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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0132

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der Freiheit, Gleichheit nnd Brüderlichkeit, ebenfalls sich die
Hand reichend und auf dieser Säule die Namen der neunzig
Departements Frankreichs: auf diesem Punkte begrüßen zwei
Chöre, ein Frauen- und ein Männerchor, die abwechselnd
singen, den Festzug, bis er sich auf dem Marsfelde geordnet
hat. Die Mitglieder der provisorischen Regierung, die Reprä-
sentanten der konstituirenden Versammlung, die Geistlichen,
die Delegirten der Arbeiter, des Heeres und ter National-
garde, die Mitglieder der gelehrten Körperschaften, Gerichts-
höfe und Tribunale und die zwei symbolischen Wagen nehmen
Len mitttleren Raum des Marsfeldes ein; die Arbeiter, das
Heer und die Nalionalgarde in Masse stellen sich an den Sci-
tenalleen auf, wo sich vier Reihen von Zelten hinzieheu und
sechzehn Monumente errichtet sind, auf welchen die Erzeugnisse
der verschiedenen Industriezweige niedergelcgt werden In
dem äußern Raume des Marsfelds erhebt sich eine Art Fo-
rum, im Halbkreis, um das dem Feste zusehende Volk auf-
zunehmen. Im Mittelpunkte des Marofelds wird eine riesige
Statue, die franz. Republik darstellend, errichtet; das Pw-
destal der Statue ruht auf einer großen kreisförmigen Basis,
auf 4 Stufen hinansteigt, an deren Zugängen zwei Löwen
mit den Wappen der Stadt Paris und der übrigen bedeuten-
dem Städte Frankreichs angebracht sind; um den Sokcl des
Monuments werden die Fahnen und Banner der verschiedenen
Gewerbe aufgestellt. Fünf Artilleriesalven und patriotische
Gesänge verkünden den Beginn deö Festes. In demselben
Augenblick steigt ein Fahnen geschmückter Ballon in die Lüfte.
Dann folgen Reden, später ein Feuerwerk. Damit schließt
die Feier.

Die Natur der Monarchie und der Republik.
(Aus dem deutschen Zuschauer.)
(Schluß.)
Welche Gründe führen denn die Constitutionellen gegen
die Republik an? Sie müssen doch etwas dagegen zu sagen
wissen. Ihr erster und Haupteinwand ist: „Es gibt einen
Bürgerkrieg," wenn die Republik proklamirt wird, d. h. also
wenn in Frankfurt sich die Mehrheit für die Republik erklärt,
so werden die Besitzenden sich mit den Fürsten und deren An-
hang verbinden und gegen das Proletariat, welches, als die
Mehrheit in der menschlichen Gesellschaft, ans Ruder kommen
wird, zu Felde ziehen, denn das Proletariat, die arbeitende
Klasse wird in einer Republik sofort Opfer von den Besitzen-
den, wird die Beschränkung des Privatcigenthums verlangen
und dieses werden die Besitzenden unter keiner Bedingung zu-
geben. Wer wäre also Schuld an dem Bürgerkriege? Die
Constitutionellen. Wer würde aus bloßem Eigennütze das
Leben von Tausenden aufs Spiel setzen? Die Eonstitutionel-
len. Also komme im Falle eines Bürgerkrieges das Blut,
welches vergossen wird, über sic! Würde nun im Gegentheil
Ruhe eintreten, wenn zu Frankfurt sich die meisten Stimmen
für eine konstitutionelle Monarchie vereinigten? Die Consti-
tutionellen behaupten dies, aber behaupten sie damit nicht,
daß sich die Mehrheit der Minderheit zu unterwerfen habe,

Rcdigirt unter Verantwortlichkeit von Frick.

