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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0619

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fafsung beeidigt sind; weil er eben nicht glauben mochte, daß
badische Bürgensöhne im Soldatenrock solcher Unthaten fähig
seien. Um so kräftiger schritt er aber in Karlsruhe ein (nach
der Thach, und bewirkte dort, durch wahrheitsgetreue Schil-
derung der Thatsache, daß die Dränger der Bürger, die schon
einen zweiten Ucberfall auf Montag Abend vrrabrcdet haben
sollten, noch an demselben Tage Bruchsal verlassen mußten,
und so die Stadt von neuem größerm Unheil verschont blieb.
Schließlich sagen wir noch, daß eben von jener Partei der
Dunkelmänner auch der bereits seit einigen Wochen ins Leben
getretene Bürgcrverein, der jetzt 280 Köpfe zählt, und sich
täglich neuen Zuwachses braver Bürger zu erfreuen hat, mit
Scheelsucht betrachtet wird, weil er vernünftigen Fortschritt er-
strebend, seinen Mitgliedern Belehrung gewährt, wie sie in
ruhiger besonnener Haltung die Gemeinde- und Zeitverhälmiffe
zu beurtheilen haben um einig und stark zu sein, aber nicht
im Geheimen za agircn. Darum, wir wissen, wer die Wühler
sind; ,.an ihren Früchten sollet ihr sie erkennen!"
Karlsruhe, 28. Sept. (M. A.) Es geht hier das
Gerücht: General Hoffmann soll bei der Negierung ungefragt
haben, ob er Struve und die übrigen Gefangenen standrechtlich
behandeln soll, worauf ihm eine bejahende Antwort zu Thei!
geworden sein soll. Demzufolge sei heute Normittag um 11
Uhr in Freiburg an Struve und den klebrigen das Urtheil
vollzogen und dieselben erschossen worden.
Heute Vormittag ^ei hier auch die Nachricht eingetroffcn,
im Odenwald (bei Walldüin) sei ein Aufstand auegebrochen
Nachscbrift. Struve lebt noch! Das Kriegsgericht
hatte ihn standrechtlich zum Tode verur.'hcilt, und die Erccw
tion sollte heute Vormittag vollzogen werden, allein das Hof-
gericht in Freiburg legte gegen die Vollziehung dieses Unheils
''Protest ein, weil Struve nicht auf frischer Tbat betreten wurde,
und gegen denselben erst eine geregelte Untersuchung geführt
werten müsse. Das Hofgericht hat demnach die Untersuchung
an sich gezogen und Struve wird s. Z. sein Urtheil vom Gc-
schwornengericht erhalten.
Neustadt im Schwarzwald, 27. Sept. (M. A.) Die
in den Jahren 1844—incl. 1847 Co n scriptionspflich-
tig Gewesen en des Amtsbezirkes Neustadt im Schwarz-
wald haben sich in Folge der von der großh. Regierung an-
geortneten außerordentlichen Conscrivtion hier ver-
sammelt und dabei folgende Beschlüsse gefaßt, die sie dem Mi-
instcnum des Innern verlegten:
1) Großherzogliches Ministerium »volle bekannt machen,
zu welchem Zwecke diese außerordentliche Conscriplion
stattfinden soll;
2) Sämmtliche Anwesende haben sich dahin ausgesprochen,
daß ehe und bevor unsere Negierung den nöthigen Auf-
schluß ertheilt, sich einer außerordentlichen Conskription
nicht zu fügen.
Zu diesen zwei Beschlüssen wird Folgendes bemerkt:
Der Beschluß der gr. Negierung scheint aus ter Bestim-
mung der Nationalversammlung zu Frankfurt hervorgcgangen
zu lein, wornach der Stand der Militärkraft in Deutschland
auf zwei Prozent der Bevölkerung erhöht werden soll, diesen
Beschluß mißbilligt ein Jeder von uns. Denn:
n. Der Wunsch des Volkes ist schon längst die Ver-
minderung des stehenden Heeres, unsere Regierung hat dieselbe
auch bereits versprochen.
I>. Die Kosten für daö stehende Heer sind jetzt schon
drückend genug, und dieselben sollen bei einer Zeit, wo bereits
jeder Verdienst aufhört, nicht vermehrt werden.
e. Jeder von uns iss bereits in ein Alter vorgerückt,
wo er die Stütze seiner Eltern ist oder auch ein Geschäft für

