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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0157

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Die Republik erscheint
täglich. Preis in Heidel-
berg vierteljährig 45 kr.
Durch die Post bezogen im
ganzen Großh. Baden l ff.
10 kr. Bei Inseraten kostet
die drcispalt. Petitzeilc2kr.

sie Republik.

Bestellung wird gemacht in
Heidelberg in der Buch-
druckerei von Renner u.
Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Postämtern. Briefe
werden frankirt erbeten-

«fr 37. Mittwoch, 1«. Mai. 18L8.

Für das begonnene Vierteljahr können fortwährend noch Bestellungen gemacht werden. In Heidelberg in der
Buchvruckerei von Renner und Wolff, auswärts bei allen resp. Postämtern. Die bereits erschienenen Nummern
werden auf Verlangen vollständig nack-geliefert.

Vorn 'L odcnsee.
Unter dem Eindruck des Martialgesctzes und der fremden
Bajonette sollen also die Wahlen zur konstituirenden Versamm-
lung bei uns vor sich gehen! — Unter den ernannten Wahl-
kommissären finden wir nicht einen Vertrauensmann des
Volks, sondern lauter Geheime-, Negierungs-, Hofgerichts- u.
s. w. -Näthe, adelichcr und nichtadelicher Herkunft, die von
jeher der Aristokratie angehörten, wenn wir etwa Christ noch
aurnehmen wollen, der — so wir nicht irren — auch Wahl-
kommissar ist. Unter solchen Einflüssen, die sodann durch ge-
heime Inspirationen der Pfaffen und öffentliches Auftreten der-
jenigen Subjekte, die dermalen allein auftretcn dürfen, und
gegen welche sich Niemand bei Vermeidung der Militärgewalt
Opposition erlauben darf, kann man sich das Wahlergebniß
leicht denken; es wird würdig und geeignet sein, nm sich der
Sanktion des Projekts der deutschen Reichsverfassung, so weit
wir es kennen lernten, zu versichern. Dieses saubere Produke
kennzeichnet den neuen Bundestag und dessen s. g. Vertrauens-
männer (der Fürsten, nicht des Volks) zur Genüge. Statt
daß wir gehofft haben, der furchtbaren Last der Erhaltung von
34 Fürsten entledigt zu werden, will man uns noch eine Ci-
villiste mevr aufbürdcn — die des deutschen Kaisers nämlich,
der zur Erhaltung und Beförderung der deutschen Freiheit
überdies noch erblich erwählt werden soll. Die weitern Be-
stimmungen dieses deutschen Neichsverfassungsprojekts, sind mit
der deutschkaiserlichen im Einklang, und so muß man sich nur
über die Dreistigkeit wundern, die man hat, ein solches Mach-
werk, aus dem der Pferdefuß so deutlich hervvrschaut, dem
deutschen Volke vorzulcgen. tlm diesem Geltung zu verschaf-
fen, wird es freilich der Macht der Bajonette bedürfen; auf
freiwillige Achtung und Anerkennung des Volkes — des hart
und schwer geprüften, unter unsäglichen Opfern zur Besinnung
gekommenen — darf es — dieses Verfaffungsprojekt, das uns
so unmerklich vom Regen in die Traufe führen möchte, kei-
neswegs rechnen.
Bei uns ist Alles niedergeschlagen; rings um uns Ba-
jonette, deren Träger uns noch gar aufzehren, was wir Ha-
den; rings um uns Verhaftungen, Untersuchungen, Spione,
die auf unsre Rede lauern, um uns in's Garn zu bringen.
Die Täuschung, welche man an uns begangen, daß man die

Truppen unter der Firma »Freunde" eingeschmuggelt hat,
während nun auch dem Einfältigsten klar ist, warum sie da
sind, nämlich nicht zur Grenzbesetzung, sondern zur Freiheits-
unterdrückung, diese Täuschung, welche man gewagt, hat in
jedes Bürgers Brust Vertrauen und Glauben in unsere Staars-
lenker tief erschüttert. Hätten sie statt diese Truppen ins Land
zu rufen, dem gegebenen Worte gemäß, dre Bürgerbewaffnung
realisirt, so wäre sicherlich der Freischaarenzug unterblieben, und
Jeder -u Hause vertrauensvoll die Zeit erwartet, wo die Na-
tionalversammlung zusammentreten wird. So fällt die mora-
lische Verantwortlichkeit des Freischaarenzugs ganz denen zur
Last, die das Volk so bitter getäuscht, und so bitter täuschen
mußten, wenn sie im Dienste der Reaktion ihre Mission erfül-
len wollten. Verhaftet und untersucht daher so lange und so
viel ihr wollt, ihr Staatskünstler: die Geschichte selbst wird
euch richten, und sicherlich die ganze schwere Schuld auf euch
laden. Das vergossene Bürgerblut schreit zum Himmel, bis
es gesühnt ist.
Still wie im Grabe ist es, ja Grabesstille herrscht bei
uns; die wir sonst so heiter und froh, mit offenem Gcmüthe
einander entgegenkamen, sind jetzt traurig und verschlossen.
Jüngst gingen unser Zweie in ein benachbartes Dorf, eine
Stunde weit spazieren. Unterwegs tritt uns um die Helle
Mittagsstunde eine baier. Patrouillenwache von 2 Mann in
den Weg, uns aussuchend und zurückweiscnd, weil wir nicht
mit Ausweis versehen seien. »Also so weit ist es gekommen
bei uns» — sagten wir zu einander — »daß uns fremde
Bajonette den Weg in unserm eigenen geliebten Vaterlande
versperren können!» — Ja noch mehr. Die Baiern, die eine
edlere Revolution, als eine Bier- oder H....revolution (Lola!)
bisher nickt kannten, geben sich aus Mangel anderer Beschäf-
tigung, die vergebliche Mühe bei uns, die Republik nicht nur
zu verdächtigen, sondern in den Koth zu ziehen, sogar jeden
von uns republikanisch Gesinnten einen schlechten Kerl zu
heißen. Uno erlaubst du dir nur eine bescheidene Abwehr, so
läufst du Gefahr, arrctirt und als ein höchst gefährlicher
Mensch beigcsctzt zu werden. Ginge es noch lange so fort,
so wollten wir wahrlich Alles lieber sein, als badisch-Deutsche.
 
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