sie, die tagtäglich den entgegengesetzten Grundsatz aufstellen?
Denn die Besitzlosen bilden die Mehrheit und den Besitzlosen
bringt die Constitutionelle Monarchie kein Heil. Die Besitz-
losen werden also die constitutionelle Monarchie nicht wollen
und so gut, wie die Besitzenden die Republik, ihrerseio auch
die konstitutionelle Monarchie bekämpfen. Bürgerkrieg wäre
also unvermeidlich. Aber dem, was zu Frankfurt beschlossen
wird, muß sich Jeder fügen, werden die Constitutionellen ant-
worten. Dieselben, welche behauptet haben, daß im Falle
der Proklamirung einer Republik sämmtliche Monarchisten gegen
die Republik kämpfen, sich also dem Beschlüsse der Frankfurter
Versammlung widersetzen würden, verlangen umgekehrt, falls
sich die Mehrheit zu Frankfurt für die konstitutionelle Monar-
chie aussprechen möchte, unbedingten Gehorsam von den Re-
publikanern. Und dazu findet die indirekte, eine ganz im In-
teresse der Besitzenden angcordncte Wahl statt, d. h. es wählen
nicht so und so viel Tausend Männer nach der Stimmenmehr-
heit einen Abgeordneten, was die direkte Wahl und das Ver-
nünftigste wäre, sondern es wählen diese Männer (Urwähler)
eine bestimmte Zahl von Wahlmännern, und diese Wahlmän-
wählcn erst den Abgeordneten. 40 — 60 Menschen sind aber
dem Einflüsse der besitzenden Klasse mehr ausgesetzt, als 20 —
30,000. Was ist demnach wahrscheinlich over vielmehr fast
gewiß? Daß die Mehrheit der Frankfurter Versammlung für
die konstitutionelle Monarchie stimmen wird. Und was folgt
daraus für die Republikaner, für die Besitzlosen, das Volk?
Daß sie von vorneherein gegen jeden Beschluß der Frankfurter
Versammlung Protest einlegen müssen.
Der zweite Einwand ist: Wir sind noch nicht reif zur
Republik. Derselben Bourgeoisie, welche jetzt dem Volke diese
alte abgedroschene Redensart entgegenhält, wurde früher vom
Throne herab cntgegengedonncrt: Wir sind noch nicht reif zg
einer Constitution. Am 18. März ist durch Proletarier auf
den Straßen Berlins die Macht des absolute» Königthums
gebrochen worden. Aber die Proletarier wollen nicht für eine
konstitutionelle Monarchie geblutet haben. Deshalb sprechen
sie asso zu den Besitzenden: "Kommt! Laßt uns gleich weiter-
gehen zu einer sozialen Republik! Gebt uns nur Etwas von
dem Eurigen mit, nur so viel, daß wir nicht hungern und
Hungers sterben! Wir wollen nicht Alles. Fürchtet euch doch
nicht vor dem Communismus! Ist es nicht besser, ihr ver-
zehrt 80 Thalec in Ruhe, als 100 in Unruhe? Kommt!
Laßt uns Freunde werden!" Werden aber die Constitutionel-
len, die Besitzenden auf diesen freundschaftlichen Nach hören
oder werden sie immer fortschreien: Wir sind nicht reif zur
Republik? Und wenn die Besitzlosen ihnen darauf antworten:
„Was, wir nicht reif dazu? Wenn ihr zugebt, daß wir reif
sind zu allen republikanischen Einrichtungen: wie Preßfreiheit,
u. dgl., sollten wir da zu eben diesen Einrichtungen nicht reif
sein ohne einen Fürsten? Ist ein Fürst höher begabt als an-
dere Menschen? Ist er edler, ist er thätiger, ist er sittlicher
als Andere? Ist er vorzugsweise vor Andern der großen
Aufgabe gewachsen, ein Reich zu verwalten?" Werden dann
die Besitzenden dennoch fortfahren zu schreien: Wir sind nicht
reif zur Republik? Nun, wenn sie dieses thun, dann komme
das Blut, das vergossen wird, über sie!

Druck von Renner L» Wolff in Heidelberg
 
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