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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0358

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gen bis gegen 11 Uhr, dann wieder von halb 12 bis 4 Uhr
und von halb 5 Uhr bis Alles zur Ruhe gehr Aus dieser
Ruhe ihn aufzuschrecken, ist nur hie und da einem Libera-
len gelungen; sie haben dafür gebüßt. Punktum. Aber setzt
ist es anders; mögen die Franzosen Monarchen und Monar-
chicen stürzen, die Dänen Deutschland angreifen, die Italiener
sich erheben, mögen selbst die republikanischen Schaarcn bis in
den Mittelrheinkreis dringen, denn er, er will Ruhe; das
Geprassel einer cinstürzenden Welt könnte ihn höchstens veran-
lassen — ein Protokoll darüber aufzunehmen und solches der
Regierung zur Kenntnißnahme vorzulegen. —
Wenn Sie nun auch bei dem ersten eingeschlafen sind,
Herr Korrespondent, so soll Sie der Name des zweiten,
Dill, aus dem Schlummer wecken - denn das ist ein Li-
beraler. Was, Sie reißen den Mund auf, reiben sich die
Augen und können vor Erstaunen kein Wort hcrvorbringen?!
Thut nichts, lieber Herr, ich sage Ihnen, das ist ein Libe-
raler! Aber unter uns, Freundchen, man könne sonst glau-
ben, ich wolle den guten Mann bei dec Regierung denunciren.
Acht Tage nach der Februarrevolution hat er hier in einem
Bierhause die großen, inhaltschweren Worte ausgesprochen:
„Wir Liberale müssen jetzt Zusammenhalten!" Nun, nun,
Sie lachen auch, wie die Zuhörer im Bierhause? Was kön-
nen Sic mir denn gegen diese Thatsache eigentlich aufbringen?
„Daß er noch vor kurzen Zeit die Liberalen einzeln auf
das Amt laden ließ, um ihnen die Leviten zu lesen. Daß er
vor einiger Zeit einen unbescholtenen hiesigen Bürger, der -
einer Beschädigung seines Nachbarguts angcklagt — zum er-
sten Male vor ihm erschien, mit den Worten anredete: „Aha
auch ein Liberaler." Daß er einen sehr würdigen jungen
Mann, mit dem er zum ersten Male in einer Gesellschaft zu-
sammentraf, mit dem Finger drohte, unter den ergötzlichen
Worten: Sie sind mir auch als ein Liberaler verschrieen
worden. Daß er vor ganz kurzer Zeit, vor 4 Wochen etwa
den Rath crtheilte, er solle die „liberalen Possen" bei Seite
lassen, dann werde er, der liberale Herr Dill, die Einleitung
zu dem nachgesuchten Borgvergleiche treffen, u. s. w,"
Still, ich habe genug, solchen Beweisen gegenüber muß
ich schweigen. Sie haben mich total aus dem Felde geschla-
gen, denn die übrigen Belege seines Liberalismus, z B. seine
große deutsche Cokarde am Hute, sein Ercrzircn mit der Bür-
gerwehr re. muß ich nunmehr für mich behalten. (Schl, f.)
V on der S chw e izer gränze. In den Seeblättern
wurden jüngst die Leistungen des heurigen badischen Landtags
besprochen. Zur Ergänzung derselben müssen noch einige ver-
dienstliche Beschlüsse nachgetragcn werden.
Die zum Wohl des Landes stattgehabte Gewährleistung
der Schulden der drei Fabriken haben wir vorzüglich dem neu-
gebackenen Staatsrath Mathy zu verdanken. Er erbaute sich
hiemit die erste Stufe seiner Stelle, und stellte die Prinzen
von Geblüt für die Kapitalien, welche sie etwa darin stecken
haben, sicher, auch andere einflußreiche Personen, welche hieran
betveüiget sind. Die Verfassung, treue beurkundeten die Volks-
zertrcier dadurch, daß sie den 8 59 nicht gestrichen haben.
Haben wir das Glück, mit Hülfe der Monarchen von Preußen
und Oesterreich in einem halben Jahr eine russische Provinz
zu sein, so ist doch die regierende Familie nach dem allgemei-
nen Staats- und Fürstenrccht Eigcnthümerin fämmtlicher H o f-
domänen , sowie Napoleon und Tailleyrand die mediatisirten
Fürsten auch im Besitz ihrer Bezüge und Besitzungen ließ.
Die Herren Hof-, Staats- und Gehcimeräthe behalten ihre
vollen Besoldungen vom allerhöchsten Herrscher in Petersburg
wie in Karlsruhe. Orden und Titel haben natürlich dann

