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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0713

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ganzen Großh. Baden l fl.
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die dreispalt. Petitzeile 2kr.

17«.


Bestellung wird gemacht in
Heidelberg in der Buch-
druckerei von Renner ».
Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Postämtern. Briefe
werden frankirt erbeten.

Sonntag, 2S. Oktober.

1848.

* Heidelberg, 28. Okt. Gestern haben, wir einige
Stellen aus der Rede des Batzenmannes mitgetheilt und be-
leuchtet, heute geben wir die Rede -Vogts, eines Mannes,
der eine chrenwerthe Ausnahme unter den zum Gespötte ge-
wordenen deutschen Professoren ist. Einem Manne, von dem
man mit Recht sagen kann, er ist ein deutscher Professor und
doch schlägt sein Herz fiir's gedrückte Volk, er ist ein deutscher
Gelehrter und dennoch hegt er unendliche Liebe zum Volke.
Hören wir Vogt selbst: „Laßt uns einmal, sagt Vogt bei Ge-
legenheit der Discussion über die Wiener Ereignisse, laßt uns
einmal untersuchen, ob das deutsche Rcichsministerium auch
Vertrauen verdient: Was hat es für die Freiheit gethan? Die
Gesetze über Verfolgung der Abgeordneten, über den Schutz
der Nationalversammlung, die Ausschreibung der Steuern und
Abgaben sind seine Thatcn. Auch in den Einzclstaaten ist nichts
geschehen; die Majestätsgesetze und der ganze alte Quark be-
stehet fort. Die Umkehr, die man der Linken angerathen, ist
die Rückkehr zum alten Gesetz, welches das deutsche Volk im
März zerbrochen zu baben glaubte, und setzt mit Schmerz noch
auf seinem Nacken fühlt. Den Polrzeistaat hat das Ministe-
rium gehegt und gepflegt. Es hat geglaubt, zu regieren, und
hat nur Polizei gemacht. Es hat bei der preuß. Regierung
über die Ereignisse von Coblcnz und Berlin nachgefragt, aber
nicht das österreichische Ministerium gefragt, was cs gethan,
um das Ucberlaufcn deutscher Krieger zu Iellachich zu verhin-
dern. Man hat die Aufstellung eines Truppenkorps in Thü-
ringen aus strategischen Gründen erklärt. In dem Augenblicke
aber, wo die kroatischen Horden sich den deutschen Grenzen
näherten, ist ein strategischer Punkt in Thüringen sehr übel
gewählt gewesen. Das Ministerium hat erklärt, es werbe ge-
gen Reaktion eben so kräftig einschrciten, wie gegen die Anar-
chie. Was that man, um den Umtrieben der Camarilla in
Oesterreich entgegen zu treten? Man erließ eine Note an die
freie Schweiz. Man spricht von Anarchie in Wien. Wenn
der Verrath von allen Seiten lauert, wenn man die besten
Kräfte eines Landes einem Plane hinopfert, der teuflisch ist,
wenn man ein Slavenreich an die Grenze stellt, und wenn
nirgends Hülfe zu finden ist, dann wollen Sie die Anarchie
verdammen? Wo ein Minister offen diese Pläne unterstützte,
was war da anders möglich, als an das Recht zu appelliren,
das man, wie der Dichter sagt, sich von den Sternen holt?
Als das Ziel erreicht war, kehrte man zu der gesetzlichen Ord-
nung zurück. Wenn Sie diese Bewegung verdammen, müssen
Sie auch die März-Revolution verdammen und Ihren eigenen
Ursprung verläugnen. Sie sind hier in gesetzlicher Weise ver-
sammelt. Wer hat aber dieses Gesetz herbcigeführt, als die
Anarchie? Hätte das Volk sich nicht erhoben, Sie säßen nicht
hier; Sie könnten in Ihren Kammern pctitioniren und Ihre
Courtage zeigen. Gegen jene Deputaten, die aus dem öster-
reichischen Reichstage getreten, ein besonderes Parlament nach
Brünn cinberufcn und gegen den Reichstag rebelliren, thut
das Ministerium nichts. Was würden Sie sagen, wenn aus
einem andern Reichstage eine Minorität auslräte; wenn etwa

