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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0177

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Die Republik erscheint
täglich. Preis in Heidel-
berg vierteljährig 45 kr.
Durch die Post bezogen im
ganzen Großh. Baden l fl.
10 kr. Bei Inseraten kostet
die drcispalt. Petitzeile llkr.

Die Republik.

Bestellung wird gemacht in
Heidelberg in der Buch-
druckerei von Renner u.
Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Postämtern. Briefs
werden frankirt erbeten.

Hl- 42.

Montag, 13. Mai.

1848.

Deutschland.
(Aus dem deutschen Zuschauer.)

Die Verwirrung, wie sie dermalen in unserem theucren
Vatcrlande herrscht, hat ihres Gleichen nicht in der Geschichte.
Die österreichische Monarchie zerfällt sichtlich in ihre Grundbestand-
thcile Die Lombardei und Venedig reißen sich gewaltsam los
von dem Sceptcr des Hauses Habsburg. Ganz Italien steht in
Waffen gegen den österreichischen Despotismus, ohne Zweifel wird
Frankreich schon bald seine Heere mit denjenigen der Italiener
vereinigen. Ungarn mit seinen Ncbenländern bildet sich mehr und
mehr zu einem selbstständigen Reiche aus. Krakau und Galizien
bereiten sich vor zum Kampfe für die Wiederherstellung deS alten
Polcnreichs. Böhmen sagt sich los nicht bloö von Oesterreich,
sondern auch von Deutschland, und alle Besprechungen einer künf-
tigen freieren StaatSvcrfafsung und Verwaltung sind nicht im
Stande, dem Zusammenstürze der österreichischen Monarchie Ein-
halt zu thun. Denn der Glaube an die Versprechungen der
Machthaber ist von Grund auS^ zerstört. Oesterreich, der Stamm-
sitz der Mcttcrnich'schcn Staatöweiöheit, scheint bestimmt zu sein,
zuerst und am bittersten die Folgen derselben zu empfinden. Preu-
ßen, seit drei Jahrzehnden im Schlepptau Oesterreichs, folgt
augenscheinlich den Schicksalen dieses absoluten Staates. Wie in
Galizien, so bereitet sich auch in Posen die polnische Bewegung
vor. Während Frankreich in Italien jetzt schon einzuschreiten im
Begriffe steht, wartet es nur auf den Augenblick, da cs zu Gun-
sten Polens auch gegen Preußen einschreiten kann. Wie im Sü-
den, so werden auch im Norden alle Sympathieen für die fran-
zösische Einschreitung sein. Preußen wird, gleich Oesterreich, ge-
zwungen sein, die geraubten Länder herauszugeben, und wird
ohne Zweifel die Kosten der Wiederherstellung eines völkerrecht-
lichen Zustandes in Europa theuer zu bezahlen haben.
Die mindcrmächtigen Regierungen Deutschlands, welche we-
der bei der italienischen, noch bei der polnischen Frage unmittel-
bar betheiligt und daher in einer weit günstigeren Lage sind, als
die beiden Großmächte Deutschlands, benützen dieselbe, um ihrer-
seits Eroberungen zu machen. Es handelt sich dabei um nichts
weniger, als eine erbliche Kaiserkrone. Um einem Fürsten auS
ihrer Mitte diese zu verschaffen, werden alle erdenklichen Mittel
aufgeboten. Zum Vorparlamente wurden alle verfügbaren La-
kaien nach Frankfurt abgesandt. Oesterreich !war dort fast gar
nicht, Preußen nur schwach vertreten. Heffen-Darmstadt, Nassau,
Wiirtembcrg, Baden und etwa noch Bayern gaben damals den
Ton durch ihre gefügigen Werkzeuge an. Sie hoffen, den glei-
chen Einfluß auch auf die constituirende Versammlung auSzuiiben,

was ihnen um so mehr gelingen wird, als durch die militäri-
schen Maßregeln, welche sie in neuester Zeit gegen die republi-
kanische Parthei anwendeten, diese, ihre gefährlichste Gegnerin,
aus der constituirenden Versammlung verdrängt worden ist.
Unter diesen Umständen mag dem Herrn v. Gagern sein
Plan wohl gelingen. Er mag seinem Candidaten der Kaiserkrone
die meisten Stimmen in der constituirenden Versammlung erwer-
ben. Allein dieser Leiter der Staatskunst der mindermächtigen
Regierungen Deutschlands möge bedenken, daß in einer revolu-
tionären Zeit, wie die unsrige, die Stimmenmehrheit einer Ver-
sammlung von weniger als 1000 Männern die Schicksale der
Völker nicht mehr entscheidet- Hat der künftige Kaiser von
Deutschland nicht die Mehrheit des Volkes für sich, so wird er
sich nimmermehr halten können. Die Mehrheit des deutschen
Volkes ist aber nicht für die Vermehrung, sondern weit eher für
die Verminderung der Throne Deutschlands. Wir sind daher-
fest überzeugt, daß der Beschluß der constituirenden Versamm-
lung, welcher einen deutschen Kaiser schaffen soll, nicht das Ende,
sondern vielmehr den eigentlichen Anfang unserer deutschen Um-
wälzungen bilden wird. Der Gagern'sche deutsche Kaiser wird
in Deutschland nicht anerkannt werden, und die hessischen Bajo-
nette werden Mühe haben, demselben die Anerkennung des deut-
schen Volkes zu verschaffen. Es werden demselben nicht bloö die
republikanischen Kräfte Badens, sondern auch die monarchischen
Kräfte Oestreichs und Preußens entgegenstehen.
Die Führer der mindermächtigen konstitutionellen Regierun-
gen Deutschlands: die beiden Gagern, ein Mathy, ei»
Soiron, ein Welcker, ein Bassermann und ihre Genos-
sen werden bald abgenützt sein. Sie haben selbst so lange rüt-
teln helfen an den wankenden Monarchien Deutschlands, daß sic
als Stützen derselben eine säst komische Rolle spielen. Wer
Mathy und Soiron in vertrauten Kreisen über unsere deutschen
Fürsten sprechen hörte, wer die Ansichten kennt, welche von den-
selben bei jeder Gelegenheit unverholen ausgesprochen wurden,
wird an die Dauer ihrer Herrschaft nicht glauben. — Daß diese
Männer in die Fußtapfen Metternich's eingetrcten sind, indem
sie, wie dieser Fürst, an die Bajonette der stehenden Heere als
die höchste Macht appellirt haben, statt dem Volkswillen zu er-
lauben, sich auszusprechen, dieser Umstand mag ihnen wohl auf
einige Zeit das Steuer, welches sie erfaßt haben, in den Hän-
den bewahren. Allein das Steuer selbst ist morsch. Je kraft-
voller sie dasselbe gegm die heranbrausenden Wellen gebrauchen,
desto eher wird es in ihren Fäusten zerbrechen, und ihnen diese
um desto empfindlicher verletzen-
Der Kampf des gcsammten Deutschlands gegen das kleine
Dänemark ist zu ungleich, als daß derselbe die gewünschte Wir-
 
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