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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0385

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Heidelberg in der Puch-
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Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Postämtern. Briefe
werden frankirt erbeten.

Hi- 8«. Dienst«.,, 11. Juli._18L8.

Glaubensbekenntnis eines Sozialrepnbli-
kaners.
In Deutschland wird Sozialrepublikaner häufig
mit Communist verwechselt. Die Ersteren sind aber etwas
Anderes als die Letzter», ja sogar öfters deren entschiedenste
Gegner. Das bringt schon die weitauscinandergehente Theo-
rie beider Systeme mit sich; der Sozialist will freiwillige As-
sociation der 3 Hauptkräfie Intelligenz, Kapital und Arbeit,
und mittelst dieser Verbindung aufbaucn; der Communist, der
alle Kräfte über einen Leist schlagen möchte, würde, wenn er
je durchsetzen könnte, ein ephemerer Zerstörer, der Koch eines
Mcnschenbreies sein, der schon am andern Tag in Gährung,
in hundert alte Gebilde übergehen müßte. Dieser verschiede-
nen Theorien wegen bekämpfen sich die beiden Richtungen
denn auch in der Praxis. Der Junikrieg in den Straßen
von Paris hat Tausende von Sozialisten und Communisten
gegen einander geführt. Der Sozial-Republikaner, der wohl
den einseitigen, beschränkten National - Nepublikaniemus be-
kämpft, jenes veraltete System, das in Deutschland den Fran-
zosenhaß nährt, und in Frankreich das Gelüste nach deutschen
Ländern, der Sozialrepublikaner will ebensowenig wissen von
dem Communisten-Ncpublikanismus, der sich nicht schämt, um
des elenden Geldes willen eine Allianz mit Monarchisten zu
schließen. Der Sozialist ist auf politischem Felde Ceutral-Re-
publikancr, Weltbürger; er setzt die Freiheit über die Vater-
länder, die Menschheit über die Nationen, das Ganze über
die Theile. Zur näheren Begründung dieser Ansicht fuhren
wir hier einen Trinkspruch an, der unlängst bei einem öffent-
lichen republikanischen Feste in Frankreich von einein Deut-
schen, unter großem Beifall des versammelten Volkes ausgc-
bracht wurde.
Unter den aufgepflanzten Bannern Frankreichs, Deutsch-
lands, Italiens, Polens, Nordamcrika'S und der Schweiz ste-
hend, sprach der Redner Folgendes:
„Es gibt sehr viele und sehr verschiedene Vater-
länder, allein es gibt nur eine Freiheit. Diese
„Göttin ist eins und dasselbe mit dem Stern, auf dem un-
„ser Geschlecht sich bewegt, sic ist dessen Seele. Wie die
„einzelnen Gliedmaßen nichts sind, ohne organischen Leib,
„wie die einzelnen Gemüthsregungen nichts sind, ohne har-
monischen Geist, wie ohne bindenden Erdkörper die cinzel-
„nen Erdthcile eben nur Bruchtheile wären, los, locker und
„bald in selbst zusammcnfallend: also haben auch ein-
zelne Freistaaten keine Geltung und Dauer
„ohne eine freie Menschheit."
„Daß ein Mensch diesem oder jenem Volke angehört, dafür
„kann er nichts, das ist eine blinde Zufallssache; daß er
„aber der Parthci des Fortschritts angehört, dazu kann
„er etwas, und darin liegt sein Werth; nur Heuchler oder
„Thoren setzen die Vaterländer über die Freiheit, die Theile
„über Vas Ganze. Deren Wahlspruch heißt: Lieber ein

„Knecht in meiner Heimath, als im Auslande ein freier
„Mann! Man kennt diese Lockpfeife. Auch die Völker der
„Wildniß und Halbarbarei halten die Erdscholle ihres Ent-
stehens für das unübertrefflichste Land; ihre Priester und
„Häuptlinge lehrten sie das, und sie wußten gar wohl,
„warum?"
„Wir Sozial-Republikaner, die wir über die chinesische
„Mauer des Vorunheils und des Betrugs hinübcrschcn,
„wir wollen heute nicht Franzosen, Deutsche Jtalenen Po-
,,len, Amerikaner, Schweizer heißen; nein! wir wollen
. „M enschcnbrüder, das ist Söhne der Freiheit
„sein. Von diesem Standpunkte aus bringen wir nun zu-
erst unserer gemeinsamen Mutter, der heiligen Freiheit,
„sodann deren jüngstem, schönsten Kinde, unserer lieben
„Schwester, der französischen Republik, ein dreifaches Hoch!"

Die Abgeordneten Peter und Vissing*)
In Nro. 184 des Heidelberger Journals tritt wieder ein
Defensor des von den hiesigen Wahlmännern mit einem Miß-
trauensvotum ausgezeichneten Abgeordneten Bissing auf, sucht
dieselben mit einer loyalen Brühe zu begießen, und Bissing's
Abstimmung für die Verhaftung seines Mitabgeordneten Peter
zu entschuldigen. — Nicht für diese Wahlmänner, welche jene
Brühe nicht benützen kann, sondern nur zur Abfertigung des
Vertheidigers eines Bissing, diene Folgendes:
Schon seit zwei Jahren beobachtet Bissing in der Kam-
mer ein ministcrfreundliches, und da monarchische Negierun-
gen bekanntlich Partei im Staate sind, kein Volks fr rund-
liches Verhalten. Die Urwähler so wie die große Mehrzahl
der Wahlmänner sind darüber längst entrüstet und haben dein
Herrn Bissing ihre Unzufriedenheit schon auf verschiedene Weise
mittelbar zu erkennen gegeben; jedoch ohne Erfolg. Jeder an-
dere Mann hätte bei solchen Zeichen die Probe gemacht, ob
das Vertrauen nur bei einem „kleinen Häuflein," oder ob
es im Allgemeinen geschwunden sei. Dies thut aber ein so
großer Mann, ein Bissing, nickt. D er hat seine besonderen
Begriffe von Ehre und Charakter; er dünkt sich etwas Außer-
ordentliches zu sein. Und wahrlich, er ist es auch. Durch
seine Beistimmung zu dem Verhaftbcfehle gegen seinen Mitab-
geordnetcn Peter, hat er, der von entschieden freigesinnten
Männern, von Peters Wahlmännern, erwählte Abge-
ordnete Bissing, seinem durchgeführten Wirken, als gehorsamer
Lakai der Minister die Krone aufgesetzt, zugleich aber auch die
Entrüstung und den Unwillen der Urwähler und Wahlmänncr
gegen sich auf's Höchste gesteigert.
Durch die endlich erfolgte Aufforderung der Wahlmänner,
daß Bissing als Abgeordneter zurücktreten solle, haben sie der

Dieser Aufsatz war für das Heidelberger Journal bestimmt,
wo seine vollständige Aufnahme Hindernisse fand, daher er um
etwas verspätet erscheint.
 
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