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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0353

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Erscheint Montags ausge-
nommen täglich. In Heidel-
berg vierteljährig 45 kr. l
Durch die Poft bezogen im
ganzen Großh. Baden l fl.
10 kr. Bei Inseraten kostet
die dreispalt. Pctitzeilc 2kr.
Bestellung wird gemacht in
Heidelberg in der Buch-
druckcrci von Renner u.
W olff und bei Kaufmann
Ä Berner; auswärts bei
allen Postämter». Briefe
werden frankirt erbeten.
Mßl
Hl" 8<i.
Samstag, 1
J»li.
18Ä8.

Mit dem ersten Juli beginnt ein neues Quartal der „Republik"; sie wird wie bisher, so auch IN
Zukunft ein Organ der strengsten demokratischen Richtung bleiben, und mit aller Entschiedenheit für die
Verwirklichung derjenigen Staatsform arbeiten, die ihr Titel bezeichnet. Bestellungen darauf bitten wir
recht bald zu machen, damit die Auflage danach ermessen werden kann; weiter ersuchen wir unsere Gesinnungs-
genossen, ihre Aufmerksamkeit dem Blatte durch Zuweisung von Inseraten, durch Zusendung interessanter Beiträge
in prosaischer sowohl als in poetischer Form, zuzuwenden, und dadurch dessen Forterscheinen zu sichern. Alle
Postämter des In- und Auslandes nehmen Bestellungen darauf an.
Die Redaktion.

An das deutsche Volk!

Was wir vorausgesehen, ist eingetroffen. In ihren Siz-
zungen von gestern und heute hat die deutsche Nationalver-
sammlung, welche größtentheils nicht aus direkter Volkswahl
hervorgegangen ist, durch ihre „Beschlüsse über Einführung ei-
ner provisorischen Zentralgewalt für Deutschland" das deutsche
Volk und sich selbst in den Zustand der Unmündigkeit zurück-
geworfen. Ihre Majorität hat, gegenüber der an Zahl
nicht den vierten Theil bildenden entschiedenen Linken:
1) den Antrag: „die Zentrakgewalt habe die Beschlüsse
der National-Versammlung zu vollziehen", ver-
worfen. Sie hat hiermit von vorn herein ihre Be--
schlüsse in die blaue Luft gestellt, und eine ihr gegen-
überstehende furchtbare Diktatur geschaffen. Was soll
hierbei aus der Einheit und Freiheit Deutschlands wer-
den? Oder will man in jedem Falle, in welchem der
„Neichsverweser" sich weigert, die Beschlüsse der Na-
tionalversammlung zu vollziehen, an die revolutionäre
Entscheidung des Volks appellircn?
2) Sie hat — ein Vorbild dessen, was wir von ihr für
die Gründung einer definitiven Verfassung Deutschlands
zu erwarten haben — die Zentrakgewalt keinem Prä-
sidenten, sondern einem Neichsverweser, dem Vor-
läufer eines deutschen Kaisers mit neuem Throne und
neuer Zivilliste, übergeben. Sie hat hiermit von Neuem
das Mittelalter zur Grundlage gemacht und die Ver-
wesung Deutschlands zum Gesetz erhoben.
3) Sie hat die Un v erantw o r t lich ke it dieses Verwe-
sers zum Beschluß erhoben, mithin von Neuem den
Wahn eines heiligen, unverantwortlichen und unverletz-
lichen Wesens an die Spitze unserer politischen Zu-
stände gestellt und dadurch der Diktatur von Gottes
Gnaden Raum gegeben.
4) Sie hat beschlossen, „daß die Zentralgewalt sich in Be-
ziehung auf die Vollziehungsmaßregeln, so weil thuulich
mit den Bevollmächtigten der Landesregierungen ins Ein-
vernehmen setzen soll." Hiermit hat sie die geschaffene
Zentralgewalt und Diktatur, im Interesse der Regierun-
gen, wieder zersplittert und trügerisch gemacht, und hat

vollends die Kraft des frei-einigen Deutschlands ver-
nichtet, und den Zustand der Sonder-Interessen sank-
tionirt.
Also ein Gesetz hat die Nationalversammlung erlassen,
welches einen unverantwortlichen, an die Beschlüsse der Na-
tionalversammlung nicht gebundenen mit den Landesregierun-
gen sich möglichst ins Einvernehmen setzenden Neichsverweser
als die Exekutivgewalt Deutschlands proklamirt! Also dieser
widerspruchsvolle, durch die Nationalversammlung geschaffene
Diktator der fürstlichen Interessen soll an der Spitze Deutsch-
lands stehen?!
Von Neuem ist das Mittelalter heraufbeschworen, die
Nationalversammlung hat die Volkssouveränetät, die Volks-
mündigkeit, ihre von ihr selbst feierlich proklamirte Mutter und
einzig berechtigte Grundlage freiwillig aus ihrer Hand gege-
ben, dem Volke von Neuem eine Fürsten-Aristokratie, und ei-
nen heiligen Popanz gegenübergestellt; sie hat den Grund zu
neuen inneren Kämpfen in Deutschland gelegt, und dadurch die
Hoffnung auf Wiederbelebung der Industrie und des Verkehrs
auf längere Zeil vernichtet. Sie wird uns hiermit den bei
der Zersplitterung Deutschlands in so viele Staaten und Re-
gierungen Deutschlands dreifach verderblichen Zuständen Frank-
reichs unter dem Bürgerkvnig Louis Philipp und unter der
„mit republikanischen Institutionen umgebenen Monarchie"
entgegenführen, und dadurch bald eine neue Revolution
nothwendig machen.
Es ist Pflicht Aller, welchen die Ehre, die Freiheit und
das Wohl des Vaterlandes am Herzen liegt, gegen eine Na-
tionalversammlung, welche schon 7 Wochen lang das Volk
hingehalten, mehrmals verläugnet, und jetzt durch obige Be-
schlüsse im Innersten verletzt hat, sich entschieden zu er-
klären.
Hierzu ist erforderlich, daß überall und sofort in dem
ganzen deutschen Vaterlands Vereins- und größere Volks-
versammlungen gehalten werden, in welchen dem
deutschen Volke die Sachlage genau dargelegt und folgende
Punkte beschlossen werden müssen:
r») Uebcrall müssen alge meine Eingaben an die Natio-
nalversammlung gerichtet werden- in welchen derselben
als einer meist aus nicht direkten Bolkswahlen
hervorgegangenen, die fernere Anerkennung versagt, und
 
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