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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0197

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Die Republik erscheint
täglich. Preis in Heidel-
berg vierteljährig 45 kr.
Durch die Post bezogen im
ganzen Großh. Baden l fl.
10 kr. Bei Inseraten kostet
die dreispalt. Pctitzeile 2kr.

Die Republik.

M «7.

Samstag, 2tt. Mat.

Bestellung wird gemacht in
Heidelberg in der Buch-
druckerei von Renner n.
Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Postämtern. Briefe
werden frankirt erbeten.

1848.

Heidelberg, 19. Mai. Mehrere öffentliche Blätter
enthielten dieser Tage eine Erklärung der bei dem Gefecht bei
Kandern anwesenden hessischen und badischen Offiziere, worin
sie die Darstellung von Hecker über das tragische Ende Ga-
gcrns zu widerlegen und zu entkräften suchten, indem sie wie-
derholt jenes Ereigniß als einen Meuchelmord darzustellen
suchen; es kommt uns soeben die Erklärung eines anderen
Augenzeugen zu, die wir ohne alle Bemerkung hier abdrucken:
GrkLärnng.
Ueber die in neuester Zeit in Baden stattgehabte republi-
kanische Schilderhebuug jagen sich in bunter Reihe durch alle
Berichte, deren Unwahrheit meist nur durch die Lächerlichkeit
derselben überboien wird. Doch mein Zweck ist es nicht, gegen
offizielle Nebertreibung, oder gar soldatische Prahlerei aufzu-
treten, denn die Gaskonaden eines Obersten Hinkcldei u. s.
w. können nur das Lächeln eines Augenzeugen erregen, oder
ein leichtes Nasenrümpfen bei Männern, die aus der Dar-
stellung des Berichterstatters selbst ersehen müssen, daß der-
selbe jedenfalls nicht in erster Reihe bei dem Kampfe, den er
so cäsarisch beschreibt, betheiligt gewesen sein könne. Hört
aber die Lüge auf lächerlich zu sein, wird sie boshafte, be-
rechnete Verläumdung eines unglücklichen, ehrenhaften Gegners,
dann wird es Pflicht des Mannes, das Stillschweigen der
Verachtung zu brechen. Ja, hohe Pflicht wird es, die Wahr-
heit offenkundig zu machen, um der heiligen, hehren Sache
willen, die man in ihren Verfechtern zu beschimpfen trachtet;
Pflicht wird es, gegenüber den Verläumdeten; Pflicht gegen-
über dem gesammtcn deutschen Volke, dessen gewiß nicht un-
würdigste Söhne man mit dem Makel überlegten, feigen
Meuchelmords aus schnödem, giftigem Parteihasse brandmar-
ken will. Ich spreche hier von dein niederträchtigen Vorwurf,
der trotz anfänglicher Widerlegung aufs Neue austaucht, als
hätten die republikanischen Wehrmänner vor dem Gefechte ob
Kandern den General von Gagern erschlagen, während er
von einer wohlwollenden Unterredung mit Hecker zu seinen
Truppen zurückgekchrt sei. Diese entsetzliche Beschuldigung,
von der sogar die Säle der Abgeordneten in Karlsruhe und
Frankfurt wiederhallen, enthält die Karlsruher Zeitung in
Gestalt einer Aussage des Reitknechts des v. Gagern, einer
Aussage, die jener Elende sogar eidlich zu erhärten sich er-
bietet. Ich glaube diese lügnerische Angabe durch nichts leich-
ter entkräften zu können, als durch einen gedrängten Bericht
des Herganges bis zum Falle des General v. Gagern. Für
die Nichtigkeit meiner Aussage verpfände ich mein Höchstes,
meine Ehre, und sollte es, was ich nicht glaube, noch nöthig

sein, durch Zeugen den Beweis zu vervollständigen, so würde
es mir leicht werden, für jedes meiner Worte Dutzende zu
finden, die selbst eidlich mir beistimmen müßten. Ja, selbst
in den Reihen der Hessen, die ich nur mit Bedauern Feinde
heißen kann, würden sich zahlreiche Zeugen für mich finden
lassen. Zur Sache:
Nachdem der Regierungskommissär Stephani auf seine
Aufforderung zur friedlichen Heimkehr von den unter meinem
Kommando stehenden Wehrmännern eine abschlägige Antwort
erhalten hatte, zog ich langsamen Schrittes Len Nachtrab des
republikanischen Heeres aus Kandern zurück, und rettete nur
mit Mühe die fast zu spät mit Bespannung versehenen Ka-
nonen und Wagen aus den Händen der uns auf crwa 120
Schritte Zwischenraum nachfolgenden Truppen. Der Anfüh-
rer Willich war bereits mit dem Vortrabe und Mitteltrcffen
Len hinter Kandern liegenden Berg hinaufgezogcn und stellte
sich am Eingänge des ziemlich engen Passes,. durch den sich
die Straße von Kandern zwischen Wäldern hinzieht, in Schlacht-
ordnung. Während dieser Vorkehrung ließ v. Gagern Fried-
rich Hecker, den Obmann des Landes aus schuffes, zu einer
Unterredung auf die Brücke vor Kandern bitten, welchem
Ansuchen dieser auch entsprach, und gefolgt von Willich, Mög-
lin und mir, m-t unseren Adjutanten, dorthin sich begab.
Wenige Schritte von Hecker entfernt, konnte ich jedes Wort
verstehen, das von Gagern in polternder, rauher Weise zu
ihm redete. Waffenniederlegung war des Generals erste For-
derung und jede Unterhandlung oder Bedenkzeit wurde aus-
geschlagen, ja nur mit Mühe erlangte Hecker so lange Frist,
(10 Minuten) um seine Truppen zu erreichen, denn Gagern
wollte ihm „auf den Fersen folgen." Namentlich bleibt
mir unvergeßlich, wie Gagern mit barschen Worten sprach:
"Herr Hecker, Sie sind ein gescheidter Mann, ein braver
Mann, aber Sie sind ein Fanatiker." Nach dieser unerquick-
lichen Unterredung vor den in Schlachtordnung ausgestellten
Truppen gingen wir zu unfern Reihen zurück, die sogleich
ihre der Artillerie etwas erponirte Stellung räumten, und
langsam die Bergstraße hinaufzogcn, kaum durch einen Zwi-
schenraum von 100 Schritten von den Hessen getrennt. Auf
der Höhe des Paffes, Scheidegg genannt, angekommen, war
die Nothwendigkeit einer Aufstellung und Gegenwehr, im
Falle wir wirklich von den Soldaten ernstlich angegriffen wer-
den sollten, auf das Ueberzeugendste geboten, wenn wir nicht,
den Feind auf dem Rücken, mit unseren ungeübten Truppen
in ungünstigem Terrain dem sichersten Verderben entgegen
gehen wollten. Willich nahm daher sogleich eine Stellung,
die aber, sei es aus Mißverständniß, sei es aus Uebereilung,
eine total fehlerhafte wurde, indem eine dichte Kolonne Sen-
 
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