wien, 23. Oktober 1848.
Der Centralauüschuß der demokra-
tischen Vereine Wiens.

Vereinigte Staaten von Deutschland.
Heidelberg, 30. Oct. Im Frankfurter Journal
vom 28- Ott. lesen wir einen Artikel aus dem badischen Ober-

lande, der aus dem Proletariat der schwindsüchtigen Schreib-
stubcnherrschaft hervorgegangen zu sein scheint und das Ar-
muthszcugniß des Geistes auf Stempelpapier vorweisen kann.
»Wenn wir vor Kurzem — also fängt der Artikel an — in
einem badischen Blatte die Acußerung lasen, daß »Alle welche
nichts haben, Anhänger der rothen Republik seien, so ist dies
eine Anklage, welche sich durch nichts rechtfertigen läßt, wäh-
rend der Satz, wenn wir ihn umkehren, der Wahrheit näher
kommt/' „Denn cs gibt eine große Anzahl Bürger, welche
nichts weniger als in glücklichen Verhältnissen leben, vielmehr
unausgesetzt unter dem Druck des äußern Lebens leiden, mit
Serge und Noch zu kämpfen haben, aber gleichwohl so viel
sittliches Element besitzen, daß sie nur mit Abscheu an die
Bestrebungen der rothen Republik denken. (Das Lakeienthum.)
Eben so richtig ist es aber, mit nur sehr wenigen Ausnahmen,
baß sowohl die Führer und Leiter, als die zahlreichen Theil-
nehmer der Aufstänve im Badischen in ihren ökonomischen Ver-
hältnissen zerrüttet sind (Wer hat sie zerrüttet?) und daher die
Annahme sehr nahe liegt, daß sie durch einen allgemeinen Um-
sturz der begehenden Verhältnisse zu gewinnen, oder wie daS
Sprüchwort sagt, im Trüben zu fischen hofften." Nun wird
aus dem Acmensündcrblatt, der „Freiburger Zeitung" durch
den Vermögensstand der prov. Regierung zu Lörrach der Be-
weis geführt und am Schluffe der christliche Wunsch ausge-
sprochen, daß es von Nutzen wäre, wenn unsere Presse fich
zur Aufgabe machte, die persönlichen Verhältnisse der Häupter
und thätigcren Mitglieder der Umsturzpartei darzustellen Das
Gegentheil ersten Satzes, das der Einsender dieser Gedanken-
späne selbst nicht für bestätigt hält: daß nur Leute, die nichts
haben, Anhänger der Republik seien, hat das Volk der Ober-
länder, das sich mit wenigen Ausnahmen für die Republik er-
klärte, unv für dieselbe fich fast sämmtlich erhob, aufs Un-
zweideutigste bewiesen. — Diese Oberländer sind die Landes-
bewohner, die dem Staate die meisten Steuern bezahlen, folg-
lich der kleinste Thcil Proletarier. Auch das Unterland hat
die meisten Anhänger der Republik aus der reichsten Volks-
klasse, daher solch elende.Behauptung von selbst in ihr Nichts
zurückfällt. Die Darstellung des Schuldcnstandes der provis.
Regierung beweist für die republikanische Sache an sich gar
nichts. — Haben ja allerhöchste Regierungen einen fürchterlich
alten Ursprung und ihre Finanzen noch nicht gehörig geregelt,
trotz aller Erpressung und Aussaugung. Daß die Mitglieder
der prov. Negierung nicht Privatschulven haben, beweist nur
deren Ehrlichkeit, daß sie nämlich ihre Schäflein nicht zuerst
in's Trockene legten, wie es bei uralten Regierung, män-
nern vorkommt. Was den Rath betrifft, daß eö sich die
Presse zur Aufgabe machen sollte, die persönlichen Verhältnisse
der Häupter und der thätigcren Mitglieder der Umstnrzpartci
darzustellcn, erwidern wir kurz: wenn wir uns der Mühe
unterziehen wollten, die persönlichen Vcrhältniße der Häupter
und der thätigen und vnthätigen Mitglieder der Rcac-
tionspartei in das Publikum zu schleudern, es würden höchst
wahrscheinlich größere Unerbaulichkeitcn zu Tag kommen. Brüste
 
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