Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Republik — 1848

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0122

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Augenblicke des betreffenden Aufstandes driegender als früher-
geboten sei. — Den letztem Grund beseitigte der Vertheidiger
einfach damit, daß er mittheilte, wie Fickler der großherzog-
lichen Negierung den Vorschlag gemacht, auf gütlichem Wege,
ohne alle Gewalt, die Frage: ob Republik over Monarchie?
durch Abstimmung auf allgemeinen Volksversammlungen ent-
scheiden zu lassen, und die Versicherung gab, der Mehrheit
sich zu fügen, sowie für Aufrechthaltung der Ruhe und Ver-
meidung alles Zusammenstoßes der Parteien sich verantwort-
lich zu machen. — Nach Mündiger Berathung wurde bei
sichtbarer allgemeiner Spannung das Urtheil verkündet, wel-
ches in Uebercinstimmung mit den Vertheidigungsgründen be-
züglich der Competcnzfrage entschied, daß - das Stadtamt
Karlsruhe unzuständig gehandelt habe, daß die Anklage nicht
stattfinde und der Verhaft aufzuh eben sei! —
Ich beeile mich, Ihnen kurz mitzutheilen, damit bekannt
Werde wie der hiesige Gerichtshof (cs saßen alle anwesenden
11 Mitglieder) mit Wahrung seiner vollen Unabhängigkeit,
selbst in der bewegtesten Zeit das verfassungsmäßige Recht
eines viet'^ngegriffenen Staatsbürgers gegen Uebergriffe der
Polizeistaatsbehörden geschützt und anerkannt hat. —
Schließlich muß ich noch beifügen, daß gestern bereits
25 Thcilhaber des Freischaarenzugs nach Kleinpensylvanien
bei Bruchsal in Sicherheitshaft gebracht wurden und heute
noch mehr erwartet werden. (M. A.)
Wien, 22. April. Die große Streitfrage, ob Oestreich
Abgeordnete mit unbedingter Vollmacht zur konstituirendcn
Versammlung nach Frankfurt senden, oder ob Negierung und
Volk von Oesterreich auf der Forderung einer Ratifikation
sämmtlicher Beschlüsse des deutschen Parlaments zur Wahrung
ihrer Sonderintereffen bestehen müsse, beschäftigt gegenwärtig
fast einzig alle Gemüther. Von nur zu vielen Seiten hört
man das Angstgeschrei, daß Oesterreich durch seine Theilnah-
me an der Versammlung zu Frankfurt am Main als selbststän-
diger Staat verschwinden und in Deutschland sich aufiösen
müsse! Das Näthsel des ganzen antideutschen Treibens findet
seine Erklärung in dem Egoismus der Wiener, welche die
materiellen Vortheile ihrer Stadt als glänzende Kaiserrejidcnz
gefährdet glauben. Verspräche man den Wienern, daß das
deutsche Parlament und das künftige Bundesoderhaupt hier,
statt in Frankfurt, seinen Sitz nehmen würde, sie zauderten
gewiß keinen Augenblick, sich dem übrigen Deutschland auf
jede Bedingung in die Arme zu werfen. Die Gegner des
Anschlusses greifen zu den unredlichsten, empörendsten Mitteln,
das Volk von einem Bund mit Deutschland zurückzuschreckcn.
Gestern entblödete sich ein Mitglied des Wahlkomites nicht,
sogar gegen eine gleichförmige Gesetzgebung, die vom deut-
schen Parlament entworfen würde zu protestiren, indem mög-
licher Weise das erste Gesetz der konstüuirenden Versammlung
die Sanktionirung des Communismus sein könnte! Dr. Lehner
und Dr. Hebbel erhoben sich gegen diese so boshafte als lä-
cherliche Verdächtigung, als gegen eine Beleidigung wider
daS ganze deutsche Volk, und erklärten dem Comite ihren
Austritt, wenn solche Worte nicht laut mißbilligt würden.
Dr. Giskra, einer von den 12 Abgeordneten Oesterreichs nach
Frankfurt, ist gestern von dort zurückgekchrt, uns hielt am
Abend in einer Versammlung des juridisch-politischen Vereins
eine energische und schlagende Rede zu Gunsten des Anschlus-

