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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0552

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Aufruf
an alle Volksschullehrer nnd Volksfreunde.
Die wohlbekannte „südtcut che Zeitung" hat über einmal
ihr Gift über den Stand der Volksschullehrer ausgegossen,
wie weil. Buß u. Cons. im Jahre 1846 in der bad. Kam-
mer nnd genanntem christlichen Blatte.
Eine Aufforderung, daß der Verfasser sich nennen soll,
wird so erfolglos bleiben, wie damals; eine Klage anhängig
zu machen, würde ebenfalls zu nichts führen. Wir Haden da-
her den früheren Plan aufgegriffcn, und werden eine Samm-
lung von Thatsachen, aus früherer und ter neuen Zeit her-
ausgeben, wodurch tiesenigen Pfaffen — nicht ehrwürdige
Geistliche — welche durch ihre Schmähungen und Verläum
düngen in ihrer „katholischen Zeitung" das Wirken des Leh-
rers untergraben, eines Andern überzeugt werden. —
Diejenigen Volkeschullehrer und Volksfreunde, welchen
nun solche Pfaffengeschichten bekannt sind: Wucher, Glocken-
vcrkauf, Eingriff in die Hciligenkiste, Unsittlichkcit, Kindcmord,
Falschmünzerei, Schatzgräberei, Sodomiterei u s. f. wollen die-
selben, unter Zu-sichnurg, daß ihr Name verschwiegen bleibt,
an die „Redaktion der Republik in Heidelberg" cinsendcn.
Wir hoffen aus Mauer, Neunkirchen, Schriesheim, Rau-
enberg, Michelfeld, Malsch, Roth, NeudHart, Bruchsal, Heims-
heim, Ettlingen u. s. w. schöne Beiträge zu erhalten.
Bei dieser Gelegenheit werden wir die Lcbeusgeschichte
des bekannten „Bruder Michel-- vollenden. Da diese Sache
eifrig betrieben werden muß, bitten wir um baldige Zusen-
dungen.
Heidelberg, 11. Sept. 1848.
Der Herausgeber des „Geistlichen Spiegels."
Alle freisinnigen Redaktionen werden ersucht, diesen Aufruf, der
guten esache wegen,-in ihre Blätter anfzunehmen.
A uszuH
von den bei der großen Volksversammlung zu Weinheim
am 3. September gehaltenen Reden.
(Fortsetzung.)
Dewes aus Losheim: Bürger! Das Her; eines Parla-
mcntmitglieds erweitert sich, es verzweifelt nicht an Deutsch-
lands Männern, wenn so wie heute die Kraft des Volks sich
zeiget, wenn ihm ein Empfang zu Theil wird, wie er uns
heute begegnete.
Mir thut der Anblick einer solchen Versammlung unend-
lich wohl. Es thut unendlich wohl, bei der Trockenheit des
Parlaments, daß man gestärkt wirb, durch- eine so herrliche
Versammlung — Unsere Vorväter und Väter kämpften beson-
ders in den Jahren 1813, um die Freiheit zu erhalten, die
wir jetzt wollen. Ströme Blutes sind geflossen, allein das
Volk erhielt — nichts, gar nichts und für den Adel wurde
Alles gethan. Das Volk wurde indessen 33 Jahre lang aus-
gesogen.
Im Parlament streitet man mit vielen Worten, wir se
Heu aber keine Thaten. — Auf dem Boden, auf welchem bis
jetzt alle Ständcversammlungen standen, steht auch jetzt das
Parlament. — Aber so kann es nicht fortgchen. Von Er-
leichterung der Lasten ist noch gar keine Rede, was doch das
Nöthigste wäre. Die Zeit, in welcher etwas hätte geschehen
können, wo etwas auszurichten gewesen wäre, ist vorüber.
Aber das moralische Streben des Volkes kann uns noch hel-
fen. Das Volk muß alles thun, um die Majorität zu über
zeugen, daß endlich etwas geschehen müsse. Die Reaktion im
Parlament muß zerstört werden.
Ich verweise Sie auf die Einberufung Heckers, auf die
Ncdigirt nnter Verantwortlichkeit von G. D-. Neuner.

