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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0705

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Heidelberg in der Buch-
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Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Postämtern. Briefe
werden frankirt erbeten.

ML 172. Fveiterg, 27. Oktober*. 1828.


§ Der schwarzgelbe Batzenmann.
Der gut kaiserlich gesinnte Centraldiener Friedrich Daniel
Wassermann aus Mannheim, der in seinen politischen Flegel-
jahren „nur Himmel und Hölle kannte", ist später zu einer ar-
men Seele des Fegfeuers geworden, eines Mitteldings, das
weder im Himmel noch in der Hölle Eingang findet. Seit neue-
ster Zeit befolgt er eine politische Richtung, die in der That für
die Hölle zu schlecht ist, er, der früher begeisterte Volkömann
ist giftiger Vertheidiger des Absolutismus geworden, geifert gegen
die Preßfreiheit, gegen das VcreinSrecht und alle Errungenschaf-
ten des souveränen Volkes, er der schwarzgelbe Untcrstaatöschrci-
ber, scheint den seligen Lichnowsky an Manie gegen Vvlköfrcihcit
noch übertreffen zu wollen. Das Volk must es aber hören, wie
er denkt und redet, das Volk muß seine Freunde und Feinde ge-
nau kennen lernen. „Man kann, sagte der Ncactionsmann, den
Croatcn nicht ganz Unrecht geben, wenn sie als die Mehrzahl
sich die Herrschaft der Minderzahl nicht länger gefallen lassen
wollen." Run, wie ist es denn in Baden und den andern Län-
dern Deutschlands, wo die Mehrzahl die Republik, und nur we-
nige, denen die Monarchie etwas einträgt, beim Alten bleiben
wollen? Da muß sich die Mehrzahl der Minderheit unterordnen,
nicht wahr? Zu solchen Schlüssen kommt man Herr Wasser-
mann, wenn man bei der alten Zeit im Dienste steht.
Weiter sagt der Centralschreiber: „Die , Wiener Bewegung
ist keineswegs eine glorreiche Erhebung, sondern ein verbrecheri-
sches Unternehmen. Sie hat mit der Widersetzlichkeit eines Ba-
taillons begonnen. Was würde man in dem freien Amerika, in
Frankreich sagen, wenn die Truppen sich gegen Marschbefehle
auflehncn wollten".
Und was, fragen wir, würden die freien Amerikaner thun,
wenn ihre Regierung sie an ein anderes Volk verrathen würde,
wenn ihre Regierung fremde Näuberhaufcn ins Land riefe, um
gegen das Volk und seine Freiheit zu manövriren? Da würden
Soldaten und Bürger, Alt und Jung zusammenstehen, und der
Regent könnte seine Rechnung mit dem Himmel machen.
In einer andern perfiden Stelle seines Vortrags heißt es:
„In Wien seien die Kuninstitute nicht mehr sicher. Der Präsi-
dent des Reichstags erkläre mit 35 Collcgen öffentlich, daß die
Bcrathungen nicht mehr frei, die Gallcricn mit Bewaffneten an-
gefüllt gewesen, die ihre Gewehre auf die Bänke der Abgeordne-
ten richteten Schon am ersten Tage der Bewegung seien die
Weinkeller erbrochen worden. Die Hälfte der Bevölkerung fliehe
iu die Arme der „barbarischen" Croatcn :c.
So! also auch noch Mörder und Räuber sind die Wiener?
— O laß doch dieses Mittel unversucht „Volkömann" Wasser-
mann. Die Wiener verläumdet ihr nicht bei uns. Das Volk
ist mit den Wienern mit Leib und Seele, denn es weiß, daß sie
für seine Freiheit zu kämpfen und zu sterben bereit sind.

Die Folgen der Matcherzigkeit des Reichstags.
Der Reichstag in Wien beschließt statt des Kampfes neue
Adressen an den Kaiser zum letzten, allerletzten und alleraller-
letzten Male wie eine Kunstreiterbande. Die Ungarn haben
sich daher zurückgezogen, thcils in Folge einer russischen Note,
thcils in Folge der unentschlossenen, ja zweideutigen
Schritte des Reichstags. So ist denn Wien auf sich allein
angewiesen und hat jetzt allein den Kampf mitt 100,000 zu
bestehen, die es zu rechter Zeit, mit Ungarn im Bunde, ein-
zeln hätte schlagen, zum Thcil zu sich herüberziehcn können.
Das verdankt es dem Reichstag, der trotz aller Phrasen von
Siegen oder Sterben nicht zum Handeln kam und in seiner
mitten in der Revolution, kindischen Sucht nach dem gesetzlichen
Wege Alles auf das Spiel setzte. Wir zeihen zwar Niemand
des Verraths, aber zweideutig und total unfähig hat sich der
Reichstag gezeigt. Das Volk, das kampflustige energische Volk,
mü seinem richtigen Gefühl muß die Sache in die Hand neh-
men. Ruft die Ungarn zurück, siürzt.cuch kühn auf den Feind
und ihr werdet siegen oder mindestens mit Ehren falleu. Aber
Eile thut Noth. Vor allem aber schafft die schwätzigen und
langweiligen und schwachköpsigen Doktrinärs bei Seite, sonst
bleibt ihr gelähmt und Alles ist verloren.

Tagesbericht aus Deutschland-
" Heidelberg, 26. Okt. Die Wiener Revolution ist
in eine neue Periode getreten. Der Kaiser tritt jetzt offen ge-
gen sein Volk auf.
„Als M:ch die zu Wien am 6. October verübten Frevel-
thaten, ruft er .seinen Völkern^ zu, bewogen, eine Stadt zu
verlassen, welche der Tummelplatz der wildesten und verwor-
fensten Leidenschaften geworden war, konnte Ich Mich noch
der Hoffnung hingebcn, daß der verbrecherische Wahnsinn ei-
nes Theiles ihrer Bevölkerung nicht von Dauer sein würde.
Ich konnte von dem sonst so gesunden und rechtlichen Sinn der
Bewohner Meiner Haupt- und Residenzstadt erwarten, sie
würden selbst nach Kräften dazu beitragen, damit dem verkann-
ten Gesetze Achtung, den Verbrechern die verdiente Strafe, der
Stadt die bedrohte Sicherheit für Leben und Besitz in kürzester
Frist wieder werden möge.
Diese Erwartung ist getäuscht worden.
Nicht nur, daß cs den Urhebern des Aufstandes in Wien
gelang, die an sich gcriffenc.Gewalt durch eine Schreckensherr-
schaft, die in der Geschichte nur ein Beispiel kennt, über die
theils durch Furcht gelähmte, thcils in wilden Rausch r>n setzte
Stadt zu befestigen, und dadurch die Rückkehr zur Gesetzlich-
keit innerhalb der Mauern Wiens zu vereiteln, - auch über
diese Mauern hinaus erstreckte sich mit steigerndem Erfolge die
unheilvolle Wirksamkeit ihrer anarchischen Bestrebungen. Mit
einer im offenen Aufstand begriffenen Nachbar-Provinz wurden
hochverräterische Verbindungen angcknüpft, nach allen Theilcn
Meiner Staaten Boten entsendet, um unter dem gleisnerischer)
 
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