ses an Deutschland. Er beruhigte seine Landsleute über die
Absichten der Frankfurter Versammlung, die keineswegs auf
eine Vernichtung aller Souveränetätsrechte der einzelnen Staa-
ten sinne. Mit Nachdruck hob er hervor, daß durch den Ein-
tritt der 190 österreichischen Deputaten die Partei der konsti-
tutionellen Monarchie eine wesentliche Verstärkung erhalten
würde, denn schwerlich dürfte Oesterreich auch nur einen ein-
zigen Republikaner zum deutschen Parlament schicken. Seiner
Rede fehlte es nicht an Beifall, aber die Mehrzahl der Zu-
hörer blieb kühl. Zu dieser Umstimmung gegen den innigen
Anschlusses an Deutschland trug auch das Schreiben des be-
kannten böhmischen Geschichtsforschers Palazkp an den Fünf-
ziger-Ausschuß nicht wenig bei. Palazky singt den armen
Wienern das Sirenenlied von einem großen Donaureiche als
Ersatz für seine Verluste in Italien und seine Lostrennung
von Deutschland, verschweigt aber klugerweise, daß ein solches
Reich durchaus nur ein slavisches sein könnte, daß dieses uns
feindliche Element durch dreimal größere Anzahl die sechs
Millionen deutscher Oesterreicher dominircn und am Ende ver-
schlingen würde. Der Eifer der verblendeten Zeloten dieser
Partei ist so groß, daß sie in allem Ernst Vorschlägen, die
dreifarbigen deutschen Fahnen, mit denen Wien seit 2 Wochen
geschmückt, wieder verschwinden zu machen und die schwarz
und gelbe Fahne als Zeichen der künftigen Knechtschaft Oest-
reichs unter dem slavischen Joch an ihre Stelle zu setzen.
(A. Z.)
Wien, 23. April. Man darf jeden Tag darauf gefaßt
sein, die Nachricht einer Revolution aus den Donaufürsten-
thümern zu hören- Das Gericht der Verjagung der Hospo-
dare in Jassy und Bucharest hat sich zwar bis jetzt nicht be-
stätigt, aber der Wille dazu ist im Volk vorhanden, die Auf-
regung ist groß, und mit jedem Tage wächst der Sturm auf
dem flachen Land, wo der Bauer, wie in Galizien, auch das
Joch der Edelleutc abschütteln oder sie todtschlagen will. Die
liberale Partei der gebildeten Städter verlangt ausgedehnte
Reformen, Volksvertretung, Preßfreiheit. In Bulgarien, am
ganzen Donau-Ufer von Belgrad bis zu den Sulina-Mün-
dungcn spukt ebenso der revolutionäre Geist, der das türkische
Joch und das russische Protektorat sich zu gleicher Zeit vom
Halse schaffen will. In Galizien sind die Edelleute und alle
Polen-Freunde in Verzweiflung; denn alle Versuche, selbst mit
gänzlichem Nachlaß der Robot, den Bauer für die polnische
Sache zu gewinnen, sind gescheitert. Von Tarnow bis Lem-
berg stehen hunderttausend Dreschflegel, Mistgabeln und Sen-
sen erhoben, nicht um die polnischen Flüchtlinge aus Frank-
reich zur Wiederherstellung des alten Polen zu unterstützen,
sondern vielmehr sie beim ersten Versuch dazu, sammt den
Edelleuten, und die ganze in Schnürröckc gekleidete fashionable
polnische Gesellschaft zu spießen und todtzudreschen. Wahrlich
schlimme, sehr schlimme Aussichten für Polens Wiedergeburt!
Furchtbar rächt sich die Sünde des Feudalunwesens, welche der
polnische Adel heute wieder gut zu machen sucht — aber nun
erheben auch die polnischen Bauern den großen Völkerschrei
unserer Tage: es ist zu spät! (Allg. Z.)
Flensburg, 25. April. Die Deutschen sind diesen Mor-
gen cingezogen und zeigen sich im Augenblick activ, vom Schloß-
berg über die Stadt nach den im Hafen liegenden dänischen
Kriegsschiffen zu schießen. Die im Norden der Stadt Woh-
 
Annotationen