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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0689

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Sonntag, 22. Dktobov.

1848.

Rede des Abgeordneten Vogt bei Gelegenheit
der Diskussion über dis Verhaftung einiger
WolkSabgeordneten.
Aus dieser herrlichen Rede, mit welcher der Verfasser die
Verfolgungssucht der Freiheit im Parlament bekämpft, entneh-
men wir folgende Stellen; sie möchten wohl auch außerhalb
dem Parlamente ihre Anwendung finden.
„Eure Geschichte, sagt Vogt, kommt mir vor, wie wenn
die See, nachdem der Wind sich gelegt hat, noch hoch geht
und man jede Welle, jeden Tröpfen in dieser See fragen will,
wer ihn in Bewegung gesetzt, daß er gegen das sicher ge-
glaubte Gestade wüthe? Um die Anklage zu begründen, reißt
man einzelne Phrasen aus den Reden der Angeschuldigten, und
spricht von Aufregung. Mich hat niemals eine Rede der ro-
chen Republik so aufgeregt, wie die Rede eines Ministers,
der mit taubem Ohr und eisigem Hohn die Beschwerden des
Volkes hinnahm, weil er sicher war, die Fäden in der Hand
zu halten, aus Lenen mau Majoritäten mache. Ich frage:
wer in Frankreich die Aufregung geschaffen, ob die Robes-
pierre, Danton und Mirabeau, oder das Hofgeschmeiß und
die sündige Wirthschaft und die systematische Aussaug-
ung und Unterdrückung des Volkes? Und die neuste
Aufregung in Oesterreich, die den Bürgerkrieg zum Ausbruche
brachte, ist sie etwa durch den Reichstag, die Aula und die
akademische Legion herbcigeführt worden, oder durch eine ver
rätherische Partei, durch Jellachich und Latour? Und die Auf-
regung in Preußen, ist sie etwa durch den Lindenclupp und
die demokratischen Vereine erzeugt worden, oder durch die welche
die Schwerter schliff— die Kugeln in die Gewehre lud und es
den Bürgen ins Gesicht sagte? Und die Aufregung hier in
der Paulskirche, kommt sie etwa von Denen her, welche ver-
langen, daß aus dem sogenannten gesetzlichen Zustande ein
besserer hervorgehe, oder von Denen, die sich auf das Gesetz
berufen, das seit 30 Jahren Deutschland knechtete, und dieses
festzuhalten suchen?
Ich bin empört über die Dummheit, deren man die Linke
für fähig gehalten, indem man sie anschuldigte, sie habe den
Aufstand angcschürt, aber nicht den Muth gehabt, offen an
dessen Spitze zu treten. Glaubt man etwa, daß, wenn eine
Partei cristirt hätte, welche die Resolution in die Hand neh-
men wollte, sie nach der Abstimmung über den Waffenstillstand
2 Tage gewartet haben würde, bis die Gegemnaßrcgeln ge-
troffen waren? Sie würde vorher gehandelt und dann we-
nigstens einen momentanen Erfolg erzielt haben. Allein eine
solche Partei eristirte gar nicht. Schon zur Zeil des Vorpar-
laments, wo ein ganz anderer Lebenshauch wehte, als jetzt,
nnd wo Diejenigen, die jetzt das Haupt stolz erheben, sich da-
mals duckten, bis das Volk ihnen erlaubte, sich wieder zu er-
heben, schon damals warnten Diejenigen, welche Revolution
gründlich wollten, vor einer Wiederholung des 3. April und
vor jeder gewaltsamen Bewegung, die das Volk nicht hinter
sich habe. Wenn jetzt dasVolk zu denWaffen greift,

so wird es durch Diejenigen dazu gezwungen, die
hartnäckig jeden Fußbreit Landes gegen die Re-
volution vertheidigen. In der größten Stadt Deutsch-
lands hat das Volk sich bewaffnen müssen, um Denjenigen,
welche die Revolution nicht wollen, entgegenzutreten.
Sollten wir in den alten Schlamm zurücksinken, dann
mögen bei der zweiten Erhebung, die unfehlbar eintreten wird,
Diejenigen, die jetzt etwa siegreich bleiben, sich an die Brust
schlagen uud sagen: wir sind schuld an dem neuerdings ver-
gossenen Blute! Zur Zeit des Vorparlaments hat man ganz
anders uud auf allen Straßen Fraktur geredet und damals ist
keine Untersuchung eingeleitet worden. Und warum? Weil
das Gericht nach dem Erfolge und nicht nach dem Inhalt der
Reden urtheilte, und dadurch stellte es sich auf den politischen
Standpunkt. Das Gericht sucht die Reden mit den späteren
Ereignissen in Zusammenhang zu bringen. Man wische aber
einmal den 18. September weg; hätte da wohl das Gericht
eine Untersuchung einleiten können, ohne sich zu blamiren?
Was jene blutigen Ereignisse betrifft, so hat eben die Bruta-
lität von Oben sich nach und nach hindurchfiltrirt bis zu den
untersten Klassen. Wenn Acußerungen, wie: man müsse die
Wühler zusammenkartätschen und aufhängen, auö dem Munde
der Fanatiker der Ruhe, die für Ordnung und Ruhe aufwie-
gcln, vernommen werden, dann sagt eben das Volk; Was dem
Einen recht, sei dem andern billig.

Tagesbericht aus Deutschland.
* Heidelberg, 20. Okt. Die Secblätter bringen ei
neu größern Artikel über das „Manifest der Seffelherren zu
Frankfurt, mit der Ueberschrift:
„Gott ist groß, die deutsche Geduld aber noch
größer!"
und dem Motto: „die gefühllosesten Klötze für Nationalehre
und Natioualschande sind die deutschen Gelehrten, davon über-
zeuge ich mich täglich mehr. » (Seume.)
Wir entnehmen daraus folgende Stelle:
„Was de/ Einfältigste im Volk mit Händen greift, wol-
len unsere Weisen im Parlament nicht einschen, sie wollen ein
verlottertes Sistcm zu halten suchen, weil sie unter diesen Si-
stcm Präsident, Vizepräsident, Minister, Staatssekretär, Reichs-
kommissär, Gesandter rc. werden können oder theils schon ge-
worden sind. — Ihr Thoren, glaubt ihr denn, die Gewalt
schüttle euch nicht verächtlich von euren Posten, sobald sie wie-
der durch euch befestigt ist? — Oder was bedeuten denn die
Worte in der Zeitung des unverantwortlichen Ncichsverwc-
serö:
„Die Stellung des Reichsverwefers ist im Allgemeinen
die, daß es ihm zukommt, das „Sistcm fon.usetzen",
nach welchem das Ministerium zu regieren hat."
Diese Worte sagen deutlich und nichts anderes: daß das
 
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