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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0899

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Die Republik.

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Heidelberg in der Buch-
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Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
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werden frankirt erbeten.

222. FveitsrH, 22. Dezember.

18L8

K Verschwörung -er Kamarillen
gegen -ie Votksfreiheiten
Als im Frühjahre dieses Jahres die Völker mit dem Ab-
solutismus abzurechnen schienen, fügten sich die Fürsten der
Gewalt, wenn auch mit Widerwillen. Die Absicht, bei der
ersten Gelegenheit ihre alte Macht wieder zu gewinnen, schim-
merte von Anfang an in allen ihren Maßnahmen durch. Schon
seit langer Zeit bestanden ruuer ihnen bestimmte Cottcricn, die
zwar nach einem gemeinsamen Ziele, der gemeinschaftlichen
Befestigung ihrer Macht hriiarbeiteteii, aber sich dennoch in
einer gewissen Spannung gegemibcrstanden. Der König von
Preußen hatte sich unter dem Einfluß der Königin und des
Radowitz mehr den ultramontanen conservativen Elementen zu-
gewandt. In unmittelbarer Verbindung mit ihm stand der
österreichische Hof, unter dem Einflüsse Metternichs und der
Erzherzogin Sophie, der sächsische Hof unter d<m Einflüsse der
Frau des Prinzen Johann und der damalige König v. Frank
reich Louis Philipp. Eine andere Eottcrie bildete der russische
Hof, der Prinz oder vielmehr die Prinzessin von Preußen und
die Herzogin von Orleans, woraus es erklärlich wird, vast
die Letztere, eine mecklenburgische Prinzissl», unter dem Ein-
flüsse der Prinzessin von Preußen, einer Weimarancnn, nach
ihrer Vertreibung aus Frankreich sich nach Eisenach auf wei-
marisches Gebiet begab. Wenn gleich dem Kaiser Nikolaus
noch immer ein sehr großer Einfluß auf o<n preußischen Hof
übrig blieb, so ward doch das Verhältnis; zwischen ihm uns
dem Könige von Preußen um so gespannter, je mehr Ueberge-
wicht Metternich und Rabowitz über den Letzten; ei hielten.
Die Revolution dieses Frühjahres brach herein, Louis
Philipp, Metternich, die Herzogin von Orleans, ja eine Zeit
lang auch ter Prinz von Preußen waren zur Flucht genöthigt,
ihr Einfluß, ihre Helfershelfer blieben jedoch zurück. Es galt
das Verlorene wieder zu gewinnen. Das frankfurter Vorpar-
lament versäumte die günstige Zeit , Liesen Bestrebungen einen
Damm entgegenzusetzcn und mit seinem Schlüsse begannen die
entschiedenen Schritte ter Neakt on in Deutschland. Ihre erste
Aufgabe war, sich der zusammentrctcndcn constituirenden Ver-
sammlungen zu bemächtigen, indem man die Wahl im Sinne
der Reaktion zu leiten suchte. Für die Frankfurter Versamm-
lung gelang dies, für die berliner nur theilweife, für die wiener
kam ihnen der glückliche Zufall des Kampfes verschiedener Na-
tionalitäten zu Hülfe. In Frankfurt ward daher der erste
Operationsplan begonnen. Es gelang dort durch Radowitz
einige Privilegirte des früher» Vereinigten Landtages so wie
durch die baierischen Ultramontanen ein entschiedenes Uebcrge-
wicht zu erlangen. Die nicht durch andere Mittel zu gewinnen
Waren, suchte man duch Geldmittel zu fesseln. Die Uebertra-
gung der provisorischen Centralgewalt an den Erzherzog Jo-
hann von Oesterreich, und die Ernennung des ehemaligen
Bundestags-Gesandten, Freund und Schüler Metternichs,
Schmerling zum Präsidenten und Minister des Innern im

Rcichsministerium waren die ersten Erfolge. Die zu Gebote
stehenden Truppen der einzelnen deutschen Staaten wurden
unter dem Titel einer Reichsarmee verwandt, um alle freier«
Regungen in Deutschland namentlich in den kleinen Staaten
zu unterdrücken. Als der Erfolg in Frankfurt gesichert war,
galt cs die Freiheit der beiden größern Staaten Oestreich und
Preußen zu unterdrücken, um dort den den Absolutismus wie-
der entschieden einzaführcn. Wir übergehen die Geschichte der
Neaction in Oesterreich, ne dortigen Jnkriguen, das jverräthe-
rische Spiel in Ungarn, die Scheußlichkeiten in Wien, Prag,
Mailand und Lemberg; die unglücklichen Ausgänge sind hin-
länglich bekannt. Wir wenden uns Preußen zu.
Zu den beiden Parteien am Hofe zu Berlin, die wir
oben tchon erwähnten, der des Königs und der des Prinzen
von Preußen kam nach dem 19. März noch eine dritte hinzu,
die des Prinzen Carl, welche sich alle drei entschieden verfein-
deten und sorgfältig bewachten. Prinz Karl und seine Anhän-
ger mochten wohl die Gewißheit haben, der König und der
Prinz von Preußen seien durch die Begebnisse des 18. und
19. März auf die Dauer unmöglich geworden, auf ihm oder
vielmehr seinem Sohne, beruhte denn nach ihrer Ansicht die
einzige Hoffnung des preußischen Hauses. Eine Hinneigung
zur Demokratie schien ihnen am Besten dazu zu verhelfen.
Ohne bedeutende Geldmittel blieb die Partei machtlos. Der
Prinz von Preußen, mächtig durch seine Verbindung mit
Rußland, und daher fli- ßenden Geldmitteln, hofft ebenfalls auf
Vie Unmöglichkeit des Königs; wiederholte, kleinere Emeuten
ohne bestimmtes Resultat, beständige Unruhen im Lande bilde-
ten den letzten Weg, nn König zur Abdankung zu zwingen
und den Thron selbst zu besteigen. Ein großer Theil der
Armee und die größeren Grundbesitzer Preußens hingen ja
entschieden an dem Prinzen. Verbindungen mit einzelnen Füh-
rern der demokratischen Partei wurden wiederholt versucht, um
das Proletariat mit der Aristokratie gegen die Bourgeoisie zu
verbinden und so zur Herrschaft zu gelangen.
Die Partei des Königs endlich, geführt durch Radowitz,
suchte nur in einem entschiedenen Schritte ihr Heil; den gün-
stigen Zeitpunkt aufzusuchen, war die Hauptaufgabe. Der 18.
März hatte das Ministerium in die Hände der Bourgeoisie
gebracht. Camphausen hatte nicht Thaikraft und nicht festen
Willen genug, durch energische Maßregeln die Herrschaft der
Bourgeoisie zu sichern. Dem allzu demokratischen Element der
Mehrheit der preußischen Volksvertretung gegenüber, zog er
sich zurück, ohne sein Andenken noch durch Eine entschiedene
Maßregel verewigt zu haben. — Es folgte das Ministerium
Auerswald oder vielmehr Hansemann. Die Reaciiou begann
ihr Haupt noch höher zu erheben und die Hofparldi ihren re-
activnären Schlag vorzubereiten. Wir sind fest überzeugt, Laß
die große Mehrzahl der Mitglieder dieses Ministeriums im
guten Glauben stand, und von der Bewegung der Reaktion
nichts ersah, zumal da das Kriegsministcrium und das Mini-
sterium der auswärtigen Angelegenheiten, welche hauptsächlich
die Heerde dieser Bestrebungen bildeten, beinahe gänzlich aus-
 
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