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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0895

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Erscheint Montags ausge-
nommen täglich. In Heidel-
berg vierteljährig 45 kr.
Durch die Post bezogen im
ganzen Großh. Baben l st-
lv kr. Bei Inseraten kostet
»ie breispalt. Pctitzcilc2kr.

Die Republik.

Bestellung wird gemacht in
Heidelberg in der Buch-
druckerei von Renner n.
Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Postämtern. Briefe
werden frankirt erbeten.

221. Donnerstag, 21 Dezember.

1848.

Vereinigte Staaten von Deutschland.
.Heidelberg, 20. Dez. Wir hacbn gestern eine der
Marzerrungenschaftcn, eine Maßregel besprochen, womit eine
zu Karlsruhe wohnende Clique beliebiger Privatleute unter
ihnen Baptist Bckk, der "badische" Staatsbürger, von der
Vortrcfflichkeit der constitutionellcn Monarchie praktisch über-
zeugt. -
An das Deficit von 3 Millionen reiht sich eine andere
Folge der constitutioncllen Monarchie — die außerordentliche
Couscription, welche auf die süngste vier Altersklassen zurück-
fällt. Es ist nöthig, daß wir auch diese Maßregel in ihrem
wahren Lichte erscheinen lassen.
Bekanntlich eristirt wie überall, so auch in Deutschland
eine Anzahl von Menschen, darunter namentlich die ehemaligen
Raubritter, die man jetzt Adelige heißt, die großen Banquiers
und Hunderttauscndguldcn-Befitzer, fast sämmtliche sogenannte
Staatstiener und Pfaffen, welche samnu und sonders von
dem Gelde leben, das sie, ohne entsprechende Gegeiidienfte zu
leisten, unter den verschiedensten Formen und Borwänden von
dem Bolke sich ausbczahlen lassen. Füc eben diese Leute ist
das Nehmen dieser vielen Millionen sehr angenehm, sic befin-
den fick sehr wohl im Genüsse der Civillisten, Appanagen,
Besoldungen, Renten; für das Volk aber ist das Herbcischaf-
fcn dieser Lasten sehr unangenehm, cs befindet sich dabei lehr
schlecht. Der Zustand, in weichem das Volk viele Millionen
für solche Civillisten re. überhaupt viel steuern zu zahlen hat,
nennt man constltutionellc Monarchie; den Zustand, in welchem
Las Volk blos lvviel bezahlt, als es sich selbst auferlegt Re-
publik — das Volk will daher die const. Monarchie ab-, da
gegen die Republik anschaffen. Die Fürsten, der Abel, die
Pfaffen, die Banquiers, überhaupt die großen Herren wollen
dagegen die const. Monarchie erhalten und die Republik nicht
aufkommen lassen. Wenn ein Einzelner Republik machen will,
reicht ein Gcnsdarm aus, wenn mehrere Republik machen
wollen, 6 Genovarmen und 9 Polizcidiener, wenn ein Dorf
Republik machen will, eine Compagnie Soldaten, wenn aber
ein ganzes Land Republik will, bann ist es schwierig , es zu
verhindern; dann braucht die constitutionelle Monarchie viel
sehr viel Soldaten. Je wehr sie deren hat, desto leichter ist
es, alle diejenigen, die Republik und weniger Steuern wollen,
zusammenzuschießen, stechen, hauen, oder sonst vernichten zu
baffen.
In neuerer Zeit hat die const. Monarchie die Erfahrung
gemacht, daß viele sehr viele die Republik machen wollen, daß
deshalb viele, sehr viele Soldaten nothwendig sind, um jene
daran zu hindern, daß deshalb die vorräthigen Soldaten nicht
ausreichen, denn für den Fall, daß einmal ein allgemeiner
Kampf entstehen sollte, zwischen denjenigen die bedrücken, und
denjenigen, die sich nicht bedrücken lassen wollen; zwischen
denjenigen, die gerne nehmen, und denjenigen, die nicht gerne

geben; zwischen den großen Herren und den kleinen Herren;
zwischen den Vornehmen und zwischen dem Pöbel. — Weil
daher die Anzahl vcr vorräthigen Soldaten nicht auszureichen
scheint, deshalb müssen neue gemacht werden, deshalb wird
eine außerordentliche Couscription abgehalten, wird auf die
jüngsten 4 Altersklassen zurück gegriffen, wird in ganz Deutsch-
land Vas stehende Heer auf 900,000 Mann gebracht.
Zwar sagen die Leute, die diese Soldaten stellen und er-
nähren sollen, wir sind ruinirt; wir könncn kaum die gegen-
wärtige Anzahl Soldaten ernähren, geschweige denn noch
mehr; allein die regierenden Herren antworten, das geht uns
nichts an, wir müssen die const. Monarchie aufrecht erhalten.
— Zwar sagt das Volk, das Lebensglück vieler junger Leute
ist zerstört, wenn sie aus allen Verhältnissen, aus Familie
und Geschäst herausgerisscn und Soldat werden müssen, allein
die regierenden Herren antworten, was kümmert uns daö, die
const. Monarchie muß aufrecht erhalten werden. — Zwar
sagt das Volk, wir glaubten im März Vas stehende Heer soll
vcrminvcrt, und wir sollten erleichtert werden, allein die re-
gierenden Herren sagen, bas ist uns gleichgültig, warum wä-
ret ihr io dumm, habt unfern Versprechungen geglaubt! Jetzt
regieren wir und ihr seid wieder Unterthanen. Darum nur
nicht räsonirt, sondern ruhig bezahlt, sonst kommt ihr noch alle
nach Bruchsal etc.
So wird auch diese Märzerrungenschaft dem Volke die
Augen öffnen über seine Lage und die const. Monarchie. —
Die Leute, die sich in dieser Monarchie wohl befinden, die
C villlstcn, Apanagen, Besoldungen, Pensionen beziehen, die
wollen sie aufrecht erhalten, dazu brauchen sie Soldaten und
diese nehmen sie, weil sie gegenwärtig die Macht dazu haben.
Der Fuchs stiehlt Hühner so lange er kann, cs gibt daher
teui anderes Mittel, dem Fuchs das Hühnerstehlen zu vertrei-
ben als-nun welches ist das beste Mittel?^ Uebrigens
wollen wir bei dieser Gelegenheit nicht unterlassen, einen Rath
auszusprechen, der, wenn er befolgt würde, dem Soldatenwe-
sen in kurzer Zeit ein Ende machen müßte. — Jeder, der
einenSohn beim Militär hat, macht sich verbindlich, demselben
keinen Kreuzer Zulage zu schicken. Wie der Mann in der
Garnison auf seme ä kr. täglich beschränkt ist, so wird iw
kurzer Zeit ein solcher Geist dec Zufriedenheit und der Gc-
müthsrube in der Kaserne einkehren, daß dis Offiziere sich
fürchterlich darüber verwundern würden.
Manndenn, 19. Dez. Heute endlich wurden die
Bürger Joh. Jos. Barth, Wirth, Mart. Wimmer, Holz-
händler, und Dr. Nud. Wclcker, Arzt; von hier, ihrer Haft
entlassen; sie waren bekanntlich in das berüchtigte weiuheimer
Untersuchungs-Manöver hineingezogen worden, und saßen beinahe
3 Monate sicher schuldlos im Kerker.
N Karlsruhe, 17. Dezbr. Daß unser Felsenmann
Peter mit großem Jubel in der Kammer begrüßt wurde, ist

*) Mm schlägt Hm auf den Schwanz! Der Setzer^
 
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