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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0357

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ganzen Großh. Baden l st.
lO kr. Bei Inseraten kostet
die dreispalt. Petitzeile 2kr.

.V» 87.



Bestellung wird gemacht in
Heidelberg in der Buch-
druckerei von Renner u.
Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Postämtern. Briefe
werden rrankirt erbeten.

Sonntag, 2. Juli.

1848.

Männer, Bürger, Brü-er!
Dio Macht- und RechtSvollkommenhcit, die Souveränetät
dos Volkes ist vernichtet, seitdem die Mehrheit der Natio-
nalversammlung zu Frankfurt den künftigen RcichSverweser
aller Verantwortlichkeit für seine Handlungen und der Ver-
pflichtung entbunden hat, ihre Beschlüsse zu vollziehen.
Die Mehrheit der Nationalversammlung hat sich damit
freiwillig einen Herrn gegeben, den das souveräne Volk
nicht anerkennt; sie hat sich zur Dienerin gemacht, da sie
herrschen konnte.
Die Nationalversammlung erfüllt nicht die Erwartungen,
welche das Vaterland von ihr zu hegen berechtigt war; sie
ist ohnmächtig!
Bürger! Ruft die Männer, welche daS Vaterland ver-
rathen wollen, zurück; einigt Euch in großen Versammlun-
gen, nehmt den volksfeindlichen Abgeordneten ihr Mandat
aus den Händen!
Republikaner! Die Freiheit geht zu Grabe, wenn Ihr
sie nicht schützt.

Männer, Brüder! Das Vaterland ist in Gefahr. Der
Feind ist mitten in unserem Lager. Auf, ihn zu verjagen!


v. Gagern Vorschub leisten. Die Republikaner sehen in ihm
blos einen unbedeutenden, alten Mann, der, wie fast alle
Greise, nicht geeignet ist, die Zukunft und das Vaterland zu
bauen.
Und einem solchen Menschen legt die Nationalversamm-
lung die Geschicke des Vaterlandes in die zitternden Hände;
der soll „der Bewahrer unserer Freiheiten" sein,
wie sich der „edle" Gagern ausdrückt, den macht die Natio-
nalversammlung unverantwortlich für seine Handlungen als
Neichsverwesender, den enthebt sie der Verpflichtung, ihre
Beschlüsse zu vollziehen. Einem so unbekannten Namen opfert
sie die Majestät, die Macht- und NechtSvollkomimnhcit, die
Souveränetät des Volkes, welcher sie ein paar Augenblicke
zuvor gehuldigt hatte. Sie, ein Kind der Revolution, ver-
läugnet ihre Mutter, sie verräth und verkauft das Volk an
einen Fürsten.
Schmach und Schande über solches Thun! Verderben
über Diejenigen, welche es wagen, ein vertrauend Volk um
Das zu betrügen, was ihm von Gottes und Rechts wegen
gehört!
Die Nationalversammlung hat sich selber aufgegeben, sie
hat sich ihrer Souveränetät entkleidet, indem sie einen unver-
antwortlichen Reichsverwescr schuf; sie vertritt nicht mehr das
Volk. Es gibt eine neue Revolution zu machen, und sie wird
gemacht werden.

Johan» ohne Land.
Was nützt es, daß der „edle" v. Gagern, der Mittler
zwischen Bock und Schaaf, den Johann Habsburg fcierlichst
zu einem Neichsverweser über Deutschland ausruft! Was
hilft es, daß bei dieser Gelegenheit die Glocken läuten uud
die Kanonen donnern! Das Volk weiß und will nichts von
dem Angehörigen eines Hauses, das sich seit Jahrhunderten
als sein Feind erwiesen hat. Höchstens die Tproler erinnern
sich noch, daß es zu den Zeiten Hofer's einen Erzherzog ge-
geben, und daß ein solcher aus ihren Bergen sich ein Weib
geholt hat. Die übrigen Deutschen kennen den neu gebackenen
Neichsverweser nicht; er besitzt kein Land in ihrem Herzen.
Die Worte:
„Kein Oestreich und kein Preußen mehr,
Ein einig Deutschland hoch und hehr,"
welche er bei der Gründung des längst verwesten christlich-
germanischen Staats ausgesprochen, sind Alles, was der
Verweser des deutschen Reichs zu seiner Empfehlung mit-
bringt. Ist eS der Mühe wcrth, daran zu glauben und zu
schießen? —
Daß ihn der Zufall in andere Windeln legte, als die
Kinder des Volks, das kann ihm höchstens bei dem „edelitt-

Tagesbericht aus Deutschland.
Gernsbach. In der Mannh. Abcndztg. zieht vor
einiger Zeit ein Korrespondent „von der Murg gegen den
Oberamtmann Oehl, den Assessor Dill und den Bezirksförster
Eichrodt zu Felde und führt noch einen Seiten hieb gegen den
abgekommenen Bürgermeister Wunsch von Obertsroth.
O, über den Undank! Sind das nicht Aus- und Ein«
fälle, die einem ordentlichen Hausmanne den Kops warm ma-
chen könnten? Wir wollen einmal diese 4 Würdenträger des
Murgthals die Musterung passiren lassen und sehen, ob wir
den Korrespondenten nicht auf die Finger klopfen können.
„An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen." Offen
und ehrlich, Herr Korrespondent, ist nicht der erste Grundsatz
aller dieser Männer die Ruhe? Ist nicht diese der Haupt-
zweck aller ihrer Reden und hie und da verkommenden Hand«
lungen? Haben sie nicht das früher „zu Sanders Zeiten" so
muntere Gernsbach durch allerlei zu rechter Zeit und am rech-
ten Orte angebrachte Kunstgriffe total umgewandelt und ruhig
gemacht?
Das leitende Prinzip des ersten unter den Vieren ist die
Ruhe, er will Ruhe um jeden Preis! Er ruht vom Mor-
 
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