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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0107

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eines auf den Schloßberg, 2 am Thore postirt wurden. —
Die Weiber trugen Munition herbei für die Scharfschützen und
schickten der Besatzung auch Proviant.
So kam die Nacht heran; das Gefecht bei Günthers-
thal nahm allmählig ab; der Kanonendonner verstummte und
die Republikaner nahmen wieder ihre alte Position. — Die
Stadt wurde verbarrikadirt, die Wachen besetzt und Munition
für die Kanonen bereitet. — Die Nacht war ruhig. — Heute
Morgen um halb sieben Uhr marschirten die eben angekom-
menen Nassauer vom Bahnhöfe der Stadt zu; sie wurden
nicht hincingelassen. Die 4 Geschütze der Freischaar, welche
nur noch sehr gering an Zahl war, thaten, nachdem man
ihnen eine veränderte Stellung gegeben, gute Dienste. Nicht
mehr als hundert Mann, (ich weiß nicht, wo die übrigen
hingekommen sind) hielten bis halb 12 Uhr Vormittags die
andringenden und die Stadt beschießenden Truppenmassen ent-
fernt, an allen Thoren wurde mit der größten Tapferkeit ge-
kämpft; endlich mußten die Republikaner der Uebermacht wei-
chen, ohne ihr Geschütz in Sicherheit bringen zu können. Die
Truppen drangen ein und besetzten die Straßen, die ganz
wie ausgestorben waren; denn die Freischärler hatten sich in
die Häuser zurückgezogen und Todtenstillc herrschte in der Stadt.
In diesem Augenblick verließ ich Freiburg, weiß daher nicht,
was sich weiter zugetragen hat. Wo Siegel sich hingezogen
hat, ist mir unbekannt. Wären die Freischaaren in der Stadt,
deren Muth bis ins Unglaubliche ging, gut geführt, oder
wären sie überhaupt geführt worden, statt ohne Ordnung nur
zu plänkeln, so konnte Siegel mit Leichtigkeit in die Stadt
einziehcn und es war ein glänzender Sieg erfochten. Die
Zahl der Todten und Verwundeten kann man noch nicht an-
geben; nur so viel ist gewiß, daß die Truppen entsetzlich ge-
litten haben, besonders die Hess, und die Dragoner, und daß
in dieser Hinsicht die Freischaaren vermöge ihrer günstigen
Stellung, bedeutend im Voriheil war. Denn auf Seite der
Letzter» sind vethältnißmäßig wenige gefallen. Auch diesmal,
wie bei Kandern, wütheten die Soldaten gegen unschuldige
Weiber und Kinder, gegen zusehende Bauern auf so schänd-
liche Weise, daß ihr Treiben den Gräueln des 30fährigen
Kriegs wohl an die Seite gestellt werden kann. Besonders
zeichneten sich darin die badischen Truppen aus, welche ihre
wehrlosen Mitbürger ohne Bedenken niedcrstreckteu.
Heidelberg, 26. April. Was wir von den Zusicherun-
gen unseres Bundestages von sicher zu halten hatten, wissen
wir, was wir aber in Zukunft davon zu halten haben, wird
die nahe Zukunft lehren. Nur einen kleinen Beweis für unsere
oft ausgesprochenen Befürchtungen wollen wir hier anführen:
Vor schon drei Wochen, als in Frankfurt die entschieden demo-
kratische Minderheit aus dem Vorparlament austreten zu müssen
glaubte, weil sie mit Männern, die zu den Karlsbader, Wiener
und anderen unvolksthümlichen Beschlüssen mitgewirkt hatten,
nicht in Unterhandlung treten wollten, ließen diese Herren Bun-
destagsgesandten der alten mcttcrnich'schen Schule durch den Prä-
sidenten der Versammlung verkünden, daß sie alle abtrcten wür-
den; und siehe da, heute sitzen noch viele davon nach wie vor in
Frankfurt und leben mit den Herren »Vertrauensmännern" auf
ganz „vertraulichem" Fuße. — Wir könnten dergleichen noch
mehr berichten, besonders über die „Einigkeit", die zwischen dem
Bundestag und dem Ausschuß der Fünfziger herrscht, wir wollen

