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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0162

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§. 30. Keines der beiden Häuser kann vom Bundesprä-
sidenten aufgelöst oder vertagt werden, sondern beide Häuser
fangen ihre Sitzungen zu gleicher Zeit an und zwar am ersten
Montag im Januar jeden Jahres und dauern die regelmäßi-
gen Sessionen bis acht Tage vor dem jedesmaligen Osterfeste.
Jndeß hat der Bundespräsident das Recht, außerordentliche
Sessionen einzuberufen und beide Häuser können überdies in
einer gemeinschaftlichen Sitzung auch die ordentliche Session
verlängern.
8-31. Die Versammlung des ersten Bundestags hat in
Frankfurt a. M. statt, sobald die Wahlen des Bundes Präsi-
denten und der Mitglieder der beiden Häuser beendigt sein
werden.
8. 32. Die Regierungen und die Landstände der 8. 2.
genannten 22 rcsp. 23 Provinzial-Staaten haben unverzüglich
je 2 Deputirte zu wählen, nämlich einen die Regierung oder
Negierungen und einen die Landstände oder die vereinten Land-
stände, wo mehrere bisherige Staaten eine Provinz bilden.
§. 33. Diese 44, resp. 46 Deputaten werden sich am
...... zu Frankfurt a. M. versammeln, die Organisation
des deutschen Bundesstaats provisorisch übernehmen und die
allgemeinen Wablcn zu einer konstituireuden Nationalversamm-
lung sofort ausschreibcn und leiten.
Erklärung über die Verhältnisse zum Ausland
Art. 2. Das deutsche Volk erkennt die Unabhängigkeit
der polnischen Nation an und zieht seine Truppen aus
Posen und Gallizien zurück.
Art. 2. Das deutsche Volk erklärt, keine Herrschaft in
Italien ausüben zu wollen, ruft alle deutsche Truppen da-
raus zurück, und erkennt die Unabhängigkeit der italienischen
Völker an.
Art. 3. Das deutsche Volk wünscht mit allen seinen Nach-
barn in Frieden zu leben, wird sich nie in die inner» An-
gelegenheiten fremder Staaten mischen und künftig blos De-
sensiv-Kriege führen.

Heidelberg, 10. Mai. Durch Zufall kam folgende
gedruckte »/Erklärung» in unsere Hände, die wir ihrem wesent-
lichen Wortlaute nach hier abdruckcn. Sie lautet:
Erklärung
Zu den schlechten Mitteln der Reaktion, welche sich nicht
entblödet, die aus Begeisterung für Volk und Volkssreihcit
geschehene republikanische Schilderhebung auf das Nichtswür-
digste zu verläumden, jener Reaction, die nur den niederen
Leidenschaften des Eigennutzes, der Furcht und Aufopferungs-
unfähigkeit schmeichelt — zu jenen schlechten Mitteln gehört
vor allen die schändliche und boshafte Erdichtung, als sei
General Gagern meuchlings gefallen.
Wiederholt erzähle ich den Hergang, wie er sich wirk-
lich zugetragen hat, und appcllire an die Ehrenhaftigkeit der
Augenzeugen, an die Ehrenhaftigkeit, welche ein Feind dem
andern schuldig ist, damit sic die Wahrheit meiner Behaup-
tung bestätigen. Als unsere Kolonne von Kandern auszog-

faßte sie auf den Höhen, dicht vor Kandern Posto. Ich stand
bei einem Fähnlein am Berge, als mir zugerufen wurde,
Gagern wünsche mich zu sprechen. Ich begab mich auf die
Straße, wo mir ein Cavallerielieutenant, ich meine Kiefer,
vom Dragonerregiment in Bruchsal entgegenkam, und diese
Mittheilung wiederholte. Ich stieg den Weg herab, begleitet
von mehreren republikanischen Anführern, und traf mit Ga-
gern auf der Mitte einer vor der Stadt Kandern befindlichen
Brücke zusammen, wo er mich anredete: »Sie, d. h. die
Republikaner, müssen die Waffen niederlegen,» was ich na-
türlich ablchnte; darauf fuhr er fort:
„Sie sind ein gescheidter Mann, aber ein Fanatiker,"
worauf ich erwiderte: „Wenn die Hingebung für die
„Befreiung eines großen Volkes Fanatismus ist, dann
„mögen Sic diese Handlungsweise also bezeichnen, dann
„gibt es aber auch einen Fanatismus auf der anderen
„Seite, dem Sie dienen; übrigens bin ich nicht hier,
„um hierüber zu streiten, sondern frage, ob Sie mir
„sonst etwas mitzutheilen haben."
Hierauf entgegnete er mir, so werde ich mit aller Strenge
gleich cinschreiten, worauf ich erwiederte: und wir werden
einem Angriff zu begegnen wissen; übrigens werde» Sie uns
(die Anführer) zuvor zu unfern Corps zurückkehrcn lassen;
worauf er erwiderte: allerdings. Nach diesem Zwischenge-
fvräch rief mir ein badischer Stabsoffizier (Kunz, wenn ich
nicht irre) noch zu: »Ich beschwöre Sie, stehen Sie ab!»
Damit hatte das Parlamentiren und der erste Akt der Hand-
lung ein Ende.
Wir verließen nun unsere Position vor Kandern, sam-
melten unser Corps auf der Straße und marschirten vorwärts
bergauf, ungefähr dreiviertel oder eine Stunde Zeit. In
einiger Entfernung marschirten uns die Linienlruppcn, die Hessen
voran, nach. So gelangten wir, nachdem also zwischen der
Unterredung auf der Brücke V» bis 1 Stunde verflossen war,
auf die höchste Spitze des Berges, von wo dann die Straße
sich bei Schlechtenhaus stets bergab gegen Steinen zieht. Hier
mußten wir Position fassen, denn, zogen wir bergab und
ließen den Feind die Höhe fassen, so konnte er uns mit Ge-
schütz-, Musketen-, und Cavallerie-Chargen leicht werfen.
Als die uns nachrückcnde Linie sah, daß wir Halt machten,
hielt sie ebenfalls an, und wir stellten uns nun folgenderma-
ßen auf: Ein Fähnlein rechts an der Straße (von Kandern
aus gedacht), ein Fähnlein links, ein Fähnlein quer über die
Straße, rechts von ihm am Waldrand sammtliche Sensen
und hinter dem ersten Fähnlein rechts von der Straße im
Gebüsch die Reserve; zu beiden Seiten der Berghänge die
Scharfschützen. Die Gegner standen so, daß das hessische
Fußvolk voran stand, wie man denn wohlweislich vermieden
hatte, uns badische Truppen gegenüber zu stellen. Die Re-
publikaner empfingen nun diese mit einem Zuruf, schwenkten
die Mützen oder Hüte und riefen: „Kein Bürgerblut vergie-
ßen, ihr seid unsere Brüder, es lebe die Freiheit, tretet in
unsere Reihen!" und gleichzeitig traten aus unseren Reihen
Männer vor, streckten die Hände aus, und schon traten aus
den vorderen Reihen der Hessen 8—10 Soldaten vor, offen-
bar in der Absicht friedlicher Begegnung. Als dies bemerkt
wurde, ritt Gagern vor, und mehrere Obcroffizicre begaben
sich ebenfalls vor. Die Soldaten traten in m -den zurück,
nachdem er ihnen etwas zugerufen hatte» v)Urde
 
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