Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911
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https://doi.org/10.11588/diglit.24118#0114
DOI Heft:
3. Heft
DOI Artikel:Redslob, Edwin: Ausstellung moderner Kunst aus Bonner Privatbesitz
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AUSSTELLUNG MODERNER KUNST AUS BONNER PRIVATBESITZ
LUDWIG VON HOFMÄNN, Bef. Geheimrat Dr. Werth, Bonn
Mädchen am Waldbach
gedeckten Frühftückstifch im Dunkel des Bufchwerks und das fchimmernde, blau und
weiß geftreifte Kleid der jungen Frau.
Diefer, zumeift der Sammlung Clemen entftammenden, franzöfifchen Gruppe fchließt
[ich der Befiß der Sammlung der Frau Charlotte Schumm-Walther an. Direktor Schümm
hat als einer der wenigen Zeitgenoffen den Wert derer erkannt, die als Deutfche
an dem Auffchwung der franzöfifchen Malerei in den fechziger und fiebziger Jahren
teilnehmen wollten, und wurde fo ein früher Entdecker und Käufer von Thoma
und Scholderer. Von Otto Scholderer find zwei Skizzen und eines feiner be-
rühmten Stilleben zu fehen: ein anfpruchslofes Stück, das einen Reichtum klug ab-
geftimmter Farbenklänge enthält, indem das Grün der einen Birne zu dem Rot und
Gelb der anderen vor Dunkelgrau und Weiß erfcheint. Man verfteht vor diefem Werk
den Ausruf Manets, der Scholderers Stillebenbilder über alles bewunderte: „Mais vous
etes beaucoup trop modeste!“ Man verfteht auch die Säße Thomas in feiner Würdi-
gung des älteren Freundes: „Scholderer ift einer derjenigen Deutfchen, die im Umgang
mit den bedeutendften der franzöfifchen Künftler, wie Courbet, Fantin-Latour, Manet
und der anderen eine über der Nationalität ftehende Kunftanfchauung fich erworben
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LUDWIG VON HOFMÄNN, Bef. Geheimrat Dr. Werth, Bonn
Mädchen am Waldbach
gedeckten Frühftückstifch im Dunkel des Bufchwerks und das fchimmernde, blau und
weiß geftreifte Kleid der jungen Frau.
Diefer, zumeift der Sammlung Clemen entftammenden, franzöfifchen Gruppe fchließt
[ich der Befiß der Sammlung der Frau Charlotte Schumm-Walther an. Direktor Schümm
hat als einer der wenigen Zeitgenoffen den Wert derer erkannt, die als Deutfche
an dem Auffchwung der franzöfifchen Malerei in den fechziger und fiebziger Jahren
teilnehmen wollten, und wurde fo ein früher Entdecker und Käufer von Thoma
und Scholderer. Von Otto Scholderer find zwei Skizzen und eines feiner be-
rühmten Stilleben zu fehen: ein anfpruchslofes Stück, das einen Reichtum klug ab-
geftimmter Farbenklänge enthält, indem das Grün der einen Birne zu dem Rot und
Gelb der anderen vor Dunkelgrau und Weiß erfcheint. Man verfteht vor diefem Werk
den Ausruf Manets, der Scholderers Stillebenbilder über alles bewunderte: „Mais vous
etes beaucoup trop modeste!“ Man verfteht auch die Säße Thomas in feiner Würdi-
gung des älteren Freundes: „Scholderer ift einer derjenigen Deutfchen, die im Umgang
mit den bedeutendften der franzöfifchen Künftler, wie Courbet, Fantin-Latour, Manet
und der anderen eine über der Nationalität ftehende Kunftanfchauung fich erworben
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