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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0693

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Erscheint Montags ausge-
nommen täglich. In Heidel-
berg vierteljährig 45 kr.
Durch die Post bezogen im
ganzen Großh. Baden l fl.
10 kr. Bei Inserate» kostet
die dreispalt. Pctitzeile Ar.



M"' 17L. Dierrstsag, 2's. DktMer.

Bestellung wird gemacht in
Heidelberg in der Buch-
druckerei von Renner u.
Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Postämtern. Briefe
werden frankirt erbeten.

1848.

Simon's (von Trier) Rede über seine Ver-
haftnng.
Wir haben gestern Vogt's Rede über diesen Gegenstand
mikgctheilt und haben zugleich, bei Gelegenheit der Erwähnung
des Basscrmann'schcn Manövers, versprochen, auch die ergrei-
fende Rede Simon's niitzuthcilen. Hier folgt sie, wie sie die
Ncichclagszeitung gibt:
«Ich -nehme sosori neben dem Rechte der Vertheidigung
auch das Recht des Angriffs in Anspruch. Unwahre Thatsa-
chen werde ich blos als unwahr bezeichnen, gleichviel ob sie
aus Leichtsinn oder aus dem Sumpfe der Bosheit entsprungen.
Wo rst die Ursache des Aufstandes? Sie liegt einzig in der
Verläugnung der Revolution, die sich in Frankfurt und in
Wien mit blutigem Haupte hat blicken lassen, damit man sieht,
daß sie noch da ist. Die Volkesouveränetät ist auf schreiende
Weise unterdrückt, es ist bereits die Einleitung zu einem Sy-
stem getroffen worden, welches nur neue Herren ans Ruder
bringen, aber nicht die Entwickelung des Volkes will. Bereits
hat sich im Volke ein vierter Stand entwickelt, der auch hier
vertreten ist, und der sicher rächt wieder hinausgebracht wer-
den kann. Die Versammlung hat nichts für das Völk ge-
than, sie hat sich von ihm abgesperrt, und es ist nicht zu vem
wundern, wenn sie die Sympathien des Volkes verloren hat.
Vor 8 Monaten hat cs das spezifische Preußenthum ungestraft
schreiben dürfen, wer sich der Zentralgewalt füge, sei em Va-
terlandsverräther, setzt steckt man das arme Volk, das betro-
gen in seinen Erwartungen von Verrath spricht, ein.
Die Ccntralgewalt sollte das Gesandschaftswescn in die Hand
nehmen — die alten Gesandten bleiben, cs kommen neue, die
unsrigen betteln um Anerkennung. Am 6. August hat man
die schwarzrothgoldne Kokarde verhöhnen lassen und am 18.
September das darüber unzufriedene Volk mit schwarzroth-
goldnen Kanonen zusammengeschossen. Eine große Heldcnthat!
Das ist die gerühmte Basis, Nachgiebigkeit gegen die Negie-
rungen, harte Maßregeln gegen das Volk; eine große Hel-
den that ! —
Im Vorparlament hieß es, Schleswig-Holstein deutsch,
Polen frei — und setzt? Wo sind die die Früchte der da-
maligen Verheißungen d Haben wir ein Heer geschaffen, um
Wien und Berlin zum umzingeln und ganz Deutschland in
Belagerungszustand zu setzen? oder darum, um Rußland zu
fürchten, Frankreich zu ignoriren und die Schweiz zu beleidi-
gen? Wir hätten ein Staat werden können, wir sind höch-
stens eine Universität, wo langweilige Kollegien über Politik
gelesen werden. Statt die soziale Frage ins Auge zu fassen
steckt man die rothe Fahne als Schreckbild auf. Das Volt
will auch die materielle Frage gelöst wissen, und ringt sich du
Hände blutig nach den verlornen Früchten der Märzrcvötution.
Ich habe am 17. September verlangt, die Linke solle auStre
ten; aber ich bin cs auch gewesen, der, als nur 19 sich dafür
erhoben, die übrigen aufgcfordert, da sie allein auf die Sym-

pathie des Volks nicht rechnen könnten, sich desto fester an die
übrigen anzuschließcn.
Wenn man diejenigen für Verrärher des Volkes erklärt,
die gegen die Mehrheit dieser Versammlung das Volk auf-
regen, so muß ich sagen, wenn auch das Abberufungsrecht
zweifelhaft sei, so sei es doch Ehrenpflicht jedes Abgeordneten,
zu gehen, wenn er das Vertrauen des Volks, seiner Wähler,
verloren habe. Ich kann nicht begreifen, wie ein Mann von
Ehre hier bleiben kann, wenn man doch keine neuen legitimen
Köm'gssitzc schaffen will, wenn ihn sein Wahlbezirk abberufe.
(Merk's Bissmg!) Hätte Hr Baffermann das erhaltene Miß-
trauensvotum beobachtet, dann würde das Klopfen an seiner
Thüre aufhören, Las ihn Nachts aus dem Schlafe schreckt,
und worin er eine Drohung des Volkswillens fürchtet. — Ich
würde keinen Augenblick bleiben, wenn ich das Vertrauen mei-
ner Wähler verloren habe.
Hier gibt der Redner eine Kritik der Zeugenaussagen.
Wer die Todesstrafe abgcschafft wissen will, fährt er fort, der
kann auch nicht die Tödtung Wehrloser durch die Ucbermacht
billigen. Brutalitäten sind begangen worden, wo ist aber die
Quelle? die haben -sie hcrvorgerufen, die hier ein Beispiel der
Härte gaben, indem sie die Amnestie verwarfen, diese Redner-
bühne zu stürmen drohten, und einzelne anonyme Briefe an
mich, Blum re. geschrieben haben.
Es ist nicht die göttliche Gerechtigkeit, es ist die politische
Verfolgungssucht, die sich an meine Fersen heftet. — Nun, ich
habe meine politische Ehre gewahrt, mich haben Sie, wenn
Sie wollen, wich ganz und gar, meine Freiheit, selbst mein
Leben, Alles; an meiner persönlichen Freiheit ist mir nichts
gelegen. Es ist ein geringes Opfer, es ist nichts gegen die
blutigen Opfer, welche das deutsche Volk zu bringen hat!!
(Anhaltender, donnernder Beifall.)

Tagesbericht aus Deutschland
« Heidelberg, 23. Oktober. Ueber die glänzende
Feierlichkeiten am Geburtstag des „suden Königs" kommen
von überall die erfreulichsten Nachrichten. So auch aus
Erfurt:
Zu Ehren des Königs Geburtstag befahl der Comman-
dant der Gürgerwehr, Hr. Geh. Rath von Pettau, den guten
Sinn der Erfurter durch eine Parade an den Tag zu legen.
Der Tag kam, wir waren vom schönste« Wetter begünstigt,
aber ach! etwas fehlte! — O Jammer! es stellten sich nur
ein Mann bei Lieser Ehrenbezeugung ein. Ein Manu und
der Hauptmann, nebst dem Geheime Rath von Petiau. Dre
Herren sahen sich an, lächelten und gingen nach Hause.
Das ist die große Parade
Bei Erfurt in dem Feld,
Die dort ein treuer Soldate,
Und Herr von Pettau hält.
 
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