Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911
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2. Heft
DOI Artikel:Mayer, August Liebmann: Die "Altspanische Ausstellung" in der Galerie Heinemann in München
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DIE „ALTSPANISCHE AUSSTELLUNG“ IN DER GALERIE HEINEMANN IN MÜNCHEN
Äbb. 6. F. ZURBÄRÄN, Der heil. Ignatius von Loyola
(Marques de la Vega)
Aus der allerbeften Zeit des
Künftlers [tammt das „Engelfrag- *
ment“, wohl das Bruchftück einer
„Marienkrönung“, das als dekora-
tive Malerei von höchftem Reiz ift,
im übrigen aber bei vielen, an
Grecos „Verzeichnungen“ nicht ge-
wöhnten Kopffchütteln erregen
mag. Überaus intereffant ift dann
noch die „Concepcion“, die die
Galerie Heinemann felbft erft un-
längft erworben hat. Das Gemälde
ift fraglos identifch mit dem von
Grecos Sohn im Nachlaß feines
Vaters als unvollendet erwähnten
„Concepcion“. (Coffios Bezeich-
nung des Bildes als „Himmelfahrt
Mariä“ ift irrig.) Abgefehen von
dem künftlerifchen Wert ift das
Stück noch dadurch intereffant, daß
wir fonft keine Concepciondarftel-
lung von Greco kennen, der ja
die meiften feiner Vorwürfe zu
wiederholen pflegte.
Nicht von Greco ftammt das
dem Meifter von feinem Befißer
zugewiefene „Früchte und Blumen-
ftilleben mit einem Hund“. Es
dürfte von einem in Sevilla tätigen
Flamen um 1630, wenn nicht noch
fpäter, gemalt fein. Sevillanifch
ift auch das gegen 1620 entftan-
dene Stilleben mit der Waffer-
melone. Mit Velazguez hat es
nichts zu tun. Auch das Porträt
Philipps IV., das man auf der Ausftellung fieht, rührt nicht von des Meifters Hand her.
Dem älteren Herrera hat fein Eigentümer das intereffante große Genrebild „Die
Wahrfagerin“ zuerkannt. Ich bezweifle aber ftark, daß diefes Werk überhaupt fpanifch
ift. Es wirkt viel leuchtender in der Farbe, als fpanifche Bilder es zu tun pflegen.
Namentlich das Gelb im Gewand der Frau links mutet wenig fpanifch an. Der Autor
dürfte wohl unter den füditalienifchen, fizilianifchen Meiftern zu fuchen fein.
Für ein Hauptwerk des jüngeren Herrera aber möchte ich den „kleinen Auftern-
effer“ in Anfpruch nehmen (Abb. 5). Diefes Gemälde, das um 1656 entftanden fein
dürfte, gehört zu jenen „bodegones“, die dem Künftler in Rom den Beinamen „lo
spagnuolo degli peschi“ eingetragen haben. Die Verwandtfchaft mit den berühmten
Genreftücken Murillos ift groß, jedoch ift diefes Bild ganz anders im Ton gehalten
und viel kühner gemalt.
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Äbb. 6. F. ZURBÄRÄN, Der heil. Ignatius von Loyola
(Marques de la Vega)
Aus der allerbeften Zeit des
Künftlers [tammt das „Engelfrag- *
ment“, wohl das Bruchftück einer
„Marienkrönung“, das als dekora-
tive Malerei von höchftem Reiz ift,
im übrigen aber bei vielen, an
Grecos „Verzeichnungen“ nicht ge-
wöhnten Kopffchütteln erregen
mag. Überaus intereffant ift dann
noch die „Concepcion“, die die
Galerie Heinemann felbft erft un-
längft erworben hat. Das Gemälde
ift fraglos identifch mit dem von
Grecos Sohn im Nachlaß feines
Vaters als unvollendet erwähnten
„Concepcion“. (Coffios Bezeich-
nung des Bildes als „Himmelfahrt
Mariä“ ift irrig.) Abgefehen von
dem künftlerifchen Wert ift das
Stück noch dadurch intereffant, daß
wir fonft keine Concepciondarftel-
lung von Greco kennen, der ja
die meiften feiner Vorwürfe zu
wiederholen pflegte.
Nicht von Greco ftammt das
dem Meifter von feinem Befißer
zugewiefene „Früchte und Blumen-
ftilleben mit einem Hund“. Es
dürfte von einem in Sevilla tätigen
Flamen um 1630, wenn nicht noch
fpäter, gemalt fein. Sevillanifch
ift auch das gegen 1620 entftan-
dene Stilleben mit der Waffer-
melone. Mit Velazguez hat es
nichts zu tun. Auch das Porträt
Philipps IV., das man auf der Ausftellung fieht, rührt nicht von des Meifters Hand her.
Dem älteren Herrera hat fein Eigentümer das intereffante große Genrebild „Die
Wahrfagerin“ zuerkannt. Ich bezweifle aber ftark, daß diefes Werk überhaupt fpanifch
ift. Es wirkt viel leuchtender in der Farbe, als fpanifche Bilder es zu tun pflegen.
Namentlich das Gelb im Gewand der Frau links mutet wenig fpanifch an. Der Autor
dürfte wohl unter den füditalienifchen, fizilianifchen Meiftern zu fuchen fein.
Für ein Hauptwerk des jüngeren Herrera aber möchte ich den „kleinen Auftern-
effer“ in Anfpruch nehmen (Abb. 5). Diefes Gemälde, das um 1656 entftanden fein
dürfte, gehört zu jenen „bodegones“, die dem Künftler in Rom den Beinamen „lo
spagnuolo degli peschi“ eingetragen haben. Die Verwandtfchaft mit den berühmten
Genreftücken Murillos ift groß, jedoch ift diefes Bild ganz anders im Ton gehalten
und viel kühner gemalt.
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