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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911

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4. Heft
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Braun, Edmund Wilhelm: Die Sammlung von Porträtminiaturen des Herrn Dr. Ludwig von Flesch-Festau in Wien
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https://doi.org/10.11588/diglit.24118#0148

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PORTRÄTMINIATUREN-SAMMLUNG VON LUDWIG VON FLESCH-FESTAU

Bourgoing war bis zum Jahre 1870 bei der
kaiserlich franzöfifchen Botfchaft zu Wien und
blieb nach dem Zufammenbruch des dritten
Kaiferreiches in Öfterreich, wo er eine bedeut-
fame Rolle im öffentlichen und gefellfchaftlichen
Leben fpielte. Von feiner Heimat her war ihm
die intime Kunft des 18. Jahrhunderts lieb und
vertraut, von Natur und Empfinden aus war er
ein feinfühliger, feltener Kenner der Qualität
von Kunftwerken und als er die Miniaturen
Fügers fah, fammelte er mit leidenfchaftlicher
Liebe die kleinen Meifterwerke, die heute ein
großes Vermögen repräfentieren und damals faft
gar keinen Handelswert hatten. Neben ihm
hatte Dr. Albert Figdor mit feinem untrüglichen
Gefühl für alle echte Kunft vergangener Zeiten
fchon lange, bevor das Sammeln von Minia-
turen in Wien zur Mode wurde, begonnen,
folche zu erwerben, zunächft wohl von lokal-
kulturgefchichtlichen und antiquarifchen, bald aber auch von künftlerifchen Gefichts-
punkten aus.

Die Ausftellung von Miniaturen im Jahre 1905, die durch ein Komitee von Damen
der erften Wiener Gefellfchaft unter Mitwirkung von einigen Mufeumsbeamten ver-
anftaltet wurde, war ein bedeutfames Symptom des allgemeinen, neuerweckten Intereffes
für die kleinen Porträts. Sie war zugleich eine impofante Heerfchau über die außerordent-
liche Fülle an Porträtminiaturen in Öfterreich und heute gibt es in Wien eine ftattliche
Anzahl von großen und recht viele kleinere Sammlungen von Miniaturen. Die meiften
derfelben find im Anfchluß an alten Familienbefit} entftanden. Die neu erblühte Vorliebe
für Miniaturen hat die Befißer von folchen alten Erbftücken veranlaßt, diefem fieberen,
feften Stamm auf dem Wege des Kunfthandels Neuerwerbungen anzugliedern. Es
gibt wohl kaum eine alte, gute Wiener Familie,
welche nicht aus der Kongreßzeit und dem
zweiten fowie dem dritten Viertel des 19. Jahr-
hunderts folche alte Porträts ihrer Vorfahren
und Verwandten befäße. Das von Eduard
Leifching vor wenigen Jahren herausgegebene
Werk, das mit Meifterwerken der Reproduk-
tionstechnik, die Löwy in Wien angefertigt hat,
ausgeftattet ift, gibt ja einen Begriff von dem
überrafchenden Reichtum in diefer Beziehung.

Die Sammlung des Herrn Dr. Ludwig Ritter
von Flefch-Feftau, die im folgenden befprochen
werden foll, ift zwar keine der größten in
Wien, aber es finden fich in derfelben, die bei-
nahe 200 Stücke umfaßt, eine Reihe von bis-
her unpublizierten Miniaturen aus dem Beginn
des 18. bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts, die

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Abb. 3

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