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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0241

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Die Republik erscheint
täglich. Preis in Heidel-
berg vierteljährig 45 kr.
Durch die Post bezogen im
ganzen Großh. Baden l fl.
10 kr. Bei Inseraten kostet
die dreispalt. Pctitzeile 2kr.

Die Republik.

Bestellung wird gemacht in
Heidelberg in der Buch?
druckcrci von Renner u.
Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Postämtern. Briefe
werden srankirt erbeten-

Äl- Zs. Donnerstag, 1. Juni. 1848.
Des heutigen Himmelfahrts-Fesics wegen wird morgen unser Blatt nicht erscheinen.

Was haben die Republikaner von dem Parla-
ment zu erwarten?
Motto:
Grimmer werden stcrS die Jäger,
-ILttd enrdrennr der Kampf und heiß;
Dem der Freipeil Waffeuirägcr
Srei>c» feg in engem Arcib.
Ernn EilcupanS.
Wie die Männer, welche seit vier Wochen in Frankfurt
versammelt sind, um dem deutschen Volke eine Verfassung zu
geben, solcher Aufgabe Nachkommen werden, liegt seit einigen
Tagen außer allem Zweifel. Es sind besonders durch die
Sitzung vom 26. d. alle jene Besorgnisse gerechtfertigt worden,
welche der mit den Verhältnissen und Personen Vertrautere,
der tiefer Blickende, der aufrichtige Freund seines Vaterlandes
bei sich hegen mußte. Schon das sogenannte Vorparlament,
noch mehr aber dessen destillirter Abzug, gemeinhin Fünfziger-
Li^schuß genant, ließe» ahnen, was aus dem Kindkui wer-
den würde, das ihnen in die Hände gegeben war. Deutlicher
noch konnte man dieß voraus sehen, als die Wahlen für die
nunmehr zusammengetretene Nationalversammlung „unter dem
Schutze der bewaffneten Macht" vorgenommen, als die kühn-
sten, wackersten Vorfechter des Freistaates ins Elend getrieben
oder in den Kerker geworfen wurden. Ebenso mußte später
die Zusammensetzung des Parlaments Jedem, der nicht ge-
radezu mit Blindheit geschlagen ist, mit einleuchtenden Zügen
vor Augen stellen, daß unser Heil nicht von Frankfurt kom-
men werde, es mußte Jedermann klar werde», daß die Hälfte
von den „schwarzen Vögeln," welche in der Kaiserstadt sitzen
und predigen, ja daß der dritte Theil derselben hingereicht
hätte , um den jungen Baum der deutschen Freiheit mit Unge-
ziefer zu bedecken und seine Vlüthcn im Keim zu vernichten.
Jn's hellste Licht aber treten die Aussichten der Republikaner
bei einem Blick auf die schon oben berührte Sitzung vom 26.
d. M., in welcher die Mainzer Angelegenheit zur Sprache
kam. Da zeigte sich daß die Stillstands- und Rückschritts-
partei im Parlament die meisten Vertreter zählt, daß das
Volk sich in seinen bisherigen Vertrauensmännern beinahe
durchgängig geirrt hat, daß unter den gelehrten und berühmten
Herren nur sehr wenige für die Freiheit reif sind, daß cs
Leute gibt, die vor dreißig Jahren wohl Etwas zu leisten ver-
mochten, heutzutage aber unter das alte Eisen geworfen wer-
den sollten. Die „hohe" Gesellschaft hielt nicht für nöthig,
sich um eine Stadt zu bekümmern, in welcher der Säbel
herrscht, welcher em Soldat mit Beschießung droht, weil die

Kriegskncchte von Preußen an ihrem „juten König" mehr Ge-
schmack finden, als die Bürger; die hohe Gesellschaft überläßt
die Mainzer ihrem Schicksal, d. h. ihrem Gouverneur, sie
bleibt sich selbst getreu. Sie thut in diesem Fall gerade so
viel als für die Mannheimer, die seit vier Wochen unter
dcr Last der Einquartierung seufzen und dadurch planmäßig
zu Grund gerichtet werden. Was gehen solche Kleinigkeiten
den Hrn. v. Schmerling aus Wien, den Hrn. Hergenhan,
den Hofrath Welcker, den edeln v. Gagern an? Sie haben
Wichtigeres zu thun, sie besprechen sich über die Frage, ob
einer oder nur 35 Kaiser geschaffen werden sollen. Wie es
unterdessen und für die Zukunft den „Unterthanen" geht, damit
mögen sich die Regierungen beschäftigen, zu denen man ja
alles mögliche Vertrauen haben darf. Die Nationalversamm-
lung hält sich dazu für so wenig berechtigt, als der Bun-
destag.
Man weiß wahrhaftig nicht, soll man lachen oder wemcn,
wenn Leute von Talent und Ruf, zum Theil bejahrte, immer-
hin aber hochangesehene Männer solches Zeug beschließen,
wie eS vor 5 Tagen zu Frankfurt geschehen ist. ES ist trost-
los zu sehen, daß die deutsche Freiheit Händen anvcrtraut ist,
unter denen sie verkrüppeln ober ganz zu Grunde gehen muß;
es ist lächerlich, daß eine Versammlung die ein Volk von 40
Millionen repräsentirt, keinen Beschluß zu fassen wagt, dcr
vielleicht etlichen Fürsten unangenehm sein möchte; aber es ist
aus dcr andern Seite auch wieder erhebend, die Mitglieder
des Parlaments, welche sich in der Minderheit befinden, ihre
Ueberzeugung aussprechen zu hören, zu vernehmen, daß noch
nicht Alles verloren ist, daß auch muthige Herzen für unsere
Zukunft wirken.
Lassen wir darum den Muth nicht sinken. Haben wir
auch wenig oder gar nichts von der Majorität des Parlaments
zu erwarten — das kleine Häuflein dcr wahren Volksfreunde
steht fest, es bietet der feindlichen Uebermacht mit unerschütter-
lichem Muthe täglich auf's Neue die Stirne, und am Ende
wird, ja muß doch die Sache des Rechts, die Sache des
Volks, die Sache der Freiheit über alle Anschläge der Gewalt
und des Betrugs eben so gewiß den Sieg davon tragen, als
auf die Nacht der Tag folgt. Fördern wir das Gelingen des
großen Werkes nach Kräften, benützen wir die Mittel, welche
uns zu Gebot stehen, wählen wir so weit es noch möglich ist,
in die konstituirende Versammlung Männer, wie Robert Blum,
verstärken wir so die Zahl unserer Vertheidiger, und bald wird
in allen deutschen Landen der Tag der Freiheit anbrrchen, aber
 
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