Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Republik — 1848

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0141

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Die Republik erscheint
täglich. Preis in Heidel-
berg vierteljährig 45 kr.
Durch die Post bezogen im
ganzen Großh. Baden I ff.
10 kr. Bei Inseraten kostet
die dreispalt. Pctitzeilc2kr.

Die Republik.

Bestellung wird gemacht in
Heidelberg in der Buch-
druckerei von Renner u.
Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Postämtern. Briefe
werden frankirt erbeten.

ML AZ. Samstag, 6. Mai. 18L8
Für das begonnene Vierteljahr könne» fortwährend noch Bestellungen gemacht werden. In Heidelberg in der
Buchdruckerei von Renner und Wolff, auswärts bei allen resp. Postämtern. Die bereits erschienenen Nummern
werden auf Verlangen vollständig uachgeliefert.

Die ZZernünftige» im Lnudc.
(Aus der Zeitschrift »Die neue Zeit.")
Die Ruhigen im Lande fangen an die Vernünftigen im
Lande sein zu wollen, auf den Namen der »Vernünftigen"
Anspruch zu machen. Die Klugen, die Pfiffigen sind sie, das
kann ihnen Niemand in Abrede stellen. Sie genießen gerne
ihr Brod in Ruhe und das ist nicht dumm. Sie behalten
gerne was sie haben für sich allein, und das ist nicht unklug.
Sie fügen sich, so gut es geht, in die Gegenwart, kümmern
sich wenig um die Vergangenheit und Zukunft, das ist bequem.
Sie schützen sich vor dem Elend, indem sie die Elenden sich
vom Leibe halten, in die Hütte des Elends nicht hinabsteigen,
dessen Existenz läugnen oder wenigstens auf Kosten der Träg-
heit, der Lüderlichkeit, der Verderbtheit setzen, und das ist
eine kluge Sünde. Sie schließen sich kastenartig ab von der In-
telligenz, von den Brüdern andern Glaubens, von den nie-
deren Ständen, von dem Plebs, damit man ihre Leerheit
nicht einsehe, nicht Zeuge ihrer Langeweile sei, die Intelligenz
bei ihnen voraussetze, den Adel ihrer Gesinnung bewundere,
ihre Bildung anstaune, damit sie vor jeccm Tadel geschützt
bleiben, ist das nicht Klugheit? Sie kniecn im Staube vor
dem Machthaber, geben Devotionsadressen dem Minister, in
welchen sie uns Anderen, die wir unser //Hauptaugenmerk auf
die untergeordneten, jedem Einflüsse zugänglichen, unwissenden
und indolenten Volksklaffen richten, die wir die trübe Duelle
öffentlicher Unruhe in allen Ländern bilden, die wir der Fri-
volität einiger Wenigen" huldigen, verdächtigen und verläum-
den, geben Vertrauensvoten den Männern der Regierung,
weisen die Mißliebigen, die das herrschende System angreifen,
mit Hilfe der Polizei aus der Stadt, — ist dies weniger
Klugheit? Will der Kloben nicht mehr halten, versammelt
sich das Volk, um die bis dahin von ihnen angebctete Fahne
heruntcrzunchmen: da bcrathen sic zuvor, da es doch gelingen
könnte, was zu thun, halten sich zuerst noch hinter den Couliffen,
trete» dann so weit vor, als Aussicht auf Erfolg vorhanden
ist — wer will die Klugheit verkennen? Ist der Erfolg ge-
sichert, kömmt ein 6. März herbei, haben die Männer des
Volkes, hat das Volk den Kopf gewagt und ihn nicht verlo-
ren: da sind sic unter den Ersteren, die dem neuen, früher
«»gefeindeten Minister huldigen, dem neuen Systeme applau-
dier», die neue Kokarde tragen, auö voller Kehle ihr Vivat

rufen, aufö glänzendste illuminiren, die Schätze sich aneignen,
die Andere mit Lebensgefahr aus dem tiefen Schacht zu Tage
fördern halfen — das wäre nicht klug? Ist ein Verleger
einer Zeitung unter ihnen, der Euch genau über die gesegne-
ten Umstänoe hoher Fürstinnen referirte, von dem Reisen ge-
kalbter Häupter euch unterhielt, alle Feuersbrünste in der ci-
vilisirtcn Welt euch austischte, mitunter auch die Zahl der von
tollen Hunden Gebissenen aufs Genaueste anzugeben wußte,
fürchtet er nunmehr seine Abonnenten einzubüßen, so ergibt
er sich auf Schutz und Trutz einer neuen Redaktion, um, so-
bald der Wind wieder etwas umschlägt, der Redaktion und
dem Publikum das Wort zu brechen — es mag dies von den
Moralisten nicht gut geheißen werden, aber unklug ist es kei-
neswegs. Wo Reden keinen Gewinnst bringt, da bleiben sic
mäuschenstille; wo durch das Aufrechtstehen oben angestoßen
werden könnte, dg ducken sie sich recht behutsam, wo sie auf
den Straßen Lärm hören, da ziehen .sie sich ins Schlafgc-
mach zurück und kriechen unter die Bettstelle — das gebieret
die Klugheit. Bor Bajonetten haben sie hohen Respekt, die
haben immer Recht und unterstützen das Recht; denn mit Ba-
jonetten ist nicht zu spaßen und kein Philosoph in der Welt
hat überdies eindringlichere Beweismittel, als so ein Bajonct.
Sie treten daher männlich auf für ihre Uebcrzeugung, ziehen
kühn dem Feinde entgegen, sobald sie Bajonette für ihre Ucdcr-
zeugung und gegen ihren Feind in der Nähe wissen — sie
sind die Klugen. Im Kampfe legen sie besondere Beweise
ihrer Klugheit ab den Richtungen schieben sie Personen unter,
für Personen fordern sie unbedingtes Vertrauen, unbedingtes
Mißtrauen. Man erspart sich da das so unbequeme Nach-
denken, das nicht selten Kopfschmerzen verursacht, man ruht
so sanft auf dem Polster des vollen Vertrauens, und die
Vertrauensmänner, — was haben die nicht in den neuesten
sechs Wochen fertig gebracht?!
Klug seid ihr, klüger denn alle Männer der Geschichte,
klüger denn Moses, Sokrates und Christus.. Hätte Moses
eure Klugheit besessen: so wäre er nicht ausgetreten gegen die
Pharaonen, nicht in die Schranke getreten für den unterdrück
ten Bruder und wäre vor der Verbannung gesichert gewesen.
Hätte Sokrates nur Etwas von eurer Klugheit gelernt, so
hätte er die Götter seines Vaterlandes in Ruhe gelassen und
wäre daun ruhig auf seinem Bette gestorben. Wäre Christus
wie ihr klug gewesen, so hätte er es statt mit den Armen
 
Annotationen