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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0401

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Berner; auswärts bei
allen Postämtern. Briese
werden frankirt erbeten.

N8.

Samstag, iS. Juli.

1848.

Von -en Aussichten der deutschen Republika-
ner im Falle eines Krieges.
Schon ein oberflächlicher Blick auf die Verhältnisse des
Vaterlandes und des ganzen Europa muß uns den Ausbruch
eines Krieges in nächster Nähe zeigen, und ebenso kann "Nie-
mand entgehen, daß unsere beachtcnSwerthesten Gegner Ruß-
land und England sein werden.
Das letztere wird, so weit cs an ihm liegt, niemals zu-
geben, daß die Deutschen sich denjenigen Grad von Freiheit
erringen, welcher der menschlichen Natur und dem Geist der
Zeit angemessen ist. Dieser Krämersiaat würde seinen Handel
in gefährlichster Weise bedroht sehen vurch den Aufschwung der
Industrie, welcher die Einführung einer Republik in Deutsch-
land noihwcndigerweise begleiten müßte. Schon jetzt, da für
Erbauung einer deutschen Flotte erst Geld zusammengebcltclt
wird, gerathen die Engländer in ernste Besorgiiiß und fürchten,
die schwarz roih-golbne Flagge möchte ihre Fregatten aus den
Meeren verdrängen, welche sie seit langer Zeit als ihr unbe-
streitbares Eigenihum auzusehen gewohnt waren. Nicht ohne
Grund. Sie gedenken wohl noch der Zeit, in welcher die
Hansa, ein Bund freier deutscher Städte, im Reiche Neptuns
fast dieselbe Nolle spielte, wie die Engländer der Jetztwelt,
nnd sie wissen, daß wieder kommen kann, was einmal da ge-
wesen rst. Darum bieten sic die Hand zu Len finstern Planen,
welche der verjagte König der Franzosen mit Metternich, Gui-
zot und dem Kartätschen-Prinzen zu Claremont ausgehcckt ha-
bcn. Ihr Geld wird eine furchtbare Wage gegen uns abge-
bcn, wenn cs zu einem Kriege kommt, zehn Mal furchtbarer,
als ihre Söldner, angeworbcncs Volk, meist Gesindel, blos
bestehend aus dem Auswurf der Nation, und allein zusammen-
gehalten durch die Baute der strengsten Mannszuchl. Die
britischen Truppen würden sicher gegen ein republikanisches
Heer, das für sein Vaterland und seine Freiheit kämpft, wenig
oder gar nichts ausrichten, und die Geschichte der neueren Zeit
hat dieß an so vielen Beispielen und so schlagend dargcthan,
daß wir uns füglich weiterer Beweise enthalten können.
Die zweite Macht, welche in der Reihe unserer Feinde
in Betracht kommt, ist Rußland. Dieser Coloß hat uns Be-
wohnern des Festlandes eine Hceresmacht cntgegenzustellcn, wie
keine andere auf Erden sich findet. Im Norden und Süden
tritt es uns in geschlossenen Massen entgegen; an der Grenze
von Polen, wie an denen der Donaufürstciuhüiner und in
Dänemark streckt es seine gierigen Arme aus, um uns zu er-
drücken. Verbündet mit den skandinavischen Herrschern führt
Nikolaus seine Sklaven-Hordcn gegen uns heran, und auch
zur Sce ist er mächtig genug, um uns jeden Tag auf's Neue
verwünschen zu lassen, daß unsere Fürsten rein gar nichts für
unsere Schifffahrt gcthan, sondern das Geld für solche in ihre
ewig leeren Taschen gesteckt haben. Aber der russische Riese
kann blos aus der Ferne betrachtet, Furcht einflößen. In
der Nähe schwindet er auf unbedeutendere Verhältnisse zusam-
men. Die freien Bergvölker im Kaukasus führen mit ihm

seit Jahren Krieg, und noch ist es ihm nicht gelungen, sie zu
unterjochen. Das macht der Geist der Freiheit, der da ist der
Geist Gotte'S, der himmelhoch nnd über den stehenden Was-
sern des Absolutismus, io gut als über denen der konstitu-
tionellen Monarchie schwebt. Wenn der ganze waffenfähige
Theil der deutschen Nation, einer Nation von 45 Millionen
gerüstet und bereit ist, sich auf einen Feind zu stürzen, so müs-
sen wir unzweifelhaft den Sieg über jeden Gegner davontra-
gcn, der es wagt, sich mit uns einzulassen. Man wird viel-
leicht sagen, daß nicht Alle dazu bereit seien? Wer sind aber
Diejenigen, welche Zurückbleiben, wenn eS einen Kampf der
Freiheit gegen die Knute gilt? Wir glauben nicht, daß eS
die Majorität des deutschen Volkes sein werde. Ist die deutsche
Nation frei und waffengerüstct, so werden freie Völker für uns
Sympathien haben und Despoten werden uns aus Furcht in
Frieden lassen.
Die freien Völker, welche gegen alle fernere Unterdrük-
kung gemeinschaftliche Sache machen zu wollen erklärt haben,
sind Frankreich und die nordamerikanischen Freistaaten. Wir
haben in ihnen Verbündete, mit deren Hilfe wir im Stande
find, alle Mächte der Erde zu bewältigen und wir bedürfen
vor der Hand noch solcher Verbündeten, da die Träger der
Kronen Preußen und Oesterreich auf's Eifrigste bemüht find,
uns nicht blos die Errungenschaften der letzten Monate zu ver-
kümmern, sondern die frühere Knechtschaft zurückzuführen. Sie
und ihre 34 kleineren Genossen bieten Allem aus, um dem
Volke auf's Neue seine Souveränctät zu entreißen, und mir
ihrer alten Wirtschaft eine neue Tyrannei an deren Stelle
zu setzen. Die Mittel, welche sie zu Erreichung dieser schlim-
men Absichten in Händen haben, sind groß genug, um uns
dringend zu entschiedenem Auftreten, zu festem, innigem Zu-
sammenhalten aufzufordcrn. Ist auch Oesterreich im Begriff,
sich in seine einzelnen Theile aufzulöscn, hat auch der Preußen-
häuptling alle Hände voll zu thun, um in seinem Hause einige
Ruhe zu erhalten; mag er auch durch unbesonnene Schritte
das Vertrauen verloren oder nie besessen haben, welches zu
Befestigung und Erhaltung des Thrones nöthig wäre, mag
auch der Kartätschen - Prinz dem preußischen Volke für seine
Zukunft keine bessere Garantie bieten, als sie der Mann in
Potsdam leistet; mag auch in ganz Deutschland, so gut als
in den bisher aufgeführten Thcilen desselben die Zahl der
Republikaner mit jedem Tage wachsen — immer noch stehl
den Fürsten des von ihnen zerrissenen Vaterlandes eine Menge
Hilfsquellen offen und sie zögern nicht, sie zu benützen und
sich gegen den eigenen Untergang zu wehren bis auf's Acus-
serste.
Darum gilt es zwar vorerst und allermeist eine genaue
Verbindung der Republikaner unter sich, wie solche in den
Demokraten-Vercinen geboten ist, sodann aber eine Allianz
mit Frankreich und Nordamerika zu schließen. Wir wollen
unser Heil zunächst im eigenen Arm suchen, aber diejenigen
Maßregeln nicht außer Acht lassen, welche den Erfolg unserer
 
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