die Linke hier nach Berlin ginge, und dort sich für das allein
gesetzliche Parlament erklärte ? Sie würden über Verrath u>
s. w. schreien. Das Ministerium erläßt Circulare an die Ein-
zel Regierungen, um sie zu Eingriffen in das Vcreinsrecht auf-
zufordern, um die Verzeichnisse der demokratischen Vereine,
ihre Mitglieder u. s. w. einzufordern. Man sollte glauben,
das Ministerium wäre plötzlich ultrademokratisch geworden, und
wolle seine Freunde kennen lernen. Gegen die Kleinen ist das
Ministerium aufgetreten im Uebcrmuthe seines Vollgefühls; wo
die Kraft sich zeigte, und die Umtriebe von Oben kamen, da
sank es in seine Schwäche zusammen. Wenn es sein Verspre-
chen hält, cre Reactiou zu bekämpfen, dann mögen Sie ihm
Ihr Vertrauensvotum geben. Sie wollen die constitutionelle
Monarchie auf breitester demokratischer Grundlage. Wenn die
Bewegung in Wien eine demokratische ist, so freuen Sie sich
doch, baß Ihnen eine Basis für Ihre constitutionelle Monar-
chie gegeben ist! Allein es gibt Leute, die wie der Gouver-
neur Laöcanzky, den Reichstag eine Pöbelherrschaft nennen.
Wenn Sie die Hand nicht bieten, um die Bewegung in ihre
richtige Bahn zu lenken, wenn Sie ein Volk, das gegen die
Camarilla aufgestanden ist, verschmachten lassen, dann wun-
dern Sie sich nicht, wenn die Bewegung demokratisch wird,
und zum Urquell aller Bewegung, zum Volke, zurückkehrt.—
Sie, meine Herren, wollen Oesterreich eine lehrende Stellung
anweisen, damit es das deutsche Element an die Sulamün-
dung trage, und wollten zugeben, daß der Panslavismus Un-
garn überwältigt und alle Donauländer unter dem Einflüße
des Kaisers von Rußland stehen! Die Freiheitsbewegung in
Oesterreich würde mit der Waffengewalt unterdrückt werden.
Machen Sie nicht, daß man von Oesterreich sage, was schon
von Deutschland gilt:
Es ist im Lande keine Stadt,
Es ist kein Dorf, deß stille Huth
Nicht einen alten Kirchhof hat,
Darin ein Freiheits-Märt'rer ruth.

Gagerns moralischer Selbstmord.
Frankfurt. In der Sitzung vom 26. October hielt
Heinrich von Gagern eine Rede im Sinne der Schwarzgelben,
in welcher er für die Loßrcißung des deutschen Oesterreichs
von Deutschland und für die Erhaltung der österreichischen Mo-
narchie in der bisherigen Form, sprach. Diese Rede aber war
so unbedeutend, daß sie nicht einmal aus die Rechte einen Ein-
druck machte, geschweige denn auf die Majorität der Versamm-
lung, wie denn auch bei der Abstimmung der Vorschlag der
Schwarzgelben mit einer außerordentlichen Slimmenmchrheit
verworfen wurde. Gagern hatte sich durch diese seine Rede
diesmal offenbar vergriffen; er hatte seiner staatsmännischen
Weisheit dadurch ein sehr schlechtes Zeugniß ausgestellt; ja er
hatte sich dadurch selber den Todesstoß gegeben. Tags darauf
betrat unter Anderen der Abgeordnete Wurm aus Hamburg,
die Nednerbühne, und wies in einem vortrefflichen Verträge
 
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