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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0253

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Die Republik erscheint
täglich. Preis in Heidel-
berg vierteljährig 45 kr.
Durch die Post bezogen im
ganzen Großh. Baden 1 fl.
lO kr. Bei Inseraten kostet
die dreispalt. Petitzeile 2kr.

»ir «1.

Die Republik.
Montag- S. Juni.

Bestellung wird gemacht in
Heidelberg in der Buch-
druckerei von Renner u.
Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Postämtern. Briefe
werden frankirt erbeten.

1848.

Aus Baden.
Aus dem obern Rheinthal, 25. Mai. (Seebl.)
Seit Heckers Stimme nicht mehr in der zweiten Kammer ge-
hört wird, ist dieselbe wie ausgestorben, ein todter Körper
ohne Geist und Seele. Die Mittelmäßigkeit macht sich nun
wieder breit und dick und ertönt wie eine Stimme aus der
Wüste, wenn der eine oder der andere Abgeordnete mit schüch-
terner Befangenheit es wagt, die republikanische Schilderhe-
bung des badischen Volkes damit zu entschuldigen, daß die
Beamten durch ihr Benehmen und die Bedrückung des Bürger-
standes den Haß des Volkes erregt hatten. Aber kein Einzi-
ger wagt es auf den Grund aller Übeln Zustände des Landes
einzugehen und den faulen Flecken aufzudccken. Ja man geht
mit der empörendsten Gleichgültigkeit über das Klagegeschrei
des Volkes in den Petitionen um Amnestie zur Tagesordnung
über. Es ist daher kein Wunder, wenn die Reaktion mit
vollen Seegeln cinherzieht; es ist daher kein Wunder, wenn
die badische Büreaukratie glaubt, daß die republikanische Be-
wegung nur dazu gedient habe, ihre Macht und ihre Herr-
lichkeit auf das Neue zu begründen, wie dies nach dem Jahre
1831 geschehen ist. Jetzt ist es daher die heilige Pflicht der
Presse, die Stimme des Volkes erschalle» , und das Wehege-
schrcfi über den unglücklichen Zustand des Landes und über die
von vielen Beamten verübten Willkürlichkeiten und Gewalt-
tbaten durch das ganze deutsche Vaterland ertönen zu lassen.
Ja, der jetzige Zustand des Landes ist nicht mehr blos der
Zustand einer büreaukratischen Reaktion, sondern der Zustand
eines militärischen Despotismus. Es sind nicht mehr die Ge-
richte, es sind nicht mehr die richterlichen Beamten, welche
über Eigenthum, Leben, Freiheit und Ehre der Bürger ent-
scheiden. Die Befehlshaber der fremden Truppen waren es,
welche Verhaftungen vornehmen ließen, und zwar manchmal
gegen die Einsprache und das Abralhen der Beamten. Man
erinnere sich nur an die betrübende Mezelei Gerspach's in
Säckingcn. Diese fremden Kommandeurs hatten schon, bevor
sie in das Land einrückten, große Dcnunziationslisten von allen
den Männern im Lande, welche seit der letzten Pariser-Revo-
lution sich unter ihren Mitbürgern bemerklich gemacht oder
einen Anhang sich erworben hatten. Männer, welche sich noch
nie einen ungesetzlichen Schritt und noch nie ein ungesetzliches
Wort erlaubt hatten, und die sich noch weniger bei der re-
publikanischen Erhebung in der That betheiligct hatten, wie
z. B. Emmerling in Freiburg wurde ans schmähliche Art in
die Gefangenschaft geschleppt. .
Die fremden Erekutionstruppen behandelten das badische
Volk wie ein siegreich einziehender Feind die Besiegten. Die

paar Nassauer Bataillone waren unerschöpflich in ihren Erfin-
dungen, das gedrückte badische Volk zu verhöhnen und zu ver-
spotten; und die württembcrgischen Truppen haben nicht min-
der ähnlichen Ruhm erworben.
Was dann die Kommandeure der fremden Truppen
übrig ließen, das thaten Vie badischen Civilkommissäre. Ihre
volksfeindlichen, antikonstitutionellen, ganz büreaukratischen Ge-
sinnungen, sind hinlänglich bekannt im Lande. Der eine von
ihnen hat sich hinlänglich schon durch die Art und Weise der
Untersuchung, welche ihm früher gegen einen denunzierten libe-
ralen Beamten übertragen war, charakterisirt. Wenn es an-
gegangen wäre, es würden ganze Ortschaften, ganze Bezirke
verhaftet worden sein; aber leider kann man nicht 20,000 Bür-
ger niedermetzeln, wie der Justizreferendär in der
Kammer äußerte. Wie die Untersuchungen und Verhaftungen
militärisch begonnen wurden, so werden sie nun polizeilich
fortgesetzt. Die Untersuchungsrichter erhalten ihre Weisung,
wen sie nachträglich noch zu verhaften und wie sie zu verfah-
ren haben, von den obern Polizeibehörden. Was die Auf-
stellung eines sogen. Untersuchungsgerichtcs ist, weiß jeder
Mensch in Baden, wie unabhängig die Amtmänner und Hof-
gerichtsräthe sind, welche mit jedem Jahr Gehaltszulagen ver-
langen und erwarten. Außer jenen Untersuchungsrichtern,
welche vom Hofgerichte in Freiburg bestellt sind, untersuchen
noch die Beamten auf dem Lande, lieber die Willkürlichkeit
und Gewaltthätigkeit ihres Verfahrens, sowie ihr Bestreben,
das Denunziantenwesen auch unter dem Bürgerstande einhei-
misch zu machen, herrscht nur eine Meinung. Das Schönste
aber von Allem ist, daß viele Beamten sich herausnehmen,
alles Gesetz und Recht mit Füßen zu treten und alles Ver-
mögen der ihnen hauptsächlich verhaßtcn'Personen, welche in
die Untersuchung verwickelt sind, mit Beschlag belegen.
(Schluß folgt.)

Tagesbericht aus Deutschland.
^Heidelberg, 3. Juni. Nachdem Hr. v. Soiron
die hiesige Wahl als Mitglied der Nationalversammlung abge-
lehnt und in Buchen angenommen hat, wurde gestern neue
Wahl auf Freitag, den 9. v. M., angeordnet. Hr. Soiron
hat also nicht für nöthig erachtet, seinen Wählern auf irgend
eine Art für ihr Vertrauen zu danken, nicht einmal ossiciell be-
kannt gemacht hat er eS ihnen seinerseits, indem er sie bis zur
Anordnung der neuen Wahl in Ungewißheit ließ. Aber das
schien diesem Herrn und seinen Adjutanten wahrscheinlich nicht
 
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