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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911

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4. Heft
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Braun, Edmund Wilhelm: Die Sammlung von Porträtminiaturen des Herrn Dr. Ludwig von Flesch-Festau in Wien
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https://doi.org/10.11588/diglit.24118#0152

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P0RTRÄTM1NI ATU REN-SAMMLUNG VON LUDWIG VON FLESCH-FESTAU

hat. Eine Gräfin Sandor aus Preßburg [teilt an-
geblich die runde Elfenbeinminiatur (Abb. 4, Durch-
meffer 8 cm) dar, im weißen Kleid mit rotem Schal,
leicht übereinander gelegten Armen und einem
Schleier durch die braunen Locken gezogen, der
wie bei den Bildniffen der Königin Luife von
Preußen unter dem Kinn herumführt; rechts ein
Vorhang und links auf der Baluftrade ein antiki-
fierender Blumentopf mit Schlangenhenkel. Das
Bild verrät den Zufammenhang mit Fügers Kunft
fofort und hat wohl einen feiner beften Schüler
zum Autor.

Füger im Temperament und der Technik nach-
ftehend, aber weichlicher und nicht fo kräftig,
Abb. 13 was Füger bei allem Sentiment doch war, war

Friedrich Ludwig von Vieth, ein früherer fächfifcher
Offizier aus Dresden, der nach Wien überfiedelte und auch hier ftarb, Graf Morit}
Fries (1777—1826), den die Elfenbeinminiatur Vieths (Abb. 5, 10,7X8,4 cm) dar-
ftellt, war eine der markanteften Erfcheinungen der Kongreßzeit, wie feine Gattin,
die Gräfin Therefe (1779 —1819), eine geborene Prinzeffin Hohenlohe (Abb. 6,
10,7X8,4 cm). Der Graf im hohen, fchwarzen Rock, mit weißer Binde und dem
Leopoldorden ift, wie ein Vergleich mit anderen Bildniffen, befonders einer Miniatur
von Graffi aus den jüngeren Jahren des Dargeftellten beweift, in feiner Individualität
fehr glücklich erfaßt und wiedergegeben, ebenfo wie die Gräfin mit dem im (erften
Jahrzehnt des neuen Jahrhunderts fo fehr beliebten) Turban, von der es übrigens eine
1803 datierte Miniatur von Hummel gibt, der fie mit zweien ihrer Kinder in einer
Landfchaft malteU

Vieths Signatur trägt auch das poetifche Doppelbildchen mit zwei Brüdern, den
jungen Freiherren von Pereira-Arnftein (Abb. 7, 11,5X8,7 cm), die der Künftler im
Stile der Van Dyckfchen vornehmen Jünglinge ge-
malt hat, ein Brauch, der in jener Zeit fehr häufig
zu beobachten ift. Neben den Koftümen der Ru-
bens- und Van Dyck-Zeit wählte man für die
Frauen auch gerne phantaftifche Trachten, wie die
der Sibyllen des Dominichino ufw.

Die Zeit der Entftehung diefer Miniatur ift
wohl diefelbe wie die der beiden Friefifchen Por-
träts, nämlich um 1810—1815.

Unter der reichen Fülle von Miniaturen aus
der Blütenperiode der Wiener Biedermaierzeit im
Befitje des Dr. von Flefch — es find da von be-
zeichneten Miniaturen zwei Agricola, drei Anreiter,
ein Daffinger, zwei Johann Ender, drei Leopold
Fifcher, zwei Kriehuber, acht Emmanuel Peter,
vier Karl von Saar, zwei Bernhardt von Schrotter, 1

1 Vgl. Abb. bei E. Leifching a. a. O., S. 131.

Abb. 14

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