aber noch zuwarten, eS werden den sog. „Parlamentlern" die
Augen schon von selbst aufgehen.
Heidelberg, 26. April. Die Art und Weise, wie man
die am Ostermontag hierher gekommenen Sinsheimer traktirte,
hat eine ungeheure Mißstimmung hervorgebracht. Daß man die
Wehrlosen noch durch unsere Straßen verfolgte, und ihnen Ver-
wundungen aller Art beibrachte, ist ein Schandfleck, den Heidel-
berg so bald nicht auszuwaschen im Stande ist. Unbegreiflich ist
uns, daß daran Bürger Thcil genommen haben, deren bisher
dargelegte Grundsätze mit einer solchen Handlungsweise wir nicht
in Einklang bringen können. War cö Uebercilung oder sind sie
von dem Siegestaumel gewisser Leute angesteckt worden, gleich-
viel, wer Waffen trägt, muß sie zu führen wissen gegen den
Feind, aber nicht gegen Wehrlose, deren Schutz des Bewaffneten
edelster Beruf sein soll. Wir sprachen gestern einen Landmann
von der Bergstraße, der sich in den schärfsten Ausdrücken über
das Benehmen gegen unsere Sinsheimer Mitbürger ergoß, und
die Erklärung hinzusetzte: daß, welches Schicksal auch se über
Heidelberg hercinbrechen möge, dasselbe auf die Hülfe der ganzen
Umgegend nicht im Geringsten rechnen könne." Wolle uns Gott
dafür bewahren, aber unedle Handlungen rächen sich ost nur zu
bald.
Auch bei uns haben gestern die Wahlen zur konstituirenden
Versammlung begonnen; der erste Bezirk ernannte 5 Wahlmän-
ncr, wovon 4 dem entschiedensten Fortschritt huldigen, Bürgermei-
ster Winter oben an, die andern Bezirke, (noch 5) werden
hoffentlich diesem guten Beispiele nachfolgen. Wie wir hören,
werden Heidelberg die Bezirke Weinheim und Wiesloch zu einem
Gesammtbezirke — 50,000 Seelen — bcigegeben, was uns nur
freuen kann.
Wien, 19. April. (A. Z.) Die Negierung hat eine
Verordnung hinsichtlich der Wahlen für das deutsche Parlament
bekannt gemacht. Da die Bevölkerung der zum deutschen
Bunde gehörigen Provinzen Oesterreichs nur nach dem alten
Bundesmatrikelfuße auf 9,482227 Seelen angeschlagen ist
(die Bevölkerung beträgt gegenwärtig über 12,300,000 See-
len), so werden die Wahlbezirke nach dem Wahlprogramm von
70,000 Seelen gebildet. Oesterreich wählt im ganzen 190
Abgeordnete. Es sind mittelbare Wahlen vorgeschrieben. In
der Provinz Oesterreich versammeln sich die Urwähler am 28.
d. M. die Abgeordnete und ihre Stellvertreter. Der Consti-
tutionsentwurf für den österreichischen Kaisecstaat soll, wie man
mit Bestimmheit versichert, am 25, April veröffentlicht werden.
Aus Tirol, 20. April. (D. Z-) Deutsches Bundes-
gebiet ist nun von den Italienern bereits in Besitz genommen
worden. Die drei Gerichte Tione, Stenico, und Condino in
Iudicarien hat die Mailänder Negierung von Tprol losge-.
trennt und als zum Departement Brescia gehörig erklärt.
Picmontesische Truppen haben diese Gegenden förmlich erobert.
So wird es mit Niva, Arco, Rovcredo gehen! — Soll es
also aufgegcben, verloren werden, was vor tausend Zähren
unsere Väter erwarben und wir unbestritten bis heute »deutschen
Besitz» nannten? Dar: man uns dies bieten? — Der Bun-
destag die Fünfzig in Frankfurt mühen zur Stunde die Ver-
thcidigung der Südgränze zur Sache des gesummten Deutsch-
lands machen. Wie den Dänen muß dem treulosen König
von Sardinien der Krieg erklärt werden. Wir Leute in Tprol
fechten gerne - aber wir begehren unser Recht als Deutsche
 
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