Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Republik — 1848

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0913

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
* Frankfurt. Es ist jetzt wirklich ein Aufruf an das
deutsche Volk erschienen, in kein es aufgefordert wird, auch
für Aurrswald's Hinterbliebenen Sammlungen zu veran-
stalten. »Als Vertreter des Volkes, heißt es in diesem Auf-
ruf, der von Graf Zs. ausgcht, als Vertreter des Volkes ist
Auerswald für sein Vaterland gestorben!" Wie lächerlich!
.Hoffen. Aus Darmstadt berichtet die Mannh. Abdz.:
Wie die Regierung die persönliche Freiheit nnd die Rechte des
Bürgers zu achten versteht, beweisen die an die hiesige Garni-
son erlassenen Verbote, nach welchen den Soldaten der Besuch
gewisser Wirthshäuscr und die Thcilnahme an Gesellschaften
und Versammlungen, in denen öffentliche Angelegenheiten ver-
handelt werden, bei scharfer Strafe untersagt ist. So soll
kürzlich ein Soldat wegen verbotenen Wirthshausbesuchs mit
14 tägigem Cascrnenarrest bestraft worden sein. Die Monar-
chie wählt ihre Mittel nach den Umständen; in den Tagen
der Gefahr hat sie durch momentane Erleichterungen und Ver-
sprechungen die Hülfe der Soldaten gegen das Volk sich zu
sichern gewußt; jetzt versucht sie die dieselben durch Abschlies-
sung von den Interessen der Zeit vollständig zu tödten und
zu willenlosen Werkzeugen ihrer Launen heranzudreffiren. Es
knirscht freilich mancher Soldat über derartige Mißhandlungen
aber es ist noch nicht aller Tage Abend.
* Stuttgart, 13. Dez. In einer der letzten Kam-
mersitzungen ließ ein wohlgenährter Pfaffe, der Prälat Meh-
ring, seinen Zorn darüber aus, daß man das Wort »von
Gottes Gnaden" nach dem Namen des Königs weglaffe. Ge-
gen eine solche Abkürzung des Königthums müsse er sich ver-
wahren, sagte der Schwabe. Wenn der Freund Mehring
noch einige Zeit lebt, wird er vielleicht noch einige »Abkürzun-
gen des Königthums» erfahren müssen.
München, 18. Dez. Während das Volk am Bettel-
stäbe geht, trotz dem äußerst fruchtbaren Jahre, dennoch kaum
zu nagen noch zu beißen hat; während das Volk kaum die
Mittel bat, um seine kleine Hüttchen mit Stroh zu decken und
die strenge Kälte durch Fenstern ans seiner Wohnung zurück-
zuhalten; während die Hütten ganzer Dörfer zerfallen, weil
der Bauer das Geld zur Reparatur nicht erschwingen kann;
während nur Hunger und Elend unter dem Volke herrschet,
bauen die Fürsten sich Paläste, Schlösser, lassen die Wände
mit Gold belegen und die Böden mit kostbarem Ebenholz.
Ludwig der Baierkönig läßt sich mit dem Frühjahr ein
großes prächtiges Schloß an des Sturmberger See erbauen.
Mer weiß, wie lang es steht! —
Bedcnkt's, die ihr durch Schlösserbau des Volkes Geld
verprasset,
Ruinen werden alle noch, die ihr erbauen lasset!
Brrnrbeog, 16. Dez. Nach neunwöchentlicher Unter-
suchungshaft ist endlich Dr. Schaltern wieder in Freiheit ge-
setzt worden, nachdem sich das hiesige Stadtgericht durch Ab-
hörung von 75 Zeugen erkleckliche Mühe gegeben hatte, einen
Schein von Recht für die willkürliche Verhaftung des Freige-
lassenen zu erhaschen. Diese HockMrraths- und Majestätspro-
zeffc stehen auf derselben Stufe und sind nichts anderes als die
Herenprozeffe früherer Jahrhunderte. Ja sie stehen noch sogar
unter den Hereuprozeffen, denn während in jener Periode die
Juristen ein hexengläubiges Volk hinter sich hatten, ist die öf-
fentliche Meinung jetzt so aufgeklärt und vorangcschritten, daß
bei ter zum Bewußtsein gekommenen Volkssouveräneiät sie
nur Beleidigung der Majestät des Volkes und Hochverrats)
gegen die Bolkshohcit selbst anerkennt. Hinter unfern, viel-
mehr gegen unsere heutigen Juristen steht daher ein ganz

