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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0703

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allen Schlichen und schändlichen Mitteln, durch die man die
Arbeiter in die Falle zu locken versucht. Man hat auf den
verschiedenen Baustellen immer den zehnten Arbeiter entlassen,
(wodurch wieder viele Hunderte nebst Familien brodloS wer-
den,) und hat dabei nicht undeutlich merken lassen, als sei die
Bestrafung für den letzten Cravall. — —
Schande, daß ihr solche Mittel zu euern teuflischen Zwek-
ken benutzt!!—
Berlin, 20. Okt. Die Offiziere geben sich die äußerste
Mühe, sich populär zu machen. Am 1ü Okt., dem Geburts-
tage des Königs, gaben sie den Soldaten Bälle und brachten
sogar vielfach ihre Damen mit. Die Söhne des Prinzen v.
Preußen und der Prinz Karl tanzten mit Dienstmädchen, sa-
lonsgewöhmc Offiziers-Damen in Tanzkneipen, in oer At-
mosphäre von Schnaps und sehr demokratischem Tabak! Aber
es ist auch die höchste Zeit, cs steht alles auf dem Spiel! In
diesen Tagen grüßten sich die Füselierbataillone des 1. und 2.
Gardcregiments, die sich bei einem Manöver begegneten, mit
dem Zuruf: „Guten Morgen, Demokraten!" Die
Offiziere rasen; cs ist aber auch fürchterlich für ein altprcußi-
sches Krieger-Herz! (N.D.Z.)
.Berlin, 20. Okt. In Folge der unseligen Ereignisse
vom 16. Okt. sind hier folgende Plakate erschienen:
Die Redakteure der Bürgerwehr-Zeitung:
„Mitbürger! Laßt uns einen Schleier werfen über das Ge-
schehene! Arbeiter! Zähmt eure Leidenschaften! Bürger!
Vergeßt nicht den Ruf der Menschlichkeit! Eintracht! Ein-
tracht! Spart euren TodeSmuth für Angriffe, die gegen die
Freiheit gerichtet sind."
Der Volksklubb: Bürgerwehrmänner! Entfernt alle
reaktionären Bürgerwehr Offiziere auö euren Reihen, denn
diese sind schuld an dem Blutvergießen.«
Der demokratische Clubb erließ drei Plakate. 1. An
die Bürgerwehr. »Eure Waffen find durch vergossenes Bru-
d-rblut beschimpft Wir wissen, die Mehrzahl verabscheut die
wüihendcn Menschen, welche zuerst durch den Gebrauch der
Schußwaffe den Kämpf angeregt haben. Ihr seht in der Bür-
gerwehr den Schild der Freiheit; zeigt, daß cs Euch mit die-
ser Auffassung Ernst ist, folgt dem herrlichen Beispiel der
Wiener Nationalgardc; reicht den Arbeitern Eure Hand, ver-
bindet Euch mit ihnen gegen den gemeinschaftlichen Feind."
2. „Arbeiter, Brüder! Die gedankenlose Wuth einiger
Bürgerwehrmänner hat einen Kämpf erzeugt, dessen Anstreng-
ungen eines besseren Erfolges würdig gewesen wären. Die
gesummte Bürgerwehr ist unschuldig, sie kehrte ihre Waffen
gegen Euch , weil sie meinten, es sei auf ihre Vernichtung ab-
gesehen. Sie beklagt mit uns den Kampf und fühlt, daß in
Eurem Hcldcnsinn, in Eurer Unerschrockenheit die kräftigste
Stütze unserer Freiheit ruht."
3. An das Volk von Berkin. „Männer der Bürgerwehr!
gebt nicht zu, daß die Reaktion den Conflikt mit den Arbeitern
ausbeute. Bedenkt, daß ihr in Eintracht mit dem übrigen
Volke unüberwindlich seid." „Arbeiter! Laßt Euren Groll
fahren! Unser Wahlspruch sei Freiheit oder Tod!" Die im
ganzen Volke lebenden Wünsche sind: Zurücknahme des Dür-
gerwehrgcsetzes, allgemeine Volksbewaffnung, sofortige Einsetz-
ung von Schwurgerichten, Freilassung der politischen Gefange-
nen, Abdankung des gegenwärtigen Ministeriums und Ernen-
nung eines neuen freisinnigen. — Das ist es, was das Volk
verlangt und was schnell gewährt werden muß!
Aus Schlesien. In Schlesien, dem ärmsten
Theile unseres Vaterlandes regt es sich natürlich auch am

