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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0461

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ganzen Großh. Baden l ff.
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die drcispalt. Pctitzcile2kr.



Bestellung Wird gemacht in
Heidelberg in der Bnch-
druckcrci von Renner n.
Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Postämtern. Briefe
werden frankirt erbeten.

113. Mittwoch, 2. Msrgust.

1848.

Zur Beberzr'gnnft für die Republikaner.
Wenn ihr Republikaner zur Regierung gekommen sein
werdet, vergeßt nie, was in der jüngsten Zeit hier in Heidel-
berg vorgegangen ist.
Ein demokratischer Studentenverein wollte auf dem fried-
lichen Wege der Rebe und Schrift Anhänger für die republi-
kanischen Ansichten werben. Wenn die große Masse des Vol-
kes aus Ucberzeugung republikanisch ist, so dachten sie, dann
muß ja die Republik von selbst und ohne Kamrf kommen!
Was aber sagte dazu das zur Zeit konstitutionelle Mini-
sterium ? Hat cs etwa seine Anhänger, unter denen so viele
ehrenwerthe aus Ueberzeugung konstitutionell sind - hat es
etwa dieselben aufgefordert, all' die Gründe der Republikaner
zu widerlegen und der Wirksamkeit des republikanischen Ver-
eins einen konstitutionellen entgegenzusetzen?
Weit gefehlt! Derjenige braucht nicht viel zu denken
oder zu sprechen, meint das Ministerium, welcher noch das
frühere Ilniversalmittcl gegen alle Unzufriedenen und Bewe-
gungsmänner bat — die Polizei! Im Namen der Polizei,
ruft es den 19 Vereinten zu — ich liste Euer« Verein als
staatsgefährlfch auf!
Die Gesinnung der Heidelberger Studenten vor dem
Auszug ist genugsam bekannt; nur Wenige gingen mit ihren
Wünschen über eine konstitutionelle Monarchie hinaus. Die
Aufhebung jenes Vereins steigerte unmittelbar seine Mitglie-
verzahl auf 28; aus Neustadt sind sie ihrer 90 zurückgekehrt,
welche die Zwecke des Vereins unter anderm Namen — im
schlimmsten Fass ohne Namen verfolgen wollen!
Ich untersuche jetzt noch nicht, ob überhaupt die Polizei
die Verbreitung eines Gedankens zu hemmen vermag; meine
augenblickliche Frage ist vielmehr die, woher kommt es, daß
der Gedanke einer demokratischen Republik unter Gleichgülti-
gen, ja unter Gegnern in demselben Augenblick so viel Anhang
bekommt, wo ihn die Polizei mit äußerer Gewalt Niederhal-
ten will?
Ich erkläre es mir so: Des Menschen heiligstes und da-
rum unverletzliches Recht ist das, seine Ansicht frei auszuspre-
chen, um sie durch Gründe zur Anerkennung zu bringen, oder
sich durch die Gegengründe von der Falschheit jener Ansicht
zu überzeugen.
Ich sagte „unverletzliches" Recht: Wollt Ihr ein Beispiel?
Die furchtbarste Polizei verfolgte in Oesterreich alle freisinni-
gen Staatöansichten; auf einmal kommen dieselben über das
kühnste Erwarten zur Geltung: also sind sie doch verbreitet
gewesen! Ja, die geistige Bckehrungssucht in uns Menschen
ist unüberwindlich, und weil wir derselben hauptsächlich alle
Fortschritt in Kunst und Wissenschaft verdanken, so erfaßt uns
ein instinktmäßiger Ingrimm, wenn wir sic von irgend Jeman-
den in anderer Weise bekämpft sehen, als durch die Entwik-
kelüna der Gegcngründe der ausgestellten Ansicht!
„Es scheint doch, ist dann unser erster Gedanke, gegen
jene Ansicht keine vernünftigen Gegengründe geben zu können,

man würde ja sonst keine andern, und so äußerliche Mittel
dagegen gebrauchen!"
Unwiderstehlich zieht es uns zu jener Ansicht hin; über
dies ist es uns so natürlich, uns immer des Unterdrückten an
zuuehmcn.
Mir will es auch scheinen, als hätte eine staatliche Vor-
sehung all' den Nachtheil erkannt, welchen eine einfältige
grade herrschende Parthei der menschlichen Entwickelung brin-
gen könnte, sobald es derselben gelänge, durch ein geschickt
formulirtes Gesetz die bestehenden Einrichtungen gegen die ih-
nen gefährliche Verbreitung neuer Ansichten zu schützen! Frei-
lich kann ein Kaiier von Rußland oder ein Nobespicrre alle
die Köpfe abschlagen, deren Gesichter ihm nicht in den beste-
henden Staat zu passen scheinen; doch eine mit Blut und
Thränen gekittete Staatsverfassung hält nicht lange; hoffent-
lich werden wir davon nicht mehr so viele Betsriele sehen,
als wir gehabt haben! Unter „herrschende Parthei" verstand
ich deßhcub oben einen Staat, der in sich Gesetzlichkeit will
gelten lassen, der nur Handlungen gegen bestimmte Strafge
setze bestraft.
Der alte Mittcrmaier sagt: „Zu weit geht es, wenn
man auch die Verbreitung dec die Eristenz des Staats gefähr-
denden Grundsätze als Versuch des Hochverraths bestraft." Wo
man es indeß durch ein Gesetz versucht, die Gegenparthei in
dem Werben für ihre Grundsätze zu hemmen, da ist nur
zweierlei möglich:
z Im einen Fall kann das Gesetz dermaßen auch jede ret-
trauliche Mittheilung beeinträchtigen, daß ein Schrei der Ent-
rüstung entweder das Gesetz stürzt oder jenen Staat zu einer
Despotie stempelt. Im andern Fall ist das Gesetz so, daß es
jede Aeußerung in vertraulichem Gespräch unbedroht läßt!
Gut — dann gibt man jeglichem Agitiren die Form einer
vertraulichen Mittheilung.
Also, ihr Republikaner! wenn Ihr zur Negierung kom-
met, wenn Euch Polizei, Gefängnisse, Schaffote zu Diensten
stehen, was werdet Ihr denn machen, im Fall Euch Jemand
zuruft: Eure Republik ist Unsinn, — ich will einen König!
Vorerst, nicht wahr? — Ihr werdet Euch nicht lächerlick
machen? Ihr werdet jenem Schreier nicht sagen: Du als
Einzelner kannst herumgehen und das Herz der Majorität für
Deinen Kenig zu gewinnen suchen, so daß wir lauter Gleich-
gesinnte von Dir in die Kammern schicken, die ihn endlich auf
den restaurirtcn Thron setzen!
Oder auch: Du kannst Dich mit Deinen Gleichgesinnten
vereinen — ich will sagen als Sonnenbrüder — aber nur
nicht unter einem Namen, der Eure Absicht verräth; sür diese
Absicht kennt Ihr dann ja auch wirken!
S'bt, grade so macht es ja der große Vogel Strauß:
Rückt dem der Feind auf den Hals, so steckt derselbe den Kopf
unter die Flügel und weil er den Feind nicht mehr sieht, so
glaubt er ihn beseitigt! Ihr würdet Euch ein Polizeiverbot
gegen die staatsgefährlichen Vereinten vor die Augen halten
und obschon Ihr nichts mehr von ihren öffentlichen Versamm-
 
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