majestäts-ungläubiges Volk, das in seiner großen Mehrzahl
in den sogenannten »politischen Verbrechern» nur Opfer der
Gewalt, nicht dcS Rechts, nur Märtyrer einer gerechten Sache
sieht. —
Breslin, 16. Dez. Es kam heute zu einem Arbeiter-
auflauf vor'm Ziegelthor, wo sich das Häuschen befindet, in
welchem von den städtischen Beamten Arbeitsscheine ausgetheilt
werden. Viele Arbeiter drängten sich herzu. Sie wurden
von der herbeigerufcnen Bürgerwehr, gegen welche einige
Steine flogen, durch einen Bajonettenangriff zurückgedrängt.
Es wurden mehrere Arbeiter bedeutend verwundet. Gegen
unbewaffnete Arbeiter zeigte die hiesige Bürgerwehr überhaupt
noch jedesmal großen Muth, wenn sie Arbeitern in Uebermacht
entgegenstand. Von anderweitigem Muth hat sie bisher aber
noch nicht die mindeste Probe abgelegt. (N.RH.Z.)
Ans dem westphäkrschen Sauerlanoe, 2t. Dz.
Unsere Gebirgsgegend, vor einigen Jahrhunderten der Schau-
platz der Herenprozeffe, schreibt die N Rh. Ztg., sicht in die-
sen Tagen wieder eine wunderbare Erscheinung, nämlich eine
Demokratenjagd, betrieben mit einer Wuth, einem Jngrimme,
wogegen die heilige Hermandad und die Kamptz Dambachschen
Demagogcnverfolgungcn noch gelinde erscheinen. Tag und
Nacht wird gegen Männer inquirirt, die für des Volkes Wohl
thätig gewesen, die nichts getban, als die Zeit und ihre Ge-
staltungen einem von Natur scharfsinnigen, kräftigen Menschen-
schläge zu erklären und zur Einigkeit zu ermahnen. Richter
von der reaktionärsten Färbung, die durch Bctheiligung an
den allerservilsten Adressen in der jüngsten Zeit sich von dem
Standpunkte der Unpartheiligkeit entfernt, haben mit Gier die
von der Verwaltungsbehörde ersehnten Maßregeln ergriffen.
Ihre verklärten Stirnen weissagen VerhaftSbefehle nach allen
Richtungen hin. Einer, wer weiß wie langen, Verhaft zu
entgehen, sollen sich daher Männer des Volkes, wie v. Ors-
bach, Koch, Schlozer, Grashof, Reinecke u. A einstweilen ins
Ausland begeben haben. Sauerländer, verzaget nicht, denn
die Zeit wird sich erfüllen, und zwar recht bald!
Wie«, 17. Dezember. (N Rh.Z.) Die gestrige Hin-
richtung deS Polen Krziwan war schauerlich. Er mußte mit
Ketten an Händen und Füßen, den Geistlichen und die Henker
hinterher, von der Alstertaserne zu Fuß bis zum Nichtplatz,
die Spinnerin am Kreuz, hinwandern. Eine imponircnde
Masse Militär eskortirte den armen Men'chen durch die ent-
setzten Vorstädte, und stellte sich in einem Quarree um den
Galgen auf. Der Henker brauchte nach den gräuelvollen Vor-
bereitungen und nachdem er dem Opfer schon den Strick um
den Hals geworfen, noch ö Minuten, um Krziwan zu tödten.
Sie erlassen mir, Ihnen die Scheußlichkeit des Anblicks zu
schildern. Die Soldaten sahen schweigend und mit herabge-
senklen Köpfen diesem Kunstgräuel österreichischer Bestialität
zu. Krziwan starb wie ein Held. Sein Verbrechen besteht
darin, daß er seinen Unteroffizier erschossen hat. Damit ver-
hält es sich aber also: Krziwan hatte, in Mailand glaub' ich,
zuerst eine Barrikade erstiegen, er sollte einen Orden erbalten.
Das verdroß den Unteroffizier, und er denunzirte Krziwan
als ordensunqualifizirt, weil er einmal bestraft worden. Da-
rauf erhält der Unteroffizier statt Krziwan den Orden, und
martert nun den armen Menschen ununterbrochen. Auf einem
Marsch durch die Straßen der Leopoldstadt bemerkt er, daß an
Krziwans Uniform ein Knopf fehlt, und versetzte ihm darüber
ohne Weiteres eine furchtbare Ohrfeige. Auf's tiefste in seiner
Ehre vor dem ganzen Publikum gekränkt, schießt Krziwan ihn
darauf sofort nieder. Ungeachtet dieser gewiß mildernden Um-
stände, die den Oberjäger arg graviren, nahm das M'litärge-
 
Annotationen