stärksten. Ach so große Hoffnungen und so arg getäuscht! —
In Ohlau ist ein Festessen, wahrscheinlich zu Ehren des Kö-
nige Geburtstag, gestört worden. Husaren sprengten auf die
„Ruhestörer" und hieben ein. — In Ober-Glogau hat man
dem Bürgermeister eine Katzenmusik gebracht, und in Liegnitz
ist cs ebenfalls sehr unruhig. Uns scheint es, die Unruhen
werden noch lange kein Ende nehmen, wenn man das Uebel
nicht an der Wurzel faßt.
Wien, 20. Oktober. Da haben wir die Beschce-
rung! Unsere Befürchtungen waren also vollkommen begrün-
det! Der Reichstag schwätzt, und selbst wenn er von Thaten
spricht, so ist es eben nichts, als leere Schwätzern. Das
Schwert nur kann uns helfen :c., heißt es allenthalben, und
Angesichts dessen Alles gab Herr Schuselka in der heutigen
Reichstagssitzung folgende Erklärung ab: „Heute ist die Bevöl-
kerung Wiens durch ein Placat wieder in Hoffnung versetzt in
Hinsicht auf die Ungarn. Wir halten es für unsere Pflicht,
offen zu sein. Das Placat sagt, daß die Ungarn bereit seien,
zu Hülfe zu kommen, wenn sic von einer legalen Behörde
ausgefordert werden. Nun gibt es aber in Wien keine legale
Behörde, die ein Heer das einem fremden Ministerium unter-
steht, zu Hülfe rufen könnte. Der Reichstag hat die Consti-
tution zu arbeiten und nicht mit dem Kaiser Krieg zu führen.
Pulßkp hat selbst erklärt, daß die Ungarn nicht gegen den Kai-
ser Krieg führen wollen und können. Weder der Reichstag
noch der Gemeindcrath ist dazu legal, die Ungarn aufzufor-
dern, hrrzukommcn und eine Schlacht zu liefern. In der un-
garischen Adresse kommt auch nicht vor, daß wir die Armee
zu kommen auffordcrn sollen. Es heißt, daß sie ihr den Be-
fehl geben, Jellachich zu verfolgen, wohin er sich wenden möge.
Wir haben Alles gethan, was wir thuu konnten, daß wir die
Adresse vorlasen und mitAcclamation aufnahnun. Aber auf-
fordcrn könen wir sie nicht. Das Gerücht geht ohne-
dieß, daß die Ungarn in Ollmütz um friedliche Ausgleichung
ansuchcn. Daher muß der Ausschuß Alles thun, um keine
sanguinischen Hoffnungen beim Volke zu nähren. Wir haben
dem Ban offen unsere Meinung ausgesprochen, daß wir die
Ungarn nicht hinausdecretiren können, wir erklären eben so
offen, daß wir jetzt nicht sie hereinrufcn können. Sonst wer-
den die Conflicte vermehrt, Bürgerkrieg überall entzündet und
der Sturz des Staatswesens wäre unvermeidlich." —
Was Schuselka sagt, ist, abgesehen von dem fürchtbaren
Unsinn mit der gesetzlichen Behörde, durchaus unrichtig; es
stimmen die neuesten Nachrichten darin überein, daß die Un-
garn keineswegs ihren Entschluß aufgegebcn haben, zu Hülfe
zu eilen, sobald es gewünscht wird.
lieber die Stellung u. s. w. der ungarischen Armee gibt
der mit einer Sendung an dieselbe beauftragt gewesene Kom-
mandant des 1. VolkSwehrbezirks, LeScynski, folgenden Auf-
schluß: „Die bei Parendorf, Kitse und gegen Hamburg gela-
gerte ungarische Armee besteht aus 30,000 Mann, 3000 Pfer-
den und 42 Kanonen. Diese Armee, durchaus gut bewaffnet,
kräftig und von dem herrlichsten Geiste beseelt, steht kampfge-
rüsiet an unsrer Gränze, um mit uns vereint unsere Freiheit,
wird sie von frecher Hand angctastct, mit dem letzten Bluts-
tropfen zu vcrthcidigen. Sie zogen sich von Pruck nach Pa-
rendorf mit blutendem Herzen zurück — wozu sie nur ein
dringender Befehl des ungarischen Landtags vermochte, der nur
nach Aufforderung des österreichschen Reichetagcs oder des
wiener Gemeindcraths das Uebcrschreiten der österreichischen
Grenze bewilligt. Vertrauen können wir dieser Heldenschaar,
die, von einem gerechten Gott geschützt, einen weit überlegenen
Feind warf und schlug, und neuerdings bewies, daß nicht die
Anzahl, sondern die Tapferkeit Siege erficht."
 
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