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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0013

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Die Republik erscheint
täglich. Preis in Heidel-
berg vierteljährig 45 kr.
Durch die Post bezogen im
ganzen Großh. Baden l fl.
tO kr. Bei Inseraten kostet
die gespaltene Pctitzeile 2kr.

Bl" 1. Samstag,

Die Deutschen in der Schweiz.
„Je weiter die Deutschen von ihrem Vater-
lande wegkommen, desto deutscher werden sie"
sagt ein älterer Schriftsteller. Die Wahrheit dieser Regel —
Ausnahmen gibt es überall — liegt in natürlichen Gründen
und bedarf hier keiner näheren Auseinandersetzung. Auch bei
den jetzt in der Schweiz lebenden Deutschen zeigt es sich, daß
Berg und Thal und ein ganz anderes Volksleben die Geister
und die Herzen der alten Heimath nicht entfremden konnte.
Auf die erste Kunde von Deutschlands Erhebung erhoben auch
dort sich die Deutschen, vergaßen persönliche Zwiste und häus-
liche Geschäfte, beriethen sich Nächte hindurch über die Art
und Weise, wie auch sie ihr Scherflein für die Landeswohl-
fahrt niederlegen könnten, und, wo ihrer mehrere zusammen-
kamen, da tagten sie in geordneten Versammlungen. Diese
Einzelbestrebungen fanden endlich am 26. März im bernischen
Städtchen Biel ihre Einigung. Hier hatten sich Abgeordnete
aus verschiedenen Cantonen der Schweiz, besonders aus den
westlichen, eingefunden. Mit dem Ernst und der Würde,
welche die Hoheit der Sache erfordert, mit der größten Ein-
tracht, welche so sehr absticht gegen das Verfahren an manchen
innerdeutschen Orten, wo man über die Bärenhaut marktet vor
erlegtem Bären, wo man über Kaiscrthum und Republik pro-
zeffirt, während der gemeinsame Erzfeind noch auf dem Nacken
sitzt, wurden folgende sieben Punkte berathen und einhellig an-
genommen :
I. Die Deutschen in der Schweiz erachten es für eine
heilige Pflicht, an dem großen Kampfe für Deutsch-
lands Wiedergeburt ebenso wie die in der Heimath
wohnenden Deutschen mit Gut und Blut sich zu betheiligen.
II- Als Mittel zu diesem Zwecke erkennen sie sofortige
Bewaffnung und militärische Organisation.
III. Demzufolge bilden je hundert Einzeichner eine
Kompagnie und je fünf Kompagnieen ein Bataillon Fuß-
volk nebst den erforderlichen Spezialwaffen. Die gesammte
Streitmacht führt den Namen „deutsche Legion aus
der Schweiz."
lV- Die oberste Leitung der Legion besorgt ein aus 7
Mitgliedern bestehender Ausschuß oder Kriegsrath als:
ein Präsident, ein Secrctär und 5 Beisitzer für:
») äußere Vertretung,
b) innere Verwaltung,
e) Finanzen,
<i) Rechtspflege,
o) Genie und Technik.
Einstweiliger Versammlungsort und Sitz des Waffende-
p-ts und der Legionskaffa ist Biel.

Bestellung wird gemacht in
Heidelberg in der Buch-
druckerei von Renner u
Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Postämtern. Briefe
werden frankirt erbeten-

1. April. 18L8.

V. Dieser Central-Ausschuß ist ermächtigt, unverzüglich
in allen Theilen der Schweiz lokale und kantonale Verwal-
tungen einzusetzen, die Legionsoffiziere zu bezeichnen und über-
haupt alle zum Ziele führenden Maßregeln im Geiste dieses
Programms anzuordnen.
VI. Die Legionskasse wird durch freiwillige Beiträge er-
halten. Sie dient zunächst dazu, die Legionäre, welche sich
nicht aus eignen Mitteln Waffen anschaffcn können, von Ver-
cinewegen zu bewaffnen. ES ist anzunehmcn, daß diejenigen
bemittelten Deutschen in der Schweiz, welche an persönlicher
Theünahme gehindert sind, durch vermehrte Gaben ihre Va-
terlandsliebe beurkunden werden.
VII. Der Ausschuß wird die Legion einem volköer-
wähltcn deutschen Parlament, nach Umständen dem
Obmann des benachbarten badischen Volksvereins, oder aber
einer sonstigen aus dem Volkswillen hervorgegan-
genen republikanischen Oberbehörde zur Verfü-
gung stellen und unverzüglich mit dem Kommando der
deutschen Legion in Frankreich sich in Einvernehmen setzen.
Der unter 8. IV. erwähnte Centralausschuß oder Kriegs-
rath wurde mit Ausnahme des AuditoriatS, welche Stelle ei-
nem zu Bern wohnenden Rechtsgelehrten zufiel, und mit Aus-
nahme des Gcniewesens, womit man den tüchtigen Jngenieur-
offieier Daffner zu Bättcrkinden betraute, der Dringlichkeit der
Sache wegen aus fünf in Biel wohnenden Deutschen zusam-
mengesetzt. Präsident und Viccpräsident sind die HH. Fabrik-
besitzer Becker und Postmeister Schüler, welche Beide als Ad-
jutanten des Bundespräsidenten und Divisionärs Ochsenbein
den Feldzug gegen den Sonderbnnd in den Cantonen Freiburg
und Luzern mitgemacht und dabei sich allgemeine Achtung er-
worben haben. Aber auch ein Arbeiter, ein Mann des ach-
tungswerthen vierten Standes oder, wie es besser lautet, des
eigentlichen Volks, sitzt im Kriegsrath der deutschen Legion.
Ein in der Schweiz sehr populärer deutscher Schriftsteller
wurde ersucht, das Programm der deutschen Legion nebst den
erforderlichen Erläuterungen der sich zunächst bildenden Ober-
behörde Deutschlands mirzutheilen; in Folge dieses Auftrags
hat derselbe bereits nachstehende Erklärung in öffentlichen
Blättern abgegeben:
Die deutsche Legion aus der Schweiz begreift
wohl, Laß sie, obschon mehr Wehrhafte zählend als ein benach-
bartes deutsches Fürstcnthum Seelen, doch nur ein kleiner Bruch-
theil des großen deutschen Volkes ist. Sie beabsichtigt daher auch
nicht entfernt, bei dem Parlamente, welches zunächst über Deutsch-
lands künftige Regierungsform berathschlagt, ihre Meinung als
entscheidendes Gewicht in die Wage legen zu wollen. Gleich an-
dern vaterländischen Vereinen und Körperschaften spricht sie nur
ihre Wünsche aus, und bietet einer aus unzweideutigem

Die Republik.
 
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