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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911

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4. Heft
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Braun, Edmund Wilhelm: Die Sammlung von Porträtminiaturen des Herrn Dr. Ludwig von Flesch-Festau in Wien
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https://doi.org/10.11588/diglit.24118#0149

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PORTRÄTMINIATUREN-SAMMLUNG VON LUDWIG VON FLESCH-FESTAU

aus verfchiedenen Gründen beachtenswert find
und eine kurze Befchreibung fowie die Wieder-
gabe im Bilde rechtfertigen. Die deutfchen
Kunftzeitfchriften haben im Gegenfatj zu den
englifchen und franzöfifchen die Publikation
von Miniaturenfammlungen bisher total ver-
nachläffigt, und gerade auf diefem Gebiete
find Befchreibungen und Abbildungen von
abfolut echten und ficher konftatierbaren
Miniaturen umfo wertvoller als die große
Anzahl der Sammler in Deutfchland und
Öfterreich durch die außerordentliche Pro-
duktion von entweder ganz falfchen oder
ftark überarbeiteten Miniaturen, die in den
leßten Jahren einfeßte und den Kunftmarkt
überfchwemmte, in eine bedenkliche Un-
ficherheit geraten ift und ficherlich für die
Mitteilung von Studienmaterial, fozufagen
von Stimmgabeln, fehr dankbar fein dürfte.

Die Sammlung Flefch enthält naturge-
mäß in erfter Linie Miniaturen von Wiener /\bb 5

Provenienz. Und gerade auf diefem Ge-
biete ift fie wichtig, weil einige unter den Bildchen aus Zeiten oder von Meiftern
herrühren, die bisher der Wiffenfchaft fremd geblieben find.

Verbürgt durch die gleichzeitige Infchrift auf der Rückfeite ift das auf einer ovalen
Elfenbeinplatte angelegte Porträt des „Georg Jofeph von Schellerer, des h. und R. Reichs

Ritter, Herr zu Hadersdorf, Weidlingau, Spindelhof
1731“ (Abb. 1, 4,5X3,6 cm)1, alfo eines adeligen
Herrn aus der nächften Umgebung Wiens. Es
ift ein dekoratives Bruftbild, der Kopf en face
gefehen, mit Allongeperrücke, braunem Rock mit
goldenen Treffen und einem breiten, prächtigen,
über die linke Schulter gelegten, blauen Mantel.
Die Traditionen der pompöfen Porträtkunft des
franzöfifchen Hofes unter Ludwig XIV. find, wie
man fieht, noch vollkommen in diefer Wiener
Miniatur lebendig.

Wer fie gemalt hat, ift vorläufig unbeftimmt,
die Wiener Porträtminiaturen aus der erften
Hälfte des 18. Jahrhunderts find noch abfolut
unerforfcht; E. Leifchings Werk über die öfter-
reichifchen Miniaturen beginnt erft mit dem
letzten Viertel des 18. Jahrhunderts. Wir kennen
zwar zahlreiche Namen zünftiger Miniaturen-

flbb. 6

1 Sämtliche Maßangaben geben die lichten Maße
wieder, und wo nicht anders angegeben, find die
Miniaturen auf Elfenbein gemalt.

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