sich betreibt und dadurch beiträgt, den Staatshaushalt zu un-
terhalten, unsere Regierung soll nun uns unserm Geschäfte
nicht entziehen, indem die Nachtheile, welche dadurch entstehen,
nicht nur manche Familie an den Bettelstab bringen, sondern
auch Manchen, der schon ein eigenes Geschäft führt, gänzlich
ruiniren würden.
Das hier Gesagte braucht keiner näheren Erörterung, da
cs offen auf der Hand liegt und die gr. Regierung es auch
nicht verkennen kann.
Eine große Anzahl junger Leute des Schwarzwaldes sind
bekanntlich im Auslande und für sie wäre der Nachtheil allzu-
groß, wenn die Gründe der Negierung für diese Maßregel
nicht überwiegend sind
Bezweckt die Regierungs-Verfügung bloß, daß wir den
Militärdienst erlernen sollen, so bemerken wir, daß in den
Märztagen die Bürgerwehr einzuführcn versprochen wurde,
wodurch dieser Zweck schon erreicht wird, ohne daß wir unse-
ren Familien oder unteren Geschäften entzogen werden, und
eine gut eingerichtete Bürgcrwehr kann zur Vertheidigung des
Vaterlandes mehr beitragen, als ein stehendes Heer, weshalb
eine Vermehrung desselben unnütz und schädlich erscheint, indem
die Bürgerwehr aus der ganzen Kraft des Volkes besteht,
während das stehende Heer immer nur ein einzeln dastehendes
Bruchstück des Volkes ist. Man erwartet von der Negierung
genügende Entschlüsse.
Andere Bezirke werden mit ähnlichen Verwahrungen folgen.
Der Gegenstand ist von ter höchsten Wichtigkeit.
Aus Tbür in gen, 22. Sept. Gestern haben die Bau-
ern in Herren-Gofferstedt, einem Dorfe zwischen Bibra und
Eckartsberga, das dortige, dem Hrn. v Münchhausen gehörige
Schloß demolirt und in Brand gesteckt. Sie sollen von furcht-
baren Feudallasten gedrückt gewesen sein. Man befürchtet hier
einmal einen allgemeinen Bauernaufstand, und auch in den
kleinen und Mittelstädten herrscht in Folge der Ernennung des
neuen Ministeriums eine äußerst bedenkliche Aufregung. Meh-
rere adelige Familien Haden sich bereits nach Erfurt geflüch-
tet. (Aachn. Z.)
Dresden, 26. Sept. Gestern früh hat ein Kurier
vom Ncichsministerlum den Befehl gebracht, das sächsische
Contingent von 6000 Mann marschfertig zu hallen. Demge-
mäß sind bereits heute früh Marschordres an die kaum beur-
laubten Soldaten abgegangen. Dem Vernehmen nach soll in
den sächsiichen Herzogthümcrn ein auö sächsischen und österrei-
chischen Truppen gebildetes Armeekorps znsammengczogen und
unter das Commando eines österreichischen Generals gestellt
werden.
Berlin, 26. Sept. Die gestrigen Tumulte und unru-
higen Szenen deren der Schluß meines Briefes gedachte, ha-
ben sich bis gegen 10 Uhr fortgesetzt. Namentlich in der Um-
gebung der Stadtvogtei, wiewohl eine Anzahl sonst beliebter
Volksreducr bemüht war, das Vo!k zum Auseinandcrgehcn zu
bewegen. Die Tumultanten behaupteten jedoch, unter dem
Verlangen der Freilassung der politischen Gefangenen, ihre
Stellung, bis die Bürgerwehr mit Energie dieselben ausein-
andertrieb, wobei einige Verwundungen vorfielen. In der na-
hen Königstraße hatte man inzwischen begonnen, Barrikaden
aufzuwerfen, wenn man nicht heute erführe, daß ein Graf
Breßler gestern Abend um 9 Uhr von der Bürgerwehr ver-
haftet wurde, weil er das Volk zum Barrikadenbau aufregte.
Benannter Graf ist ein eifriges Mitglied der hier thätigen
reactionären Atelspartei und Ausschnßmitglicd des Bülow-
Cummerow'schcn Junker-Parlamcntö. Die Ereignisse des gest-
rigen Tages erhalten dadurch ein überraschendes Licht. Man
konnte sich die Neigung des Volkes zu Erzessen, bei dem fort-
 
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