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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0501

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nommen täglich. JnHeidcl-
berg vierteljährig 45 kr.
Durch die Post bezogen im
ganzen Großh. Baden l ff.
10 kr. Bei Inseraten kostet
die drcispalt. Pctitzeile Ar.

123. Dienstag, 2S Mugnst.


Bestellung wird gemacht in
Heidelberg in der Bnch-
druckerei von Renner u.
Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Postämtern. Briefe
werden frankirt erbeten.

18«8.

66. Sitzung der konstituirenden National-
versainlttlung.
Freitag, den 25. August 1848.
Nach Verlesung des Protokolls, gegen welches keine Re-
klamation erfolgte, theilte der Präsident mit, daß Beiträge zur
deutschen Flotte aus den russischen Ostseeprovinzen und aus
Meissen in Sachsen eingegangen wMen.
Finanzminister Becker all) erstattete sodann Bericht über
den Zustand der Neichskaffe. Die Grundlage des Kastenwe-
sens war 8. 52 der Wiener Schlußakte, welchen der Redner
mittheilt, und auscinandersetzt, wie der Kanzleiaufwand auf-
gebracht wurde. Die Hauptausgabe der Bundeskaffe waren
die Bandeefcstungen; die einzelnen für die einzelnen Festungen
werden verlesen; ihre Totalsnmme beträgt über 25 Millionen
Gulden. Als Einnahmeposten wird aufgeführt eine Summe
von 20 Millionen Frcs. französische Konti ibutionsgelder. Diese
Summe sei zur Hälfte in Berlin, zur Hälfte in Wien in
Staatspapicren niedergelegt worden. Sodann habe man sie
und zunächst den Berliner Theil, zum Bau der Festung Ulm
verwendet. — Am 10. August habe das ReichSministerium
eine Summe von 2,881,516 fl. vorgefunden und zwar 1) in
der Matrikularkasse, 2) baar in der Kanzleikasse, 3) Reichs-
gelder bei Rothschild niedcrgelegt. Dazu kämen noch verschie-
dene Rückstände der einzelnen Regierungen, zusammen über
34,000 fl. — Für Ulm sind über 10, für Rastatt über 8
Millionen verwendet worben. Das Finanzministerium wird
übrigens ein anderes System einführen und der Nationalvcr-
sammlung einen Plan darüber verlegen. Der Bericht vom
Ncichsminister, sehr schnell und ziemlich undeutlich vorgelesen,
wird gedruckt werden.
Präsid. beantragt hierauf die Niedersetzung eines Fi-
nanzausschusses.
Zimmermann aus Spandau verlangt, daß derselbe
beauftragt werde, die bisherige Verwaltung der Finanzen zu
prüfen und zu revidiren.
Präfid. verspricht, diesen Gegenstand später zur Bera-
tung zu bringen. —
Nach mehreren Interpellationen an die Reichsminister
geht man zur Tagesordnung über. Präsident verkündigt einen
Antrag von Zimmermann, daß nach Abstimmung über Art. 3
und 4 im Einzelnen, nochmals über beide zugleich in ihrer
Totalität abgestimmt werde; er wird angenommen. Mehrere
Anträge zu 8- 11 werden verlesen. Dieser § lautet im Ent-
wurf :
„Jeder Deutsche hat volle Glaubens- und Gewissens-
freiheit."
Nach kurzer Diskussion schlägt der Präsident vor, über
die einzelnen Paragraphen erst dann abzustimmen, wenn sämmt-
liche §K. vollständig diskutirt seien.
Beseler widerspricht dem und will, daß über §. 11 u.
12 und über 8. 13 u. 14 gemeinschaftlich abgestimmt werde.
Nach^, einigen Bemerkungen Röslers aus Oels und Knoodt
und einem kurzen Wortwechsel zwischen Beseler und dem Prä-

sidenten geht man zur Berathung von 8.12 über, dessen Ent-
wurf folgendermaßen gefaßt ist:
„Jeder Deutsche ist unbeschränkt in der gemeinsamen
häuslichen und öffentlichen Uebung seiner Religion. —
Verbrechen und Vergehen, welche bei Ausübung dieser
Freiheit begangen werden, sind nach dem Gesetze zu be-
strafen.
Nach Verlesung der dazu eingereichten Amendements be-
ginnt Neichensperger die Diskussion und erklärt seine
Uebereinstimmung mit dem §. und dem Amendement Nagels,
das außer dem oben erwähnten ersten Satz noch den zweiten
enthält: Verbrechen und Vergehen, welche bei Ausübung die-
ser Freiheiten begangen werden, unterliegen dem allgemeinen
Strafgesetz. Braun aus Bonn, — v. Linde, welcher sich
in der Täuschung wiegt, die Unruhe während seines langwei-
ligen, mit halblauter Stimme eintönig abgewundencn Kathe-
dcrrortrags werde durch den aufregenden Inhalt desselben her-
vorgebracht; Gasser, welcher beantragt, daß man diesen
vorliegenden 8- nur mit größter Schonung auf Tirol anwende
(Mißfallen), und zwar kein Ausnahmsgesetz erlasse, aber doch
den besondcrn Verhältnissen jenes Landes Rechnung trage (Ge-
lächter), da zu den tyrolischen Begriffen von der alten guten
Zeit auch die Einheit in Glaubenssachcn gehöre; — Kot schi
dessen eigenthümlicher Pathos allgemeine Heiterkeit erregt, bis
die gesunde Kraft seiner Gedanken dies etwas auffallende Aeus-
sere seines Vortrags durchbricht und ihm lebhaften Beifall er-
wirbt; — v. Prato, welcher Gasser widerspricht, da seine
Wähler vor der Glaubens- und Gewissensfreiheit erschrecken
werden; Arndts und Schuler, welcher sich Gasser an-
schließt, sprechen über die einzelnen Anträge, worauf die Dis-
kussion über §. 12 geschlossen wird.
Nachdem die Versammlung die Ernennung eines Finanz-
ausschusses beschlossen, wird die nächste Sitzung auf Montag
den 28. d. M. festgesetzt. Tagesordnung: Berathung des §.
13 u. 14 der Grundrechte.

Tagesbericht aus Deutschland.
4V Neustadt a. H. Johannes Rouge, ver Stifter der
deutschkatholischen Kirche, befindet sich seit 8 Tagen in der
Pfalz und wird noch weitere 8 Tage verweilen, um durch
sein Wirken die bestehenden Gemeinden zu kräftigen und in
Dürkheim eine neue zu gründen. Die d.-k. Gemeinde in Neu-
stadt erließ zu der Zeit, in welcher man von vielen Seiten-
hauptsächlich aber von einem in Frankfurt bestehenden Verun-
glimpfungö Club, jesuitischer Weise, den Ruf des hochgefeier-
ten Mannes durch pöbelhafte Verläumdung in den Staub tre-
ten wollte, dadurch, daß man dessen Moralität tn Frage stellte,
ein Schreiben an denselben, in welchem von Seiten der Ge-
meinde die Mißbilligung gegen jene Verläumder ausgesprochen
und der Wunsch geäußert wurde, Rouge möge die hiesige Ge-
meinde besuchen.
Dadurch wurde bestätigt, wie die Anfeindung nur dazu
 
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