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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0549

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Heidelberg in der Buch-
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Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Postämtern. Briefe
werden frankirt erbeten.

M"' R3Ä. - Dienstag, 12. September*.

1848.

H Immer nocb keine Reaktion!
Mannheim, 9. Sept. Ein Vcrwandschafts-Vcrhältniß,
wie es uns hie und da aus England als Kuriosum gemeldet
wird, haben wir hier im großartigsten Maßstabe vor Augen:
es ist das des Polizeistaats und der Reaktion. Der Polizeistaat
ist der Vater und zugleich der Sohn der Dame „Reaktion."
l nter seinen Fittigeu ist denn auch kürzlich der Polizeier-
zeß vorgefallen, der wohl da und dort in den Zeitungen be-
forschen, aber wie mir dünkt, nicht sattsam und vom gehörigen
Gesichtspunkt aus beleuchtet wurde Ich gebe übrigens zu,
daß auch mich nur die seitdem erhobenen Thatsachen hiezu in
Stand setzen, und keinenfalls will ich meinen Mitbürgern vor-
enthalten, welche Ansicht ich durch Erkundigungen und wohl
ganz richtigeNeflerionen von dem Vorfall und dem Zwecke
feiner Provokation bekommen habe.
Es waren sicherlich nicht die Fackelstumpen, noch die,
größtcntheils mit dem erlassenen Polizeivcrboi unbekannten
Träger dieser Stumpen, es war zunächst die in Mannheim
stets helllodcrnve Fackel der Aufklärung und muthigen Frei-
heitsstrebens, was den Grimm der hiesigen Vertreter des Po-
lizcistaats auf sich zog, es war dies ferner und vielleicht haupt-
sächlich der Umstand, daß das Volk einen Mann feierte, der
von jeher ungebeugt für seine Rechte und sein Wohl kämpfte,
aber eben durch Polizei-Willkühr gegen alles Recht und Gesetz
vier Monate lang im Zuchthaus in Un te rsu chung s-
Arrest gehalten wurde, und am Ende zum großen Leidwesen
aller Polizcistaats-Seelen als unschuldig losgcgeben wer-
den mußte.
Die moralische Niederlage nun, welche hiedurch die aller
moralischen Waffen baare Reaktion erleiden mußte, Hai sic wohl
auf den Gedanken gebracht, sich ter physischen zu bedienen
und darauf, — die Herren haben nun einmal mit dein „Un-
tersuchen" angefangen, und l'uppotit vümt an manugmnl —
eine prachtvolle Untersuchung zu grünten. Sie schritt also zum
Werke,, bot die ihm unmittelbar untergebene Dienstmannschast,
Polizeidiener und Gensdarmcn und behufs einer vollständigen
Durchführung ihres Planes das hier garnisonirende kurhessische
Militär auf, tas zu ihrem Verdruß sich seither auf's Beste
mit den Bürgern, selbst mit den „Wühlerischen", vertragen
hatte, zwischen dem aber und den Bürgern man bei dieser
Gelegenheit einen Bruch, eine gegenseitige Erbitte-
rung und damit einen günstigen Anhaltspunkt
für spätere reaktionäre Operationen erzielen
wollte.
Entsprechend dem Instinkt der polizistischcn Sippschaft
wurden vor Allem die Laternen in der vom „Bädner Hofe"
her führenden, und einer im Schlachtplan ebenfalls aufgenom-
menen Seitenstraße ausgclöscht, und, als die harmlose, nur an
die Freude des Augenblicks denkende Menge weit genug in den
Bereich des gezogenen Cordons vorgerückt war, „Fälltö Ge-
wehr, vorwärts marsch!" kommaridirt, so daß man Plötzlich
die Spitzen der Bajonette auf der Brust fühlte, und dadurch,
wie sicher vorausbercchnet war, bei den vielen mitziehenden,

leicht erschreckter Weiber und Kinder eine Verwirrung noth-
wendig entstehen mußte.
Diese verscheuchte Menge nun wurde hauptsächlich von
Polizeidienern und Gensdarmcn, weniger von den Soldaten,
mit blanker Waffe bearbeitet und Schreiber dieses hat selbst
das höhnische, schadenfrohe Lächeln unseres längst unbeliebten
Polizeikommiffärs bei dieser Mißhandlung schuld- und wehrloser
Menschen gesehen. —
Doch, wer zuletzt lacht, lacht am Besten. —
Für diesmal haben sich unsere Herren Polizisten gewaltig
verrechnet: das Volk kennt ihre Kniffe und hat vorerst seine
Schläge hin- und — ml notum genommen; das Volk nicht,
sondern die Polizei hat einen Erz eß verübt.
Soll man aber der Frechheit zürnen oder darüber lachen,
mit der dieses reagirende Institut dennoch die Sache ausbeu-
tet?! Der eigentliche Verbrecher, die Polizei, tritt jetzt als An-
kläger und Richter ans, sie unter sucht und straft die
von ih- mißhandelte Menschheit.
Das ist, bei den Gel einen des seligen Lynch, ein schlim
mes Beispiel für das Volk!

7't. Sitzung der konstituieenden Natronai-
< ve siinnnlung.
Freitag, den 7. September 1848.
Nach Verlesung und Genehmigung des gestrigen Proto-
kolls verliest Präsident, daß bei der Ergänzungswahl für den
Vcrfaffungsaueschuß die Wahl auf Compes, Nießer, Noten-
han, Zell und Bricgleb gefallen. Für die deutsche Flotte
sind neue Gelder eingcgangen, ein Ministerium ist noch nicht
ernannt!
v. Rappard theilt über die schleswig-holsteinischen Ver-
hältnisse Folgendes mit: Der bekannte Antrag des Landvogis
Jensen sei einstimmig angenommen und ferner beschlossen wor-
den, der Nasionalversammlung und der Centralgcwalt diesen
Beschluß sowohl, als die Ursachen mitzuiheilen, warum der
Waffenstillstand unannehmbar sei. Weiter habe man sich ver-
einigt, keiner Negierung zu gehorchen oder Steuern zu zahlen,
als der provisorischen. Die Mitglieder der neuernannten Re-
gierung hätten sich geweigert, mit dem Grafen Moltke in ei-
nem Kollegium zu sitzen. Dieser habe die Negierung der pro-
visorischen Regierung nachsuchen müssen, sein Gut sei vom
Volke umzingelt und gleichsam belagert; das holsteinische Mi-
litär habe zum Thcil den preußischen Offizieren den Gehorsam
gekündigt (.Hört!). Das Volk habe beschlossen, den Krieg auf
eigene Hand ohne Deutschlands Mitwirkung fortzusetzcn (Bei-
fall). Der Geist der Aufregung fange an, den Bundcstrup-
pcn sich mitzutheilen (Bravo), für den Handel drohe die
größte Gefahr, deshalb stelle er mit einigen Genossen die
Frage an die vereinigten Ausschüsse, ob sie nicht bis morgen
Bericht erstatten könnten.
Zachariä. Noch immer fehle es an den versprochenen
Aktenstücken, der Ausschuß werde sein Möglichstes thun.
Hcckschcr wiederholt die Versicherung, daß der Druck
 
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