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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0831

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nommen täglich. In Heidel-
berg vierteljährig 45 kr.
Durch die Post bezogen im
ganzen Großh. Baden l st.
10 kr. Bei Inseraten kostet
die drcispalt. Petitzcile2kr.

V 2<> >.

Die Republik.

Bestellung wird gemacht in
Heidelberg in der Buch-
druckerei von Renner u.
Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Postämtern. Briefe
werden frankirt erbeten.

Samstag, 2. Dezember.

1848.

So haust die konservative Partei.
Heidelberg, 30. Nov. Herr Zimmermann aus
Spandau hat vor Kurzem in einer Versammlung von Leuten
zu Frankfurt den Antrag gestellt, es möge von Seiten der
deutschen Centralgewalt aus in Wien die Wahrheit oder Un-
wahrheit von dcu Gerüchten untersucht werden, welche über
die von den k. k. Truppen dorten begangenen Schandthaten,
Mordthaten und Brutalitäten cursiren. Herr Zimmermann
hat zur Begründung seines Antrags unter Anderem folgende
Thatsachen angeführt, die wir, obgleich sich unsere Feder
sträubt, sie nachzuerzählcn, unseren Lesern nicht vorenthalten
dürfen.
Es sind folgende Thatsachen gemeldet worden: Der Ei-
genthümer des Schütielbadcs so wie seine Ehefrau wurden in
folgender Weise getvdtet, beiden Personen wurden Hände und
Füße abgehackt, der Frau die Brüste abgeschnitten, sodann
wurden Vie verstümmelten Körper zwischen Matrayen genäht
und in diesem Zustande ins Feuer geworfen und verbrannt.
In dem Odeon, einem der großartigsten Gebäude Euro-
pas sollen sich Flüchtlinge, Verwundete in großer Anzahl be-
funden haben; dieses Gebäude wurde vom Militär in Brand
gesteckt. Als die Unglücklichen sich flüchten wollten, wurden
sie vom Militär daran gehindert. Endlich stürzte das hohle
Mctalldach herunter und führte für die in dem Gebäude befind-
lichen Personen den grausamsten Tod herbei.
An mehreren Orten, namentlich beim Hundsthurm, wur-
den Frauenzimmer mit verstümmelten Brüsten und aufgeschlitz-
tem Bauche gefunden.
Frauen, Mädchen, ja Kinder wurden geschändet und ge-
mordet.
Einem Studenten, der in die Hände des Militärs gefal-
len war, wurde die Zunge ausgeschnitten, die Lippen abgelöst
Hände und Füße abgehackt; sodann wurde ihm eine Patrone
in den Mund gesteckt, diese angezündct und so der Kopf ge-
sprengt.
Anderen Gefangenen hat man die Nase, Ohren, Hände
und Füße abgeschnitten, die Augen ausgebrannt, das Fleisch
striemenweise aus dem Rücken geschnitten und so getödtet.
Einem der Anführer der Studenten, Dr. Ludwig, schnitt
man gewisse Theile des Körpers ab, steckte sie ihm in den
Mund und schickte so die Leiche der Frau des Gctödtcten.
Viele Häuser sind vollständig abgesperrt, um die Gräuel-
scencn zu verbergen und die Spuren zu vernichten.
Dazu berichtet ein Correspondent der »Neuen Rhein. Ztg."
noch folgende Gräuclthaten.
Während mehrerer Tage hörte man rings um das Haupt-
quartier Windischgräzer'S Gewehrfeuer, unter welchem die ge-
fangenen Opfer verbluteten. Die Jünglinge der akademischen
Legion mußten zwei und zwei sich selbst ihr Grab schaufeln,
bevor sie nicdergemacht wurden; diejenigen aber, welche man
den Szeresanern überlieferte, wurden sammtlicher Kleider und

Habseligkeiten beraubt, sodann zum größten Theil mit Nägeln
an die Wände genagelt und dann in der Weife zu Tode ge-
martert, daß man ihnen die Nägel von Len Fingern ablöstc,
die Finger abschnitt und die Fußzehen mit Kolben vollständig
zerstampfte, dann die Pulsadern aufschnitt, und diese, sowie
die Handfasern mit Gewalt herausriß. Nun wurde den auf
diese Weise verstümmelten Märtyrern gemeinlich noch die Haut
abgezogen, Vie Augen auögestochen, die Köpfe rundum gedreht
und zumal an Frauen ein Kanibalismus verübt, der keine Be-
schreibung zuläßt, weil er die haarsträubendsten Phantasien
übertrifft. Ein Bajonnetstich durch die Brust machte gewöhnlich
das Ende. — An anderen Stellen wurden ganze Familien in
das Feuer getrieben und so verbrannt; der Wirth des Schüt-
telbades soll mit Frau und Kindern an einen Baum aufgehan-
gen worden sein, unter welchem dann ein Feuer angezündet
und tie Leichname gebraten wurden. Da sich sehr viele in
die Keller geflüchtet hatten, so stürzten beim Stürmen der Häu-
ser die Kroaten, Ortochaner und Szercsaner nicht nur in die
Wohnungen, wo sie Alles mordeten, sondern auch in die
Keller, aus welchen noch fortwährend Leichen hervorgezogen
werden.
So hausten die kaiserlich königlichen österreichischen Krie-
ger, so hauste im 19. Jahrhundert das Militär einer »consti-
tutioncllen" Kaisers. Wir können getrost jeden unserer Leser
dem Eindruck dieser entsetzlichen Gräuclthaten, dieser Barba-
reien und Bestialitäten die sogar über die Grausamkeit einer
indianischen Rothhartt hinausgehcn, überlassen, diese Thaten
sprechen lauter zum Gefühl jedes Menschen, als die eingrei-
fendsten Worte. Aber auf einen Punkt müssen wir aufmerksam
machen; wem, so fragt man sich unwillkührlich, wem fallen
diese Bestialitäten zur Last. Etwa jenen Thieren in Men-
schengestalt, welche sich Ortochaner, Szeresaner und Kroaten
nennen ?
Sicher nicht. — Diese Bestien, dieses zerlumpte elende
Gesindel, diese Szeresaner, Kroaten, Panduren, Hallunken
waren das selbstbewußtlose Werkzeug in der Hand ihrer Leiter,
lebendige Marterwerkzeuge, welche im Großen angewendet
werden, gegen die unglücklichen Schlachtopfer des Despotis-
mus. Es war die konservative Parte:, die Neaction, die in
Wien gehaust hat. Es war die konservative Partei, welche
in ihrer Wuth über die vom Volke angetasteten Privilegien,
in ihrer Wuth über den Versuch des Volkes, sich frei zu ma-
chen, ihre Bluthunde auf dieses arme Volk gehetzt hat.
Ja, in Wien hat die konservative Partei sich gerächt, in
Wien hat diese Partei, Vie über ganz Deutschland verbreitet,
die repräsentier rst, in den Windischgrätzern, Jeilachich, Ra-
detzky, Mannteufel, Brandenburg, Basscrmaiin, Matthv, Ga-
gern, Bckk, Welcher, Soiron und andern kleineren und größe-
ren Geistern, in Wien hat sie gezeigt wessen sie fähig ist, so-
bald sie über das Volk den Sieg errungen. Aber so muß es
kommen, dis das Volk endlich einsieht, daß jeder Staat und
jedes Stäätchen seine Windischgrätze und seine Jcllachichs hat,
so muß es kommen, bis das Volk endlich klar darüber wird,
 
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