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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0377

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ganzen Großh. Baden I fl.
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die dreispalt. Pctitzcile 2kr.



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Heidelberg in der Buch-
druckerei von Renner u.
Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Postämtern. Briefe
werden frankirt erbeten.

kV- »2.

Samstag, 8. Juli.

18L8.

Von Kriegsknechten zu Roß und zu Fuß
3. Kapitel.
(Gut zu lesen für Offiziere.)
Es gibt in der Gesellschaft eine eigene Klasse von Men-
schen, die man Offiziere nennt. Die bekannteste Spielart der-
selben ist der Lieutenant. Sehet ihr Jemand über die Straße
gehen, der einen Säbel an der Seite trägt, oder wo möglich
rasseln läßt, die Nase hoch in der Luft, im rechten Auge ein
Stück Glas eingeklemmt, blanke Köpfe auf dem Nock und ein
glänzendes Ding auf den Schultern, das bestimmt ist, die
Brust recht breit erscheinen zu lassen; seht Ihr überhaupt ei-
nen Menschen mit zweierlei Tuch am Nock, geputzt wie ein
Aeffchen, so habt ihr einen Lieutenant vor Euch, ver seinem
Obersten die wichtige Nachricht bringt, daß es nichts Neues
gebe. Der Lieutenant ist das Bild eines Offiziers im Allge-
meinen, nur mit dem Unterschied, daß die anderen älter sind
als er. Der Offizier ist in der Regel von hochadeliger Ge-
burt. Er hat in der Regel wenig gelernt, und bedarf dessen
auch nicht; er braucht blos gerade Glieder zu haben.
Ein junger Mensch, der 16 Jahre und 16 Ahnen zählt,
wird mit dem Portepee geschmückt oder cs wird ihm schon in
die Windeln gelegt, und er ist dann sein Leben lang in die
Haustracht eines Menschen gewickelt, der sich von Gottes
Gnaden geboren glaubt, muß auch mit der Zeit nothwcndi-
gcrweise vorrücken, d. h. Hauptmann oder Oberst werden, und
hat nicht nölhig sich darum eine andere Mühe zu'geben, äus-
ser die, daß er am Leben bleibt.'")
Einem Sohn des Volks gelingt es selten, und erst seit
neuerer Zeit manchmal, sich bis zur hohen Würde eines Lieu-
tenants emporzuschwingen oder auch nur den „Charakter" ei-
nes solchen zu erringen. Bringt es rin solcher aber auch
durch hervorragende Kenntnisse oder bcsondern Heidenmuth bis
dahin, so wird er doch stets ein Fremder unter seinen
Mitgenossen bleiben, und von diesen stets über die Achsel an-
gesehen werden. Der Offizierstand ist heute noch was er frü-
her war, fast ausschließliches Eigenthum des Adels, eine
wahre Versorgungsanstalt für denselben. Und wie der Fürst
vom Volke, so ist der Offizier von den „gemeinen Soldaten"
Lurch eine unübersteigliche Kluft geschieden. Das Kind des
Landmanns darf sich nicht unterstehen, in die Gesellschaft ei-
nes Offiziers zu gehen; nie wird sich ein solcher herablaffen,
mit einem Gemeinen über etwas Anderes, als über Dienstan-
gelegenheiten zu reden. Die Herren Offiziere bilden eine un-
ter sich abgeschlossene Kaste, zu der kein Talent, nur der
Stammbaum Einlaß verschafft.
Man sollte nun meinen, in so vornehmen Kreisen wer-
den die höchsten Fragen deS Lebens verhandelt, die der be-
schränkte Untcrthancnvcrstand nicht zu fassen vermöge. Keine
Spur davon.

") Von diesem und dem später Gesagten gibt es jedoch, um ge-
recht zu sein, sehr ehrenwerthe Ausnahmen. D. Red.

Ist der zweit- oder dritt-geborene Sohn einer adeligen
Familie, wie cs das Herkommen will, zum Anführer fürstli-
cher Söldner geworden; ist er zu der Würde gelangt, welche
keine Prüfung erfordert, als die des Stammbaums: ist der
Sohn berühmter Voreltern in den Umgang von Leuten ge-
treten, welche gleich ihm silberne und goldene Verzierungen
an sich herumschleppen, so tritt er auch in ihre Fußtapfen, d.
h. er trinkt und spielt, reitet, fährt und tanzt und läßt sich's
wohl sein. Das äußere Auftreten wird sein Höchstes. Die
Art den Säbel oder den Handschuh zu tragen, bildet sein
tägliches, fast einziges Studium, und wo der beste Schneider
wohnt, das weiß der junge Krieger aufs Beste anzugeben.
Hauptsache für ihn ist auch noch allen halbwegs hübschen,
vorzüglich aber reichen Mädchen den Hof zu machen, denn
der Offizier braucht Geld und zwar viel Geld; denn der Of-
fizier hat Schulden, das gehört zu seinem Stande. Weiber,
Kleider, Noffe und Hunde bilden daher die Gegenstände der
Unterhaltung unter seinen Genossen. Nebenbei kommt viel-
leicht noch zur Sprache, wie man eine kleine Abtheilung Sol-
daten drcffirt, — diese Dinge füllen das Dasein eines Offi-
ziers aus. Er ist, um Alles zusammenzufassen, ein Geschöpf
dec Gnade seines Fürsten, ein Werkzeug in der Hand eines
Höheren.
Ist es da ein Wunder, daß der Offizier der bereitwil-
lige Diener der Gewalt ist? Mit was sollte er, der (We-
nige ausgenommen) nichts oder doch nur sehr wenig gelernt
hat, sich fortbringcn, wenn er entlassen würde? Und hat er
nicht beim mindesten Versehen gegen den seinen: Herrn, dem
Fürsten schuldigen Gehorsam zu befürchten, daß er weggeschickt
wird? Er muß also Alles thun, was man von ihm verlangt,
dafür ist er Offizier, dafür trägt er die Hausfarbe seines Ge-
bieters.
Und wahrlich, die Offiziere zeigen sich besonders in neue-
rer Zeit äußerst willfährig, wenn es gilt, dem Geist der Zeit
entgegenzutreten, der da ist der Geist der Freiheit. Sie spa-
ren weder Geld, noch Mühe, noch Zeit, wenn cd gilt, diesen
Geist zu bannen. Diese lächerlichen Leute führen Krieg mit
dem Gott der Welt. Sie Hetzen ihre Untergebenen zu Roh-
heiten und Grausamkeiten gegen das Volk, sie entfesseln alle
Leidenschaften in den Gemüthcrn der Soldaten, und führen
sie zu Felde gegen die Gedanken, welche die Gegenwart er-
schüttern. Hinter ihren Unteroffizieren versteckt, veranlassen sie
größtentheils die Gräuel, welche in letzter Zeit das badische
und andere Länder befleckt haben. Die Unteroffiziere, von
welchen in unserem vorigen Kapitel die Rede war, sind blos
die Werkzeuge, die Hände solcher Heldenthaten - die Urheber
sind Offiziere. „Sobald sich Jemand herausnimmt, den Hek-
ker leben zu lassen und die Republik zu loben", sagte neulich
ein Solcher zu seinen Flintenmännern, „so schlagt ihn ohne
Weiteres auf den Kopf, es geschieht Euch nichts "!
Und solchen Menschen soll das Volk seine Söhne anver-
trauen! Während der Offizier sich berufen fühlen sollte, das
 
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