einen kaiserlichen Glanz Es heißt dann Kaiserlich russisch
Großhcrzoglich Badisch Fürstlich Fürstenbergisches Bezirksamt
H. An weiten dicken Titeln sind die Deutschen noch nicht ge-
sättigt.
Die erste Kammer muß erhalten werden, damit das de-
mokratische Element nicht die Oberhand gewinnt. Die Stim-
men des Nockfahrers von Andlau und des Galgenerbauers
Klüber für das republikanische „Gesindel" könnten in einer
Volkskammer verhallen.
Unterlassen wurde, daß der imStändesaal ziemlich rostig
aussehen de Thron nicht neu von orientalischem Zeug mit Gold
dick durchwirkt, 40 Fuß hoch, neu hergestellt würbe, was ein
Mitglied hätte beantragen sollen, zur Befestigung der Monarchie
auf der koloßal breiten demokratischen Basis.
Unterlassen wurde, daß die Volkskammer den Kammer-
herren zu Darmstadt durch Erhebung von ihren Sitzen nicht
ihre Sympathie auesprach, als Letztere ihren Abscheu vor dem
Worte „Republik" aussprachen. Diese Herren wußten, daß
das Volk in einer Republik nicht des Glückes theilhaftig wird,
seinem Höchstseligen drei Jahre zum Voraus die Civilliste vor--
zuschießen, und dann dem hoffnungsvollen allerhöchsten Kron-
prinzen und Thronfolger die Schulden zu bezahlen. Unter-
lassen wurde, in einer un tc r thän i g st en Adresse auszu-
sprechen, daß die Formel der Unterzeichnung „im Namen der
unterthänigst treu gehorsamsten Kammer" noch
100 Jahre lang stehen müßte, damit die Kluft zwischen den
Volksz er treten, und dem göttlichenRecht fortan so weitbleibe,
als Karlsruhe von Pecking liegt, sofort der Großherzog alle
Rechte der Staatsgewalt in sich vereinigt und ansübt, wie
bisher, daß überhaupt alle wirkliche Zeiterscheinungen die ge-
treuen Stände in ihren loyalen Unterthanenpflickten nicht im
Mindesten gestört haben. Zugestimmt wurde: Daß das Land
zur Aufrechthalt u n g der Ruhe und Ordnung voll
deutschen Söldlingen so lange besetz« bleibe, bis die Kosacken
im Einverständniß des Gervinus „preußisch" deutschen Kaiser-
Königs, dieselben ablösen; daß, wer gegen diese Anordnung
das Maul einen VicrtelSzoll weit aufthut, verhaftet, ist er ein
Soldat, nicdcrgeschofsen wird. — Alles im gesetzlichen Wege.
— Nichts gesagt wurde über die originelle badische Preßfrei-
heit, nach welcher die Zeitungen von der Polizei beliebig weg-
genommen und von der Post nicht versandt werden dürfen.
Von allem diesem hat der besagte Artikel nichts bemerkt, dcß-
wegen die Leser hievon Kenntniß erhalten.
Ulm, 27. Juni. Die Sölber haben hier, aufgewiegelt
von ihren sogenannten Offizieren, neue Frechheiten verübt.
Während einer Versammlung, in welcher die Gründung eines
demokratische» Vereins besprochen wurde, stürzten plötzlich be-
waffnete Reiter in den Saal und hieben in blinder Wuth
auf die Anwesenden ein. Die wehrlosen Bürger mußten aus
den Fenstern flüchten. Die Zahl der Verwundeten kenne ich
noch nicht, einige sind dem Tode nahe. Alles Gereiche hat die
wahnsinnige Horde zertrümmert und überhaupt gehaust als
wäre sie in Feindes-Land. Die Erbitterung der Einwohner
kennt keine Gränzcu. Wann wird diesen Buben ihr Hand-
werk gelegt werden!
Berlin, 28. Juni. Das Auftreten des Ministers
Hansemann in der Sitzung am Montag, in welcher das neue
Ministerium zum ersten Male erschien, ist keineswegs ein glück-
liches zu nennen, und es steht fest, daß er die Cristen; des
neuen Ministeriums gleich in der ersten Stunde aufs Spiel
setzte. Die Versammlung zeigte sich sehr nachsichtig, doch ist
es wünschenswerth, daß Herr Hanfcmann nickt zum zweiten
Mal in ähnlicher Weise auftte:e, weil er sonst befürchten
 
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