Frage der Amnestie: da haben wir gesehen, daß die Reak-
tion um die Mittel nicht verlegen ist, die Majorität zu erlan-
gen. Wie müssen die einzig vernünftige Staatsform zu er-,
reichen streben, tie Republik, und gehet es nicht auf güt-
lichen, Wege, io gehet es endlich durch die Revolution.
(Die Republik: hock!)
Wiesner aus Wien: Es ist wohl das Erstemal, daß
ein Oestcrreicbcr in Eurer Mitte spricht Seit langer Zeit
war Oesterreich für Euch verschlossen, abgeschnitteu, vergeblich
war d ' Bemühen seit Jahrhunderten, einen bessern Geist in
Oesterreich zu begrünten. Die Geschichte ist so sehr bekannt,
daß ich einzelne Beispiele hier nicht ausühren will. Doch, an
den unvergeßlichen, seiner Zeit vorausgeeiltcn Kaiser Josef
muß ich erinnern, indem er der einzige deutsche Kaffer ist, der
für das Wohl des Volkes gekreuzigt wurde. Er war
seinem ganzen Volke ein treuer Vater, und wußte besonders
daß der Laudmann dem Stande angehört, welcher die Stütze
des Staates ist. Er gab durch sein eigenes Beispiel zu er-
kennen, daß er diesen Stand geachtet und geschützt wissen
wollte Auf einer Reise in Mähren stieg er aus seinem Wa-
gen, ging zu einem Bauer, redete mit diesem über die Be-
schwerlichkeit und Wichtigkeit des Feldbaues und pflügte selbst
einige Furchen. Er war ein gekrönter Volksmanu, der für
das Volk stritt, litt und — gekreuzigt wurde. Er kam leider
zu früh!
Als ich am 5 März d. I. zu jener großen Volksver-
sammlung nach Heidelberg kam, welche das Vorparlament zu-
samMNnef, da kam ich auch mit unseren wahren Volksmann
Hecker zusammen (Großer Jubel). Damals schon erklärte
ich, daß Oesterreich nicht Zurückbleiben würde, daß es für die
Freiheit kämpfen müßte. — In Wien jagten sic den Metter-
nich zum Teufel und bas war auch sehr gut für Euch. Wäre
dieser noch länger am Staats-Ruder geblieben, so wäre es
um die Freiheit ganz geschehen gewesen.
Gleich verlangte das Volk die Einberufung einer gesetz-
gebenden Versammlung. Das Ministerium legte im Entwurf
des Grundgesetzes das Zweikammersystem vor, allein schnell
wurde eine sogenannte Sturmpetition mit 12,000 Unterschrif-
ten eingereicht nnd der Volkswille wurde beachtet.
Jettt ist Oesterreich gegen das ehemals so glückliche Baden
voraus. Wien hat auf denj Barrikaden die Freiheit behauptet,
aber Niemand wäre es eingefallen, diese Barrikadenkämpfer
in das Gcfäugmß zu werfen. In Baden will man die seit
Monaten in den Gefängnissen Schmachtenden nicht einmal —
begnadigen. Wer hat hieran besonders die Schuld? Ich will
es Euch mit einem Worte sagen: die Reaktion! Doch diese
Reaktion wird immer scheitern, wenn derselben Männer entgegen
irrten, so wie ich sie beute hier versammelt sehe.
Auch in Wien zeigte sich diese Reaktion in den neuesten
Tagen wieder auf eine gräßliche Weise und es kam so weit,
daß sie dort den Minister einstweilen als Vormann aufhäugen
wollten. — Wir müssen ohne Unterlaß das Schwert gegen
die Reaktion ziehen, dann werden wir keine Polizcikncchtc mehr
haben und das Volk wird frei sein.
Unser unermüdlicher Vater Jtzstein und ich haben aber-
mals Schritte wegen einer allgemeinen Amnestie gethan und
hoffnungsvolle Zusagen erhalten. Da aber fortwährend noch
eine große Anzahl unserer Brüder in Bruchsal gefangen sitzen
und des größten aller Güter, der Freiheit entbehren, so wollen
wir auch heute ihrer gedenken. Ich fordere Euch daher auf,
daß Jeder nach seinen Kräften etwas beisteuere, um unsere ge-
fangenen Brewer dadurch zu erquicken — Sie leben hoch!
(hoch, hoch, hoch!)
_(Fortsetzung folgt.)_
Druck von Rcu-.er L» TVslff in Heidelberg.
 
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