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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.24118#0052

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AUSSTELLUNGEN

wird bei Brakl auch wieder eine umfangreiche
Kollektion von Leo Puß zu fehen fein, die neben
früheren Gemälden auch die 1909 und heuer
entftandenen Werke des Künftlers enthält.

M. K. R.

WÄRSCHÄU Die feitens der „Gefellfchaft
zur Förderung der fchönen Künfte“ zur Feier
ihres fünfzigjährigen Beftehens organifierte Ju-
biläumsausftellung ift am 17. Dezember unter
Beteiligung der Mehrzahl lebender polnifcher
Künftler eröffnet worden. Auf der Husftellung
find 222 polnifche Maler, Bildhauer, Graphiker
und Architekten mit ca. 450 Werken repräfentiert.

P. E.

WIEN Die ftärkften Anregungen indem reichen
Ausftellungsleben diefes Herbftes gingen zweifel-
los von der Klimt-Anstellung der Galerie Miethke
aus. Ein erwünfchter Anlaß, hier nochmals dank-
bar anzuerkennen, wie die bewährte Leitung
diefer Galerie, deren erfolgreiche Sammeltätig-
keit auf dem Gebiete alter Kunft die größte Be-
achtung verdient, von Jahr zu Jahr mehr und
mehr beftrebt ift, führende moderne Künftler des
In- und Auslandes in gewählten Sonderaus-
ftellungen demWienerPublikum näherzubringen,
jüngeren Talenten den Weg in die Öffentlichkeit
zu ebnen. — Ein sehr verfchiedenartiges Ge-
famtbild boten diesmal die Ausheilungen der
drei großen Künftlervereinigungen, unter denen
vornehmlich die des Hagenbundes ein befonderes
Intereffe beanfprucht. Die Herbftausftellung des
KÜNSTLERHAUSES, die die stattliche Zahl von
etwa 500 Werken umfaßte, zeigte den feit Jahren
gewohnten mittleren Durchfchnitt. Die hinläng-
lich bekannten Ziele der Künftlergenoffenfchaft
sind diefelben geblieben, wieder waren faft alle
namhaften Mitglieder in gewohnter Zahl und
Art zur Stelle, meift ohne ihrem lang vertrauten
Charakterbilde einen wesentlich neuen Zug hin-
zuzufügen. Schon die Fülle des Gebotenen
widerftrebt einer eingehenden Würdigung der
Einzelleiftung, zumal wenn diefe fich so wenig
merkbar von dem Gefamtbild abhebt. So ge-
nügen an diefer Stelle einige ganz kurze fum-
marifche Andeutungen. Faft immer findet man
im Künftlerhaus zahlreiche Porträts bekannter
Mitglieder der Wiener Gefellfchaft, die in der
Regel fchon durch das Intereffe an dem Dar-
geftellten die Ausheilungen der Genoffenfchaft
zu einem gefellfchaftlichen Ereignis zu geftalten
pflegen. Doch bleiben gerade die beliebten
Porträtiften der Gruppe diesmal häufig unter
dem gewohnten Niveau; man denke nur an den
Raum mit den Bildern Temple’s, die zum Teil
fehr bedenklich in die Nähe des Kitfehes ge-

raten. Auch J. Qu. Adams wird immer mehr
zum gewandten Routinier, der nur flüchtiger
Augenweide zu dienen beftrebt ift [Beifpiel:
Das Porträt der Schaufpielerin Hilde Radnag
(Nr. 194), das ganz äußerlich in der Pofe an
das berühmte Bild der Madame Recamier er-
innert.]. Weit wefentlicher erfcheint mir die
Beobachtung, daß die Vereinigung in aner-
kennenswerter Objektivität auch Werken mo-
derner und modernfter Richtung gelegentlich
gaftliche Aufnahme gewährt hat, obwohl diefe
meift notwendig aus dem Rahmen der alther-
gebrachten Umgebung fallen müffen. [Aus mehre-
ren Beifpielen: Nr. 218, Adolf Currgs „Madonna“,
die fogar — freilich aus weiter Ferne — Gau-
guins tahitanifche Mütter zu kennen fcheint,
oder Nr. 164 „Liebesfrühling“ von dem talent-
vollen Karl Sterrer.] In pietätvoller Wei|e sind
zwei Räume dem Gedächlniffe verstorbener
Mitglieder der Vereinigung geweiht worden,
Karl Freiherrn von Merode und Rudolf Quittner.
Merodes Schaffen hatte wohl bereits in den
achtziger Jahren feinen Höhepunkt erreicht. Da-
gegen durfte man von dem jungverftorbenen
Quittner, der nirgends feine gute Parifer Schu-
lung verleugnet, noch mancherlei erwarten. Man
erinnert fich noch des vielverheißenden „Trgptg-
chons“, das vor einigen Jahren im Künftlerhaus
zu fehen war; in den hier vereinigten Land-
fchaften aus der leßten Zeit des Künftlers ftrebt
er nicht ohne Glück danach, die Wirkungen mo-
derner farbiger Radierungen auf Ölbilder zu
übertragen.

In der „SEZESSION“ veranftaltete gleich-
zeitig die „Vereinigung bildender Künftlerinnen
Öfterreichs“ ihre erfte Ausftellung, die gleichfam
programmatifch der „Kunft der Frau“ gewidmet
war. Hier darf fich der Berichterftatter mit Fug
und Recht noch kürzer faffen. Das zu feuille-
toniftifcher Auswertung reizende Programm der
Ausftellung hat nachgerade in der in- und aus-
ländifchen Tages- und Fachpreffe genug phrafen-
reiche Spekulationen über den Unterfchied der
Gefchlechter i. a. und wie fich diefer in ihrer
künftlerifchen Betätigung äußere, über die Not-
wendigkeit „auch der geiftigen Befruchtung der
Frau durch den Mann“ (ich zitiere!) ufw. her-
vorgerufen. Hier unterbleibt fo auch der Ver-
fuch, das einigende Band diefer Ausftellung auf
feine Tragfähigkeit hin zu unterfuchen, wenn
auch die Berechtigung diefer Frageftellung prin-
zipiell zugegeben werden muß. Bei einer ernft-
haften Aufrollung des Problems geriete man in
eine tiefgründige pfychologifche und äfthetifche
Unterfuchung fehr zweifelhaften Refultates, die
noch größere Schwierigkeiten böte als die inner-
lich verwandten Fragen des Raffeproblems in

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