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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0509

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Durch die Post bezogen im
ganzen Großh. Baden l st.
<<> kr. Bei Inseraten kostet
die drcispalt. Pctit;cile2kr.



Bestellung wird gemacht in
Heidelberg in der Buch-
druckerei von Renner n.
Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Postämtern. Briefe
werden frankirt erbeten.

.V. ISS.

Donnerstag, 31. Angnst.

18Ä8.

67. Sitzung der konstituirenden Nativnal-
versnuiinlunn-
Montag den 28. August 1848.
Nach Verlesung des Protokolls, welches ohne Reklamation
genehmigt wird, übergibt Teichert eine Interpellation des Ma-
rineausschusses an das Ministerium des Innern, die in Ham-
burg ausgerüsteten Schiffe betreffend. Nachdem Rießer einen
Gesetzentwurf über Unverletzlichkeit ter Mitglieder der Natio-
nalversammlung verlesen, Murschel den Bericht des Ausschus-
ses fü-' Geschäftsordnung, die Ergänzung der Ausschüsse bctr.,
angezeigt; Zachariä aus Göttingen im Namen des völkerrecht-
lichen Auc-schures über mehrere Eingaben berichtet, beschließt
die Versammlung auf eine Beschwerde der preußischen Offi-
zierc in Luxemburg, die Verweigerung dcrThcilnahme an den
Wahlen zur Nationalversammlung, sogleich zu berothen und
nimmt den Ausichußantrag, diese Eingabe dem Verfassungs-
ausschuß als Material zu einem künftigen Wahlgesetz zu über-
weisen, an. Ein Gleiches.geschieht mit einer Eingabe des
Landwchrvereins für Schlesien, das Schicksal der in die Pari-
ser Junicreigniffe verwickelten Deutschen betrefft.; man erklärt
die Sache durch die Aeußerungen des Ncichsministers v. 25-
für erledigt. Weiter berichtet Cneu muck für denselben Aus-
schuß über mehrere Petitionen, Entschädigungen für Verluste,
tzerbeigeführt durch den dänischen Krieg betr.; sie werden, wie
frühere gleichen Inhalts, in Gemäßheit eines Beschlusses vom
11 d. M-, an die Zentralgewalt verwiesen. Ferner wird ein
Bericht desselben Ausschusses mitgetheilt, die bekannte Erklärung
des preuß. Ministers v. Auerswald betr., es wird darin mo-
tivirtc Tagesordnung beantragt, indem zugleich die Erwartung
ausgesprochen ist, die Zcntralgewalt werde den einzelnen Ne-
gierungen gegenüber die Einheit Deutschlands zu wahren wis-
sen*). Nach einigen andern Berichten geht man zur Tages-
ordnung über, Berathung des Artikels 13 der Grundrechte:
Durch das religiöse Bekenntniß wird der Genuß der
bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte weder bedingt,
noch beschränkt. - Den staatsbürgerlichen Pflichten darf
dasselbe keinen Abbruch thun.
Es sind hierzu eine lange Reihe von Anträgen cingegan-
gen, welche der Präsident verliest. Die Diskussion beginnt;
Kauz er, welcher für den Entwurf spricht, weil er den staats-
kirchlichen Privilegien ein Ende machen werde. Doch solle
der antichristliche Staat nicht eben so in die Einrichtungen der
Kirche cingreifen, wie früher der christliche, sondern sie frei
sich selbst entwickeln lassen. Alle Privilegien sollen aufhören,
alle Bekenntnisse gleichgestellt werden. Doch warnt er vor
den hohen geistlichen Herrn, welche die Freiheit der Kirche
nur wollen, um mit unumschränkter Willkür ihre Tyrannei
auszuüben.
Martens bcvorwortct sein Amendement:
„Wegen der Befreiung vom Kriegsdienste wegen reli-
*) Warum hat man dem König von Hannover gegenüber so
ganz andere Anträge gestellt und angenommen? Weil er kein —
Preuße ist.

givsen Glaubensbctz'.i n wird das über die Wehr-
verfassung zu erlasse-.!le nähern Bestimmungen
enthalten."
in Berücksichtigung der M noniteu und deren wohlerworbenen
Rechte, die ihnen wenigstens in Preußen Militärsreihcit zu
Thcil werden ließen.
Adams, Barth und Mohl sprechen über einzelne An-
träge, von denen der Mohl'sche die Verhältnisse der Israeliten
durch ein Neichsgcsetz regeln und ihnen unter übrigens sehr
engherzigen Auffassungen doch mindestens die aktive und pas-
sive Wählbarkeit gewähren will. Sein Ausspruch, der Bauer
sei verloren, in dessen Haus der Jude einmal einen Fuß ge-
setzt, so Wie ähnliche andere, erwecken so lebhafte Zeichen von
Mißfallen, daß der Präsident einschreiten muß.
Bereits vor ihm hatte Reichsfinanzminister v. Beckcrrath
dem Martens'schen Antrag als unzeitmäßig widersprochen;
nach ihm sprach Rießer, um mU laulem Beifall, mit edlem
Feuer Mohl im Namen des Judenchums, dem er durch die
Geburt angehöre, zu widerlegen. Die Erfahrungen, die man
in Würtemberg, Baiern und Preußen gemacht, werden vom
Redner zusammeugestcllt, um die Unbaltbarkeit der Mohl'schen
Behauptungen darzuthun, der mit Entschiedenheit Abschaffung
aller Ausnahmegesetze «und Herstellung einer vollständigen
Gleichheit zwischen allen Bekenntnissen als eine unerläßliche
Forderung der Zeit verlangt.
Auch Osterrath erklärt sich in diesem Sinn für Dul-
dung (Zuruf: Nicht Duldung, Freiheit!) und geht dann auf
den MartcnS'schen Antrag über, den er unterstützt. Scho-n
früher war mehrfach nach Schluß gerufen worben; der Ruf
wiederholt sich verstärkt, als v. Linde die Ncdnerbühne be-
trat. Indessen beschließt die Versammlung, ihn zu hören.
Sein Vortrag war eben so lang und eben so — aufregend,
als der am vergangenen Freitag gehaltene. Ec erklärt eben-
falls die Juden nicht für einen abgesonderten Volksstamm,
sondern für eine Sekte, und verlangt ebenfalls Aufhebung al-
ler Bevorzugungen und Privilegien, so wie vollständige Gleich-
stellung aller Bekenntnisse.
Nh ein wald bevorwortet seinen Antrag: der Orden
der Jesuiten, Ligorianer, Redemptoristen ist für alle Zeiten aus
dem Gebiete des deutschen Reiches verbannt. Indem er zu-
nächst darthut, daß diese Bestimmung zu 8. 13, nicht zu §.
23, wie andere gewollt, gehöre. Die Erfahrungen, welche er
in der Schweiz über die Umtriebe der Jesuiten gemacht, das
Unglück, was sie dort in Verbindung mit ehrsüchtigen Staats-
männern über das Land gebracht, hätte in ihm den Wunsch
hervorgerufen, sein Vaterland vor ähnlichen Umtrieben zu be-
wahren, dies sei der Zweck seines Antrags. Der Redner
schildert die Organisation, die Verbreitung, die Zwecke und die
Mittel des Jesuitenordens, unter wiederholtem Zischen und
Lärmen, feiten der Ultramontanen, worin sich besonders Vogel
von Drillingen auszeichnet.
Reichensperger schlägt vor, die Anträge, W : .
auf das Verbot bestimmter Gelübde oder Orden gerichtc- nd,
 
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