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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0755

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Erscheint Montags ausge-
nommen täglich. In Heidel-
berg vierteljährig 45 kr.
Durch die Post bezogen im
ganzen Großh. Baden i fl.
10 kr. Bei Inseraten kostet
die dreispalt. Petitzeile 2kr.



Bestellung wird gemacht in
Heidelberg in der Buch-
druckerei von Renner u.
Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Postämtern. Briefe
werden frankirt erbeten.

Freitag, LEH. November.

1848.

An scimnitliche Gemeinden Badens!
Mitbürger! Wie ihr aus den Zeitungen werdet ersehen
haben, beriefen wir vor Kurzem eine Bürgervcrsammlung, um
in derselben entschiedene Anträge wegen endlicher Auflösung
der Kammern und Berufung einer konstituirenden Versammlung
zu stellen. Die Willkühr der Beamten verhinderte das Zu-
standekommen jener Bürgerversammlung. Indessen vernahmen
wir, daß bereits eine große Anzahl von Zuschriften gleichen
Zweckes an die zweite Kammer eingclaufen sei, so daß wir
cs nicht mehr für zweckmäßig hielten, eine sonst jedenfalls
erfolgte thatsächliche Erwiderung auf die von dem Ministerium
in der Kammer proklamirten Grundsätze zu veranstalten, son-
dern uns mit einer bei der 2. Kammer eingereichten Prote-
station zur Zeit begnügen.
Da wir nun Kunde erhielten, daß eine große Anzahl
von Gemeinden ihre bereits unterzeichneten Adressen, bctr.
die Auflösung der Kammern und Berufung einer
Konstituirenden zurückhalten, andere Gemeinden sogar
mit der Ausfertigung solcher Adressen zuwarten, bis sie über
das von uns einzuschlagende Verfahren Kunde haben, sehen
wir uns verpflichtet, sämmrlich^ tAem-lnd-.». znv "i<-.bmv,gen
Uebersendung ihrer Adressen an die zweite Kammer aufzu-
fordern.
Wir mache« hierbei darauf aufmerksam, daß diese Wil-
lenserklärungen des Volkes jetzt um so geeigneter erscheinen,
als eine Partei, deren politisches Leben in Unterthänigkeüs-
Adressen und öffentlicher wie geheimer Verleumdung der Volks-
partei besteht, in jüngster Zeit sich für ein Vertrauensvotum
der 2. Kammer für eine Galgenfrist zu Gunsten abgestandener
und freiheitsfeindlicher Institutionen, sowie endlich für die An-
erkennung des Grundsatzes der'-Verständigung und Unterhand-
lung-- an den Laden legte.
Mannheim, 6. Nov. 1848.
Der Kreisauöschuß bad. Volksvereine.

Vereinigte Starrten von Deutschland.
* Heidelberg, 8. Nov. Nur die Ordnung sollte er
wieder Herstellen, der Freund des Kaisers, Windischgräz, sonst
nichts weiter. Sollte man meinen, das wäre ein Leichtes ge-
wesen. War ja schon die größte Ordnung in Wien; man
hörte von keinem Raub, von keinem Einbruch, das Volk folgte
auf das Beste seinen Führern, der Gemeinderath, der Reichs-
tag und die verschiedenen Ausschüsse durften nur befehlen, und
eö geschah, was sie verlangten. Alles in Ordnung. Mit ge-
ringen Mitteln muß der Windischgratz, der Ordnungsstifter,
sein Ziel erreicht haben?
Nein! Viele Tausend Menschen mußte er erst erschießen
lassen, Tausende einfangcn, ganze Vorstädte abbrennen, die
Bomben und Granadcn wie Hagel in die Stadt werfen, ja
selbst seine eigenen Leute zusammenkartätschcn, um das zu er-
langen, was er wünschte.

Nun so schauen wir uns einmal die Windischgrätzisch-
kaiserliche Ordnung an.
In einem Schreiben aus Wien vom 3. Nov. heißt es:
Unser Zustand ist schrecklich, die Leute werden haufenweis auf
den Straßen von herumzichenden Patrouillen eingefangen, wer
einem Offizier oder Unteroffizier nicht gefällt, riskirt von dem-
selben sofort niedergeschlagen zu werden. Die Kroaten haben
wie die wilden Thiere gewüthet, Frauen, Kinder und Knaben
geschändet und unschuldigen Menschen die Leiber geöffnet. Noch
sind die Zugänge zu den Vorstädten mit Soldaten besetzt, und
ist den Städtern nicht vergönnt, sich nach ihren Angehörigen
umzusehen, während die fürchterlichen Feuerbrände sie zur
Verzweiflung bringen. Tausende von Gefangenen sind nach-
dem Hauptquartier Hetzendorf gebracht worden und es bedarf
nur irgend eines guten Worts beim ersten besten Offizier und
mit Leichtigkeit kann man den ersten Besten abführen lassen.
Iellachich hielt heute seinen Einzug. Die Serezaner Roth-
Häute sind fürchterlich wilde Kreaturen. Auf ihren Mützen
sogar sind mancherlei geschliffene Instrumente angebracht, wo-
mit sie, wie die Stiere, auf ihre Gegner einfallen. Die Stadt
Bomben und Kanonen. Das schöne Burgthor ein Schutt-
haufen, die Augustinerkirche fast ganz abgebrannt. In den
Gemächern der Burg dampft es noch immer. — Am Graben,
auf dem Stcphansplatze und auf anderen Plätzen sind die La-
ger aufgeschlagen. Die Aula dient als Waffcndcpot. Vom
Stephansthurme weht die schwär zgelbc Fahne, als Tri-
umphzeichen der wieder zusammengekittetcn Monarchie. Kein
Lied mehr vom deutschen Vaterland; dafür czechische, polnische,
kroatische Weisen, Spottlieder auf Deutschland.
Aus Prag wird geschrieben: Die Häuser in jenen Vor-
städten, welche gestürmt wurden, sollen fürchterlich zugerichtet
sein, alles Bewegliche und Werthvolle wurde aus den Woh-
nungen hinweggenommen, Meubel und andere Effekten, die
nicht fortzubringen waren, wurden von den Stürmenden zer-
trümmert und zu Grunde gerichtet. Besonders arg sollen die
Kroaten gehaust haben; alles Zurückhalten und Abmahnen der
Offiziere war vergebens; es soll sogar um den Gräueln ein
Ende zu machen, das Standrecht publizirt und mehrere Indi-
viduen wegen Insubordination erschossen worden sein. Ein
Grenadier, der plünderte, und von seinem Hauptmann des-
halb zu Rede gestellt wurde, soll auf diesen Letzteren das Ge-
wehr angeschlagen haben. Der Hauptmann kam dem Wü-
thenden aber zuvor und spaltete ihm den Schädel. Ein Herr,
dessen Wohnung in der Franzensallee liegt, und der mit dem
heutigen Nachmtttagstcain hier ankam, erzählte, als er vor-
gestern seine Wohnung besuchte, habe er dieselbe vollkommen
ausgeraubt gefunden; — nur ein Kroatenhemd, ein Frauen-
rock und ein kleines Paquetchen, wahrscheinlich irgendwoanders
gestohlen und hier von den Plündernden vorloren, lagen am
Boden.
Das ist die Windischgrätzische monarchische Ordnung.
 
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