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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0923

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Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Postämtern. Briefe
werden frankirt erbeten.

WS


M- 228.

Samstag, 30. Dezember.

1848.

Der Kreisllnsühuft badischer Volksvereine )n
Mannheim an die Volksvereine in Baden.
Mitbürger! Die Lage des Vaterlandes fordert die Bür-
ger auf, auf das energischste zu einer Aenderung der Zustände
beizulragen.
Die Reaktion gieift mehr und mehr um sich, und wird
bald versuchen, mit den Waffen den Nest der Freiheit zu der-
Nichten, die Rechte des Volles zu Boden zu treten.
Die nächsten Tage schon können den Kampf des Volkes
mit reaktionären Fürsten zur Entscheidung führen. Bereits
hat das Reichministerium die Theilung Deutschlands als
Grundsatz der Fürstenpolitik proklamirt unv die Nationalver-
sammlung aufgefordert, diesem hochverräterischen Beginnen
ihre Zustimmung zu ertheilcn.
Bei dieser Lage der Dinge fordern wir Euch auf:
1) Entschiedene Schritte zur Geltendmachung des Rechtes
der Bürgerbewaffnung zu thun; d. i. die Einführung
der Bürgerwehr nach dem Gesetze zu verlangen.
2) Das willige Organ der rcaciionären Politik unserer
Negierung — dre Kammern — entschieden zu ihrer
Auflösung aufzufordcrn und auf Berufung einer con-
stltuircnden — verfassunggebenden — Versammlung
zu dringen.
Unsere Vereins organisation wird Euch geeignete Mittel
zur wirksamen Agitation in dieser Beziehung geben.
Ein offenes Sendschreiben an die Nationalversammlung
bezüglich des ministeriellen Programmes vom 18. I. M. wer-
den wir Euch dieser Tage zusenden.
Mannheim, 22. Dez. 1848.
Für den Kreisausschuß:
Der Präsident: Florian Mordes.

Dereüiigtt. Staaten von Deutschland.
Heidelberg, 28. Dezbr. Immer mehr gewinnt es
an Wahrscheinlichkeit, daß der Preußenkönig Friedrich
Wilhelm IV. an die Spitze der deutschen Zcntralgewalt treten
will. Wir müssen staunen, daß selbst Blätter, welche diesen
Menschen im März mit den Titeln: Mordhund, Schlächter,
Bluthund, Würger und seinen Bruder mit den Beinamen des
blutigen Prinzen, des Kartätschenprinzen beehrten, Laß diese
Blätter dnn deutschen Volke dermaßen ins Gesicht zu schlagen
wagen, ihm einen solchen verlorenen Mann als Oberhaupt
vorzuschlagen. Daß Friedrich Wilhelm nach der Kaiserkrone
durstet, ist leicht zu begreifen, allein Laß selbst freisinnige Blät-
ter ec für ganz natürlich und in der Ordnung sinken, dieselbe
rhw zu verleihen, dieses können wir wenigstens nicht begrei-

fen. Wo sind eure Proteste von damals, als dieser nämliche
Zollern aus dem Pulvcrdampf hervortrat sich aufs Roß setzte
und halbtrunken, die deutsche Fahne in der Rechten, ein lich-
ter Komödiant, Lurch die blutgetränkten Streßen von Berlin
ritt und sich an die Spitze von Deutschland stellen zu wollen
erklärte? Wo sind sie hingekommen, eure damaligen Ver-
wahrungen? Ihr grollt über den Umschlag in der öffentlichen
Stimmung, aber schämt euch nicht, selbst vor aller Welt die
politischen Wcchselbalge zu spielen? Leset eure Nummern aus
dem März nach, ihr Ritter von der Windfahne, und gesteht,
daß ihr iu der Michelei Unterricht zu ertheilcn würdig seid.
Friedrich Wilhelm hat unterdessen seine Bedingungen, an die
Spitze der deutschen Zentralgewalt zu treten, bereits gestellt.
Nicht Kaiser will er sich schimpfen lassen, wohl aber „Ober-
schirmherr" ; daS Reichsministerium, den Reichstag, das Reichs-
gericht will er in Berlin haben, damit er sie nöthigenfalls
kann wrangeln lassen. Schirmvogt! Schirmvogt! dein Ge-
lüste geht zu weit; gib Acht, daß du nicht zu hoch steigst, da-
mit du nicht zu tief fallest, und gedenke stets jener Mönchs-
weiffagung, daß du der letzte deines Geschlechtes.
*-Heidelberg, 29- Dec.- Dem Franks. Journal schreibt
vv» Zeit zu Zeit ein Correspondent „aus Baden", dem man aus
seine» Artikeln ganz deutlich ansieht, daß er ein hoher Beamter
daselbst ist Er weiß immer ganz genau, was die Regierung
vor hat, was sie thut und thun wird, er weiß was aus diesem
und jenem Theil des Landes dieser und jener Amtmann gethan,
wie es mit dieser und jener Untersuchung stehe, und nebenbei
vergißt er nie zu bemerken: daß das Volk wieder äußerst zufrie-
den mit den Handlungen der Regierung sei, daß es die Wühler
verachte, die Demokraten bald verfolgen werde n. s. w. Kurz-
um, aus jeder Zeile schaut der Beamte heraus, der Deutschland
weiß machen will, das badische Volk sei gerade so, wie es die
Regierung gern wünsche.
So z. B. erzählt uns der hohe Beamte heute wieder: „In
einzelnen Landesthcilen habe» bekannte Wühler sich bemüht, die
außerordentliche Cvnscription als ungesetzlich darzustcllen und da-
durch nicht blos neue Unzufriedenheit hervorzurufen, sondern selbst
zum Widerstande auszurcizen. Jndcß wollen die alten Mittel
nicht mehr recht wirken und wir werden in Kurzem erleben, daß
die Leute mit einemmal Heller sehen, als deu Demagogen lieb
ist; das Volk bekömmt das Treiben und Jagen nach den Glück-
seligkeiten, die ihm die Aufwiegler bringen wollen, recht herzlich
satt/i
Hierauf antworten wir ganz einfach: Wenn auch bis jetzt
einem Theil des Volkes die Augen nicht aufgegangen waren, so
haben die 7,000,000 sl. Zwangsteucrn und die Zwangsconscrip-
tion eS belehrt, was man mit ihm vor hat. Geht nur einmal
selbst unter das Volk, ihr „hohen Beamten", und hort fein
Urtheil über eure Maßregeln, höret die Familienväter , die jetzt
von ihrer Familie weggcrisscn und in den Soldatenrock gezwun-
gen werden; höret den Bürger, der halb von der EinquartirungS-
last erdrückt, die sich täglich »lehrenden Steuern nicht mehr zw
 
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